TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/28 94/05/0012

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Veröffentlicht am 28.06.1994
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Index

L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs4;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der S-Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. Jänner 1993, Zl. R/1-V-92198, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. August 1992 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines "Blockhauszubaues" auf dem Grundstück Nr. 211/4 des Grundbuches über die Kat. Gem. S unter Berufung auf § 98 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß das Vorhaben mit der bestehenden Flächenwidmung "Grünland - Materialgewinnungsstätte - Schottergrube" mit der ausgewiesenen Folgenutzung "Grünland - Landwirtschaft" nicht vereinbar sei.

Die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. September 1992 abgewiesen.

Der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 21. Jänner 1993 gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 keine Folge gegeben.

Die Aufsichtsbehörde ging in der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß sich im Hinblick auf die ausgewiesene Nutzungsart "Landwirtschaft" eine Auseinandersetzung mit der Frage erübrige, ob die den Gegenstand des Bauansuchens bildende Hütte für die Nutzung des bestehenden Teiches zur wasserrechtlich bewilligten extensiven Sportfischerei erforderlich sei, da diese keinen Zweig der Landwirtschaft darstelle und im übrigen diese Nutzung von der Beschwerdeführerin auch gar nicht behauptet worden sei. Damit könne die Frage der Erforderlichkeit der Blockhütte als Fischerhütte dahingestellt bleiben. Es stelle sich daher nur mehr die Frage nach der Erforderlichkeit des Objektes für die landwirtschaftliche Nutzung. In diesem Zusammenhang sei jedoch festzustellen, daß von der Beschwerdeführerin eine derartige Nutzung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gar nicht behauptet worden sei. Sowohl in dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 7. November 1991 als auch gegenüber dem landwirtschaftlichen Sachverständigen des Amtes der NÖ Landesregierung sei lediglich die Absicht geäußert worden, die Uferböschungen des Fischteiches verstärkt zu pflegen bzw. parkähnlich auszugestalten. Von einem zumindest landwirtschaftlichen Nebenerwerb im Sinne einer planvollen, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten, nachhaltigen Tätigkeit könne jedoch bei der beabsichtigten Nutzung in keiner Weise gesprochen werden. Im vorliegenden Fall sei eine landwirtschaftliche Erwerbsabsicht nicht einmal ansatzweise behauptet worden. Im übrigen sei in Betracht zu ziehen, daß auf dem Gelände der Beschwerdeführerin ohnedies bereits eine Blockhütte stehe, welche angeblich als Lagerraum für Gartengeräte verwendet werde.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 1993, Zl. B 378/93-7, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat.

Dem einleitenden Vorbringen der Beschwerdeführerin, der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. August 1992 entspreche diesen Formerfordernissen insofern nicht, als im "Anschluß an die Rechtsmittelbelehrung unter der Funktionsbezeichnung "Der Bürgermeister" neben dem Amtssiegel lediglich eine Unterschrift vorhanden ..., der Name des Organes aber nicht leserlich beigefügt ist", muß entgegengehalten werden, daß die Fertigungsklausel der der Beschwerde angeschlossenen Ablichtung des der Beschwerdeführerin zugestellten Originales dieses Bescheides unterhalb der Funktionsbezeichnung "Der Bürgermeister" und neben dem Amtssiegel der mitbeteiligten Gemeinde einen einwandfrei als "H" lesbaren, handschriftlichen Namenszug erkennen läßt. Die diesbezüglichen Voraussetzungen der wiedergegebenen verfahrensrechtlichen Bestimmung sind daher erfüllt, weshalb diesem Verwaltungsakt unter diesem Gesichtspunkt die Bescheidqualität nicht abgesprochen und sohin - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - nicht von einem "absolut nichtigen Verwaltungsakt" die Rede sein kann.

Als Verfahrensmangel macht die Beschwerdeführerin geltend, daß die Baubehörde erster Instanz über den Fristverlängerungsantrag der Beschwerdeführerin vom 31. Juli 1992 nicht entschieden, sondern mit Bescheid vom 11. August 1992 das Bauansuchen abgewiesen habe, wodurch der Beschwerdeführerin "die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme verweigert ... und somit das Parteiengehör verletzt wurde".

Zu diesem Vorbringen ist zu bemerken, daß die Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 31. Juli 1992 den Antrag gestellt hat, "die Frist zur Stellungnahme zu den beiden eingeholten Gutachten um weitere 3 Wochen ... zu verlängern", da sie "ein Privatgutachten in Auftrag gegeben" habe und "dieses bis 6. 8. 1992 wegen verschiedener Urlaube noch nicht vorgelegt werden kann". Zu diesem Fristerstreckungsantrag wurde in dem am 18. August 1992 an die Beschwerdeführerin zugestellten Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. August 1992 bemerkt, daß gemäß § 52 Abs. 1 AVG die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen zur Aufnahme von Beweisen beizuziehen seien, was "in beiden Fällen von der Baubehörde eingehalten" worden sei, weshalb die Einholung eines Privatgutachtens durch einen nicht amtlichen Sachverständigen "hinfällig" und die "beantragte Verlängerung der gewährten Frist zur Stellungnahme (Parteiengehör) nicht notwendig" sei. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Vorgehen der Baubehörde keinen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentlichen Verfahrensmangel erblicken, weil die Beschwerdeführerin Gelegenheit gehabt hat, in ihrer Berufung gegen den erwähnten erstinstanzlichen Bescheid ihre Einwände gegen die beiden Gutachten vorzutragen und das angekündigte private Gegengutachten während des Berufungsverfahrens vorzulegen. Die Beschwerdeführerin hat auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Kritik an dem Gutachten in ihrem Rechtsmittel vorzubringen, womit der aufgezeigte Verfahrensmangel saniert worden ist. Daß sie das angekündigte Privatgutachten während des Berufungsverfahrens nicht vorgelegt hat, kann der Berufungsbehörde und damit auch der belangten Behörde aber nicht zum Vorwurf gemacht werden. Der geschilderten Verfahrensrüge kommt daher keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Bedeutung zu.

