TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/28 94/05/0146

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Veröffentlicht am 28.06.1994
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Index

L10014 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt
Oberösterreich;
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1;
AVG §8;
BauRallg;
GdO OÖ 1990 §101;
GdO OÖ 1990 §102;
GdO OÖ 1990 §106;
ROG OÖ 1972 §21 Abs5;
ROG OÖ 1972 §21;
ROG OÖ 1972 §23;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des EF und der AF in X, des KF und der CF in X, des HK in I, des MK in X, des DS und der IS in X, alle vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der OÖ LReg vom 19. April 1994, Zl. BauR-P-013050/4-1994 Stö/Die, betreffend Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und ergänzende Verordnungsprüfung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 10. September 1990 hat der Bürgermeister der Marktgemeinde Altheim die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage im Bereich "Bettmesserstraße", Altheim, erteilt. Die Beschwerdeführer haben in ihrer Eigenschaft als Nachbarn gegen diesen Bescheid eine Berufung eingebracht. Mit Bescheid vom 26. Februar 1991 hat der Gemeinderat die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen. Der dagegen erhobenen Vorstellung hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 29. August 1991 mit der Feststellung Folge gegeben, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt worden seien. Mit einem weiteren Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Altheim wurde der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 10. September 1990 neuerlich keine Folge gegeben, aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 20. Jänner 1991 den Bescheid des Gemeinderates aufgehoben. Im dritten Rechtsgang hat der Gemeinderat der Marktgemeinde Altheim neuerlich der Berufung der Beschwerdeführer gegen die Baubewilligung keine Folge gegeben. Gegen diese Entscheidung haben die Beschwerdeführer neuerlich Vorstellung erhoben, über die bisher keine Entscheidung getroffen wurde.

Mit Schriftsatz vom 25. Februar 1994 (nach Darstellung im angefochtenen Bescheid mit 25. Februar 1993 bezeichnet) haben die Beschwerdeführer bei der belangten Behörde eine Stellungnahme eingebracht. Gleichzeitig wurde der Antrag auf ergänzende Verordnungsprüfung betreffend den Bebauungsplan Nr. 42 "Bettmesserstraße" der Marktgemeinde Altheim gestellt und ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung von Einwendungen gegen den Bebauungsplan eingebracht.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurden die Anträge der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Marktgemeinde Altheim habe mit Schreiben vom 8. März 1993 den in der Gemeinderatssitzung vom 11. Februar 1993 beschlossenen Bebauungsplan Nr. 42 gemäß § 21 Abs. 5 O.ö. ROG 1992 dem Amt der O.ö Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegt. Die Landesregierung habe der Marktgemeinde Altheim mitgeteilt, daß der Bebauungsplan Nr. 42 "Bettmesserstraße" gemäß § 21 Abs. 5 O.ö. ROG 1972 nicht genehmigungspflichtig sei, weil überörtliche Interessen im besonderen Maße nicht berührt würden. Mit einem weiteren Schreiben vom 14. Mai 1993 wurde der Marktgemeinde Altheim mitgeteilt, daß die gemäß § 101 der O.ö. Gemeindeordnung 1990 durchgeführte Verordnungsprüfung keine Gesetzwidrigkeit ergeben habe.

Mit ihrem Antrag an die belangte Behörde hätten die Beschwerdeführer zunächst das Vorliegen von in § 21 O.ö. ROG 1972 begründeten Verfahrensmängeln und die inhaltliche Rechtswidrigkeit des von ihnen bekämpften Bebauungsplanes behauptet und einen Antrag auf ergänzende Verordnungsprüfung, den gegenständlichen Bebauungsplan von Amts wegen aufzuheben, gestellt. Gleichzeitig hätten sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebungen von Einwendungen gegen den Bebauungsplan eingebracht.

