TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/28 94/05/0001

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Veröffentlicht am 28.06.1994
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Index

83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §1 Abs3;
AWG 1990 §2 Abs1 Z2;
AWG 1990 §2 Abs2 Z1;
AWG 1990 §2 Abs3;
AWG 1990 §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der A-KG in X (BRD), vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4. November 1993, Zl. U-12.655/3, betreffend Feststellung gemäß § 4 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4. November 1993 wurde unter Berufung auf § 4 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, festgestellt, "daß es sich bei dem mit dem Lkw-Zug ... mit dem polizeilichen Kennzeichen ... am 7. 9. 1993 beförderten Frachtgut (Versender: Firma A-KG, X, Bundesrepublik Deutschland), und zwar Altglas der Sorte Buntglas in einem Umfang von 25 Tonnen, um Abfall (Altstoff) im Sinne des § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 leg. cit. handelt".

Nach einer Wiedergabe der im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes vertrat die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides die Auffassung, der subjektive Abfallbegriff stelle im wesentlichen auf die subjektiven Absichten des Inhabers eines Stoffes ab. Prinzipiell könne sich jedermann einer Sache entledigen, wenn er sie in seiner Gewahrsame habe. Entledigungsabsicht (im Sinne von "Wegwerfen", "Nicht mehr haben wollen") könne auch dann angenommen werden, wenn eine Sache auf Grund ihrer Beschaffenheit (z.B. Funktionsuntüchtigkeit) nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden könne und man sich ihrer daher üblicherweise entledige. Auch bei der Sammlung von Altglas in Sammelcontainern sei die Entledigungsabsicht der ursprünglichen Nutzer im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes aus der Sicht dieses Gesetzes zu bejahen. Diese Entledigungsabsicht und damit die Abfalleigenschaft von Altglas werde im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmung bereits vor der konkret erfolgenden Abgabe eingetreten sein, aber im Hinblick auf die Regelung des § 2 Abs. 2 leg. cit. solange nicht zum Tragen kommen, als das Altglas im Haushalt oder im Betrieb auf zulässige Weise verwendet oder verwertet werde. Werde Altglas aber außerhalb dieser in sich geschlossenen Einheiten (§ 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit.) zum Zwecke einer Verwendung oder Verwertung, z.B. an einer Sammelstelle, abgegeben oder sogar verkauft, falle das Altglas als Abfall im subjektiven Sinn in Form des Abfalles unter das Abfallwirtschaftsgesetz. Dem stehe auch § 2 Abs. 1 letzter Satz leg. cit., der zwar nur auf die Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse abstelle, nicht entgegen. Ausgehend von den Zielen des Abfallwirtschaftsgesetzes (§ 1) in Verbindung mit der Begriffsbestimmung des § 2 leg. cit. bestehe für die Behörde kein Zweifel darüber, daß der Abfallbegriff des Abfallwirtschaftsgesetzes auch Sachen erfasse, die zur wirtschaftlichen Wiederverwertung geeignet seien und bei deren Entledigung auch die Erzielung eines Entgeltes nicht ausgeschlossen sei. Auf Grund der eben genannten Ausführungen erfülle Altglas außerhalb des im § 2 Abs. 2 leg. cit. abgesteckten Rahmens in der Regel jedenfalls das subjektive Abfallkriterium. Einer Wertung als Abfall stehe auch nicht entgegen, daß derartiges Altglas in geordneter und organisierter Weise gesammelt und der Wiederverwertung zugeführt werde, handle es sich hiebei doch um eines der ausdrücklich formulierten Ziele des Abfallwirtschaftsgesetzes. Bereits daraus folge, daß die geschlossene Beseitigungskette keinesfalls gegen die Abfalleigenschaft von Altglas eingewendet werden könne. Ausgehend von den Zielen und Grundsätzen des Abfallwirtschaftsgesetzes sei es zudem für eine Wertung einer Sache als Abfall bedeutungslos, ob diese im Inland oder im Ausland als Abfall angefallen sei. Dies deshalb, da ansonsten die Regelungen des VIII. Abschnittes des Abfallwirtschaftsgesetzes über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr nicht erforderlich gewesen wären. Im vorliegenden Fall seien nach Ansicht der Berufungsbehörde die Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes hinsichtlich des subjektiven Abfallbegriffes bezüglich der gegenständlichen 25 Tonnen Altglas jedenfalls erfüllt. Im Zeitpunkt der beabsichtigten Einfuhr desselben sei dieses weiters weder einer zulässigen Verwendung noch einer Verwertung im Sinne des § 2 Abs. 3 leg. cit. zugeführt gewesen. Einer solchen Verwertung solle das Altglas vielmehr erst im Empfängerbetrieb (in Italien) unterzogen werden. Die in Rede stehenden 25 Tonnen Altglas seien somit Abfall im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Nach dem ausdrücklich formulierten Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, daß "das Recht auf Durchfuhr eines Wirtschaftsgutes durch Österreich nicht gewährt" worden ist.