In meritorischer Hinsicht macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe mehrfach darauf hingewiesen, daß die Bewirtschaftung des gegenständlichen Fischteiches in der Größe von ca. 4 ha selbstverständlich entsprechende Räumlichkeiten in Form einer Fischerhütte verlange, in der einerseits Futtermittel für die Fischzucht bereitgehalten, andererseits Anglergeräte samt Zubehör sowie ein Boot für den Besatz des Fischteiches und auch für das Abfischen eingestellt werden können. Es könne keine Frage sein, daß auch die extensive Sportfischerei in einem derart großen Teich sich als Zweig der Landwirtschaft darstelle. Selbstverständlich werde von der Beschwerdeführerin beabsichtigt, dieses Unternehmen auch gewinnbringend zu führen. In Übereinstimmung mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stelle auch dieser Erwerbszweig ein landwirtschaftliches Nebenunternehmen dar.

Diesen Beschwerdeausführungen muß entgegengehalten werden, daß sich jene Grundfläche, auf welcher der den Gegenstand des Bauansuchens der Beschwerdeführerin bildende "Zubau zum bestehenden Blockhaus" errichtet werden soll, wie schon ausgeführt worden ist, in einem Gebiet mit der Flächenwidmung "Grünland - Materialgewinnungsstätte - Schottergrube" mit einer ausgewiesenen Folgenutzung "Grünland - Landwirtschaft" befindet, wobei die Schottergewinnung im Bereich dieses Grundstückes der Beschwerdeführerin bereits aufgelassen worden ist und sämtliche Rekultivierungsmaßnahmen gesetzt worden sind.

Gemäß § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 dürfen im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten nur vorgesehen werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 (im vorliegenden Fall also "Grünland - Landwirtschaft") erforderlich sind.

Die Beschwerdeführerin hat in Beantwortung einer diesbezüglichen Anfrage der Baubehörde erster Instanz mit Schreiben vom 7. November 1991 mitgeteilt, daß die "derzeitige Nutzung des bestehenden Objektes als Lager und Arbeitsraum für die Grünlandpflege des bestehenden Gartengeländes dient", und "die beabsichtigte Nutzung des Zubaues ebenso als Lager und Arbeitsraum dient, da die Pflege des bestehenden Grünlandes umfangreichere Geräte erfordert". Die Beschwerdeführerin ist von dieser Erklärung in der Folge weder während des erstinstanzlichen Baubewilligungsverfahrens noch im Zuge des Berufungsverfahrens abgegangen, hat also vor allem nicht behauptet, den in Rede stehenden Zubau für die "Bewirtschaftung des gegenständlichen Fischteiches" oder für die "extensive Sportfischerei" zu benötigen, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob die "extensive Sportfischerei" überhaupt der landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne des § 19 Abs. 2 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 zuzurechnen ist, und der Zubau für die angeführten Zwecke im Sinne des § 19 Abs. 4 leg. cit. "erforderlich" ist. Ungeachtet dessen soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß im Befund des fischereifachlichen Gutachtens vom 6. Juli 1992 - unwidersprochen - festgehalten worden ist, "der Baggersee" dürfe auf Grund des wasserrechtlichen Bescheides vom 20. März 1981 "nicht als Fischzuchtteich genutzt werden".

Es bleibt daher lediglich zu prüfen, ob der geplante Zubau "als Lager und Arbeitsraum für die Grünlandpflege des bestehenden Gartengeländes" mit der Grünlandwidmung vereinbar und dafür "erforderlich" ist. Zu dieser Frage hat die belangte Behörde entsprechend dem vorstehend bereits wiedergegebenen Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin eine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne der ständigen hg. Judikatur, also einer planvollen, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten nachhaltigen Tätigkeit nicht einmal behauptet hat (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1978, Slg. Nr. 9513/A), wozu noch kommt, daß es sich bei dem Vorhaben um einen Zubau zu einem bereits vorhandenen, baubehördlich bewilligten Holzhaus handelt, welches nach dem Befund des agrartechnischen Sachverständigen vom 9. März 1992 ein Ausmaß von 5,75 m x 3,75 m aufweist und nach der vorstehend wiedergegebenen Erklärung der Beschwerdeführerin ohnedies "als Lager und Arbeitsraum für die Grünlandpflege des bestehenden Gartens dient". Es ist nicht zu erkennen, inwiefern das vorhandene Gebäude für diesen Zweck nicht ausreichen sollte, weshalb ungeachtet des Umstandes, daß gar keine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der vorstehenden Ausführungen geplant ist, auch nicht davon die Rede sein könnte, daß der Zubau im Sinne der wiedergegebenen Regelung des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 "erforderlich" ist.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß das geplante Bauvorhaben mit der bestehenden Grünlandwidmung nicht vereinbar ist und hat der Vorstellung der Beschwerdeführerin daher zu Recht keine Folge gegeben. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren Parteiengehör Sachverständigengutachten Unterschrift des Genehmigenden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050012.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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