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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
KFG 1967 §76 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in X, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 16. Dezember 1993, Zl. VwSen-420046/15/Gf/La, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch vorläufige Abnahme des Führerscheines, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt: Der Beschwerdeführer besuchte am 27. August 1993 ein Zeltfest. Dort konsumierte er Alkohol in Form von Bier und "gespritztem" Wein. Er verließ den Ort des Zeltfestes am 28. August 1993 um ungefähr 4.30 Uhr in Begleitung einer weiteren Person in seinem Pkw. Er unterbrach seine Heimfahrt, stellte den Pkw an der Straße in einem Wald ab und schlief ein. Gendarmeriebeamte weckten ihn auf, stellten bei ihm Alkoholisierungssymptome fest und forderten ihn zu einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt auf. Zu diesem Zweck wurde er auf einen Gendarmerieposten gebracht. Dort verweigerte er die Durchführung einer Atemluftprobe mit einem Alkomat-Gerät. Daraufhin wurden ihm die Fahrzeugschlüssel und der Führerschein abgenommen. Er wurde in der Folge seinem "Schicksal überlassen" bzw. "vor die Tür gesetzt".
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen die vorläufige Führerscheinabnahme gerichtete "Maßnahmenbeschwerde" als unbegründet abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, daß Gegenstand des angefochtenen Bescheides nur die vorläufige Führerscheinabnahme ist. Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, er sei von den Gendarmeriebeamten "perlustriert", in seinem Schlaf gestört und zur Ablegung eines Alkotests aufgefordert worden, richtet sich sein Vorbringen in Wahrheit nicht gegen den angefochtenen Bescheid.
Gemäß § 76 Abs. 1 KFG 1967 haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, daß er insbesondere infolge eines übermäßigen Alkoholgenusses nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt, oder versucht, es in Betrieb zu nehmen.
Der Beschwerdeführer wurde wegen der Alkoholisierungssymptome, die er auf Grund seines vorangegangenen beträchtlichen Alkoholgenusses aufgewiesen hat (Alkoholgeruch der Atemluft, Bindehautrötung, schwankender Gang, undeutliche Aussprache) zur Ablegung einer Atemluftprobe auf einem Gendarmerieposten aufgefordert. Nachdem er diese verweigert hatte, war diesbezüglich die Amtshandlung beendet. Aus der Sicht der Beamten bestand zu diesem Zeitpunkt die berechtigte Befürchtung, er werde in seinem offenbar durch Alkohol beeinträchtigten Zustand versuchen, zu seinem Kraftfahrzeug zurückzugelangen und mit diesem nach Hause zu fahren (und zwar über eine Strecke von ungefähr 17 km). Dies allein rechtfertigte bereits die bekämpfte Führerscheinabnahme. Es kommt dabei nicht darauf an, ob das Einschreiten der Gendarmeriebeamten, welches zur Feststellung der Alkoholisierungssymptome geführt hat, rechtmäßig war. Es ist auch unerheblich, ob der Beschwerdeführer - der im Verdacht stand, das Fahrzeug zu dem Platz, an dem er schlafend angetroffen wurde, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben - in den Zeitpunkten der Aufforderung zur Ablegung einer Atemluftprobe und der vorläufigen Führerscheinabnahme tatsächlich in relevantem Maße alkoholisiert war. Dasselbe gilt für den von ihm behaupteten Umstand, daß er nach seiner ursprünglichen Absicht erst nach einem längeren Schlaf seine Fahrt fortsetzen und nach Hause fahren wollte. Für die Rechtmäßigkeit der Führerscheinabnahme ist es ferner unerheblich, ob der Beifahrer des Beschwerdeführers ebenfalls zu einem Alkotest aufgefordert wurde und daß diesem der Führerschein nicht abgenommen wurde.
Eine lallende Aussprache und das Schwanken beim Gehen stellen jedenfalls ein Verhalten im Sinne des § 76 Abs. 1 KFG 1967 dar, welches auf eine Alkoholbeeinträchtigung schließen läßt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990, Zl. 89/11/0253). Es liegt keineswegs ein Fall vor, der den im Erkenntnis vom 6. März 1990, Zl. 89/11/0257, aufgezählten Fällen, in denen Führerscheinabnahmen für rechtswidrig erklärt wurden, weil die Befürchtung des Lenkens in alkoholisiertem Zustand nicht bestanden hat, gleichzuhalten wäre.
Daß dem Beschwerdeführer neben dem Führerschein auch die Fahrzeugschlüssel abgenommen worden sind, bewirkt nicht die Rechtswidrigkeit der Führerscheinabnahme. Der Beschwerdeführer hätte - so konnte befürchtet werden - (etwa fernmündlich oder im Wege der Benützung eines anderen Fahrzeuges) sich in den Besitz von Reserve- oder Zweitschlüssel des Kraftfahrzeuges setzen und allenfalls zu diesem Zweck ein anderes Kraftfahrzeug benützen können (vgl. das Erkenntnis vom 18. Dezember 1990, Zl. 90/11/0156).
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuwweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994110146.X00Im RIS seit
12.06.2001