In diesem Beschwerdepunkt kann die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt sein, weil dieser entsprechend der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung lediglich die spruchmäßige Feststellung zum Gegenstand hat, daß es sich bei dem in Rede stehenden Altglas "um Abfall (Altstoff)" im Sinne des § 2 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes handelt. Der angefochtene Bescheid spricht daher - schon mangels diesbezüglicher Zuständigkeit der belangten Behörde - nicht etwa darüber ab, ob die Voraussetzungen für eine bewilligungsfreie Durchfuhr von Abfällen im Sinne des § 36 Abs. 1 leg. cit. vorliegen.

Im übrigen hat die belangte Behörde mit Recht die Abfalleigenschaft des erwähnten Altglases festgestellt, weil davon auszugehen ist, daß es sich bei den über Auftrag der Beschwerdeführerin beförderten beweglichen Sachen im Sinne des § 2 Abs. 1 leg. cit. um solche handelt, deren sich der Eigentümer (durch das "Wegwerfen" in einen Altglascontainer) entledigt hat, und auch die Voraussetzungen des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle vorliegen. Ist nämlich eine "Sache Abfall und wird sie sodann einer Verwertung zugeführt (Altstoff)" - der Transport des Altglases nach Italien erfolgt unbestrittenermaßen zum Zwecke der dort vorgesehenen Verarbeitung desselben -, so "gilt sie" nach dieser Vorschrift "solange als Abfall, bis sie oder die aus ihr gewonnenen Stoffe einer zulässigen Verwendung oder Verwertung zugeführt werden". An diesem Beurteilungsergebnis könnte auch der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand nichts ändern, daß es sich "bei dem auf dem Lkw verladenen Altglas eindeutig nach deutscher und italienischer Rechtsprechung um ein Wirtschaftsgut handelt, das zur Weiterverarbeitung geliefert werden darf", weil für die nach § 4 Abs. 1 leg. cit. erfolgende Feststellung, "ob eine Sache Abfall im Sinne dieses Bundesgesetzes ist", eben allein auf dieses Bundesgesetz abzustellen ist und daher nicht entscheidend sein kann, ob eine Sache nach ausländischen Rechtsvorschriften allenfalls nicht als Abfall zu qualifizieren wäre. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, das Altglas sei (offensichtlich im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 1 leg. cit.) als "neue Sache" zu bezeichnen, bedarf im Beschwerdefall keiner Erörterung, weil schon auf Grund der Tatbestandsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. die Abfalleigenschaft des Altglases feststeht und daher nicht mehr geprüft werden muß, ob die Voraussetzungen der Z. 2 dieser Gesetzesstelle vorliegen, wonach bewegliche Sachen, deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten ist, Abfälle sind. Nur im Zusammenhang mit einer derartigen Prüfung kommt aber zufolge § 2 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. dem Umstand Bedeutung zu, ob "eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist". Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob aus den Gründen des § 1 Abs. 3 leg. cit. die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung des Altglases als Abfall erforderlich ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050001.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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