Mit Ausnahme der Fälle nach § 102 und 106 der

O.ö. Gemeindeordnung stehe auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes kein Rechtsanspruch zu; da den Einschreitern jedenfalls im Verfahren gemäß § 101 O.ö. Gemeindeordnung keine Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zukomme und in diesem Verfahren auch niemandem ein Rechtsanspruch auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes zustehe, sei der Antrag auf Durchführung einer ergänzenden Verordnungsprüfung als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Voraussetzung für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei gemäß § 71 Abs. 1 AVG grundsätzlich, daß dem Antragsteller eine Parteistellung im Verfahren zukomme. Die im Zeitraum des dem Bebauungsplan Nr. 42 zugrundeliegenden Planungsverfahrens in Geltung stehenden Verfahrensbestimmungen der §§ 21 und 23 O.ö. ROG räumten Betroffenen zwar ein Mitspracherecht, aber keine Parteistellung ein. Es bestehe daher weder ein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung von Eingaben, noch komme dem Mitspracheberechtigten ein Rechtsmittel in bezug auf den Flächenwidmungsplan oder den Entwurf hiezu zu. Der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen den Bebauungsplan sei daher schon allein mangels Parteistellung der Beschwerdeführer als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Verfahren betreffend die Abfassung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes ist in den §§ 21 ff ROG LGBl. Nr. 18/1972 in der Fassung

LGBl. Nr. 102/1982, geregelt.

Gemäß § 21 Abs. 5 des O.ö. ROG ist für den Fall, daß der Gemeinderat einen Bebauungsplan beschließt, dieser mit dem dazugehörigen Akt und den Planungsunterlagen vor Kundmachung des Beschlusses der Landesregierung als Aufsichtsbehörde vorzulegen. Die Bebauungspläne bedürfen der Genehmigung der Landesregierung dann, wenn überörtliche Interessen im besonderen Maße berührt werden. Bebauungspläne, die keiner Genehmigung bedürfen, sind samt dem dazugehörigen Akt nach Einsichtnahme ohne unnötigen Aufschub der Gemeinde zurückzugeben. Nach § 23 leg. cit. sind Bebauungspläne bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder wenn es das Gemeinwohl erfordert, zu ändern. Bebauungspläne können geändert werden, wenn öffentliche Interessen, die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes bei der Aufstellung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, und Interessen Dritter nicht verletzt werden.

Gemäß § 101 der O.ö. Gemeindeordnung 1990 hat der Bürgermeister die von der Gemeinde erlassenen Verordnungen unverzüglich der Landesregierung mitzuteilen. Die Landesregierung hat gesetzwidrige Verordnungen nach Anhörung der Gemeinde durch Verordnung aufzuheben und die Gründe hiefür der Gemeinde gleichzeitig mitzuteilen.

Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß einem Grundeigentümer im Verordnungsprüfungsverfahren gemäß § 101 der O.ö. Gemeindeordnung 1990 keine Parteistellung zukommt und niemand auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes (mit Ausnahme der Fälle nach §§ 102 und 106 der O.ö. Gemeindeordnung 1990) einen Anspruch hat. Mit Recht hat daher die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführer auf ergänzende Verordnungsprüfung zurückgewiesen.

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Frist gemäß § 71 AVG kann nur von einer Partei des Verfahrens eingebracht werden. Die Verfahrensbestimmungen der §§ 21 und 23 O.ö. ROG 1992 räumen lediglich das Recht auf Erhebung von Einwendungen und Anregungen zum Entwurf eines Flächenwidmungsplanes bzw. Bebauungsplanes ein, und damit, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, ein Mitspracherecht, aber keine Parteistellung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Juni 1976, Zl. 652/76). Da den Beschwerdeführern im Verordnungsprüfungsverfahren keine Parteistellung zukam, wurde ihr Antrag auf Wiedereinsetzung mit Recht zurückgewiesen.

Auf das Beschwerdevorbringen, dem Bebauungsplan komme Bescheidcharakter zu, weil er ausschließlich aufgrund eines bestimmten Bauvorhabens erstellt worden sei, braucht nicht mehr eingegangen zu werden, da die Beschwerdeführer eine ergänzende Verordnungsprüfung bzw. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verfahren betreffend die Erstellung des Bebauungsplanes beantragten. Zu dem in der Beschwerde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (richtig wohl: Verfassungsgerichtshof) vom 30. September 1989, Zl. V 18/89-10 ist festzustellen, daß der Verfassungsgerichtshof keineswegs ausgesprochen hat, daß der Bebauungsplan in Form eines Bescheides ergangen sei, sondern daß die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Änderung des Bebauungsplanes, soweit sie ein bestimmtes Grundstück betraf, nicht vorlagen.

Da aufgrund der Anträge der Beschwerdeführer an die belangte Behörde ausschließlich zu überprüfen war, ob den Beschwerdeführern in den Verfahren gemäß §§ 21 und 23 des O.ö. ROG 1972 die Parteistellung zukam, ist der Bebauungsplan Nr. 42 "Bettmesserstraße" nicht präjudiziell.

Da schon die Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen. Damit erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Beteiligter Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050146.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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