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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ASVG §412 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des E in Z, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. März 1994, Zl. SV(SanR)-286/1-1994-Ho/Ma, betreffend Zurückweisung eines Einspruches in einer Beitragsangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 16. Juli 1993, mit dem der Beschwerdeführer als Dienstgeber zur Bezahlung von allgemeinen Beiträgen und Sonderbeiträgen und zur Entrichtung eines Beitragszuschlages verpflichtet wurde, gemäß § 412 Abs. 1 ASVG als verspätet zurück. Nach der Bescheidbegründung sei der bekämpfte Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse dem Beschwerdeführer am 15. Juli 1993 zugestellt worden und habe daher die Einspruchsfrist mit Ablauf des 18. August 1993 geendet. Der mit 10. August 1993 datierte Einspruch gegen den bekämpften Bescheid habe wie folgt gelautet: "Der Bescheid wird vollinhaltlich angefochten. Bezüglich der Begründung ersuche ich um Fristerstreckung bis 31.10.1993." Innerhalb der Einspruchsfrist sei keine Begründung des Einspruches nachgereicht worden. Sie sei erst mit Eingabe vom 23. November 1993 erfolgt. Der Mangel eines begründeten Einspruchsantrages könne, da in § 412 Abs. 1 ASVG ein solcher Antrag als ein wesentlicher Bestandteil jeder Berufung vorgeschrieben sei, nicht als ein Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG angesehen werden, das auf dem dort vorgesehenen Weg nachträglich behoben werden könne. Anbringen, die diesen Mangel aufwiesen, fehle der Charakter eines dem Gesetz entsprechenden Einspruches. Ein unvollständiger Einspruch könne rechtswirksam nur innerhalb der Berufungsfrist ergänzt werden. Werde ein wesentlicher Bestandteil des Einspruches - hier die Begründung - nach Ablauf der Einspruchsfrist nachgetragen, so sei der Einspruch verspätet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Darin stellt der Beschwerdeführer weder das festgestellte Datum der Zustellung des Bescheides der mitbeteiligten Partei noch den festgestellten Inhalt seines Einspruches vom 10. August 1993 noch schließlich in Abrede, daß er die im Einspruch angekündigte Begründung erst am 23. November 1993 erstattet habe. Dennoch meint er aus nachstehenden Gründen, daß die belangte Behörde zu Unrecht von einem nicht begründeten Einspruch im Sinne des § 412 Abs. 1 ASVG ausgegangen sei: Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe mit Einzelbescheiden vom 15. Juli 1993 festgestellt, daß zwölf freie Mitarbeiter des Beschwerdeführers aus näher angeführten Gründen in bestimmten Zeiträumen der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen seien. Gegen diese Bescheide habe der Beschwerdeführer rechtzeitig Einsprüche erhoben und darin ausgeführt, aus welchen Gründen seiner Auffassung nach die festgestellte Versicherungspflicht des jeweiligen Mitarbeiters nicht gegeben gewesen sei. Gestützt auf die sich aus den genannten Bescheiden ergebende Versicherungspflicht habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 16. Juli 1993 zur Bezahlung von allgemeinen Beiträgen und Sonderbeiträgen und zur Entrichtung eines Beitragszuschlages verpflichtet. Dieser Bescheid sei im einzelnen nicht begründet, sondern es sei lediglich auf die einzelnen Bestimmungen des ASVG verwiesen und als Beilage ein Computerauszug über die Beitragsrechnung beigeschlossen worden. Diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer mit dem obgenannten Einspruch vom 10. August 1993 bekämpft. Darin habe er deshalb um Fristerstreckung ersucht, weil es ihm aufgrund des Betriebsurlaubes nicht möglich gewesen sei, die umfangreiche Begründung zu verfassen. Die mitbeteiligte Partei habe die Einsprüche mit Schreiben vom 8. Oktober 1993 der belangten Behörde vorgelegt. Dem Beschwerdeführer sei zur Stellungnahme eine (verlängerte) Frist bis 23. November 1993 erteilt worden. An diesem Tag habe der Beschwerdeführer auch Stellung genommen. Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Zurückweisung seines Einspruches sei rechtsirrig. Da die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aufgrund der verschiedenen Rechtsmittelmöglichkeiten getrennte Bescheide erlassen habe, könne sich die belangte Behörde im Verfahren betreffend die Beitragsvorschreibung nicht auf den formalen Standpunkt stellen, daß der Einspruch nicht begründet sei, wenn doch die Beitragsfestsetzung von der Beitragspflicht (gemeint: der Versicherungspflicht), die jeweils in einem gesonderten Bescheid festgestellt worden sei, direkt abhängig sei. Auch sei die Begründung des Bescheides der mitbeteiligten Partei sehr dürftig, weil zum Teil nur der Gesetzestext, auf den sich der Spruch des Bescheides beziehe, wiederholt werde. Im übrigen verweise die mitbeteiligte Partei nur auf das beigeschlossene EDV-Berechnungsblatt. Es würden aber in der Bescheidbegründung keine Ausführungen gemacht, weshalb höhere Beitragsgrundlagen der Berechnung zugrundegelegt würden und weshalb eine frühere Beitragspflicht angenommen werde. Der Beschwerdeführer hätte daher in seinem Einspruch als Begründung auch nicht mehr ausführen können. Aus allen diesen Gründen könnte der Bescheid der mitbeteiligten Partei vom 16. Juli 1993 und die die Versicherungspflicht betreffenden Einzelbescheide vom 15. Juli 1993 nicht getrennt betrachtet werden. Deshalb sei es auch unmöglich, die Einsprüche getrennt zu betrachten. In den Einsprüchen bezüglich die Feststellung der Versicherungspflicht habe der Beschwerdeführer aber jeweils Begründungen angeführt, sodaß die Einsprüche gegen die Bescheide vom 15.
und 16. Juli 1993 im selben Zusammenhang zu sehen seien wie die
bekämpften Bescheide selbst.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 412 Abs. 1 ASVG können Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen binnen einem Monat nach der Zustellung durch Einspruch an den zuständigen Landeshauptmann angefochten werden. Der Einspruch hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den er sich richtet, und einen begründeten Entscheidungsantrag zu enthalten.
Der Einspruch des Beschwerdeführers vom 10. August 1993, der unbestritten den im angefochtenen Bescheid festgestellten Wortlaut hat, enthält - diesem Wortlaut nach - keinen "begründeten Entscheidungsantrag" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 412 Abs. 1 ASVG (vgl. dazu zuletzt das ausführlich begründete Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl. 92/08/0220). Der Umstand, daß die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen für versicherte Dienstnehmer dem Grunde nach vom Bestehen ihrer Versicherungspflicht abhängt, ja die Versicherungspflicht sogar eine Vorfrage (§ 38 AVG), für die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen darstellt (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 29. September 1992, Zl. 92/08/0154, und vom 21. September 1993, Zl. 92/08/0112), ändert an der Verpflichtung zur Begründung eines gegen den Beitragsbescheid gerichteten Einspruches auch dann nichts, wenn der Einspruchswerber bereits vorher den Bescheid über die Versicherungspflicht bekämpft hat, weil sich nach der obzitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus einer in offener Einspruchsfrist im jeweiligen Verfahren erstatteten Eingabe selbst entnehmen lassen muß, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides nach Auffassung des Einspruchswerbers gelegen sein soll (vgl. die Erkenntnisse vom 15. Jänner 1982, Zl. 100/80, und vom 16. Juni 1983, Zl. 408/80, nach denen selbst bei trennbaren Absprüchen über Versicherungspflicht und Beitragspflicht in einem Bescheid ein den Gesamtbescheid betreffender Einspruchsantrag hinsichtlich jedes trennbaren Teiles eine Begründung enthalten muß, um der Bestimmung des § 412 Abs. 1 ASVG zu entsprechen). Mit der zuletzt genannten Bestimmung läßt sich aber auch nicht die Auffassung des Beschwerdeführers vereinbaren, er habe mit seinem Einspruch deshalb den Anforderungen der genannten Gesetzesstelle entsprochen, weil seiner Ansicht nach die mitbeteiligte Partei ihren Bescheid nur ungenügend begründet habe (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis vom 10. September 1982, Zl. 81/08/0057).
Da aber ein begründeter Entscheidungsantrag einen wesentlichen Bestandteil des Einspruches bildet, ohne den ein dem Gesetz entsprechender Einspruch nicht voliegt, ist, wenn der begründete Antrag erst nach Ablauf der Einspruchsfrist nachgetragen wird, der Einspruch verspätet (vgl. dazu die in Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, in § 63 E63 zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes).
Da somit der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde - wegen Klarstellung der Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat - nach § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird darauf verwiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung beantragt wurde, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.
Schlagworte
Begründung Allgemein Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994080116.X00Im RIS seit
25.01.2001