TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/28 91/08/0063

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Veröffentlicht am 28.06.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/03 Kollektives Arbeitsrecht;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §49 Abs1;
KollV Arbeiter Hotelgewerbe Gastgewerbe Pkt7/1;
KollV Arbeiter Hotelgewerbe Gastgewerbe Pkt7/2;
KollV Arbeiter Hotelgewerbe Gastgewerbe Pkt7/3;
KollV Arbeiter Hotelgewerbe Gastgewerbe Pkt7;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der O in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 9. November 1990, Zl. Vd-3767/2, betreffend Beitragsnachrechnung (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse, Klara-Pölt-Weg 2, 6020 Innsbruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Tiroler Gebietskrankenkasse Aufwendugen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 27. Juli 1989 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin verpflichtet sei, den Betrag von S 30.645,41 zu bezahlen. Nach der Begründung habe die mitbeteiligte Partei bei der Beschwerdeführerin, die eine Frühstückspension betreibe, im Rahmen einer Beitragsprüfung unter anderem festgestellt, daß in 14 Fällen für drei Dienstnehmer die "Bedienungsprozente" nicht ausbezahlt worden seien.

Die Beschwerdeführerin erhob einen als Berufung bezeichneten Einspruch, wobei sie im wesentlichen vorbrachte, es sei nicht berücksichtigt worden, daß im Unternehmen sämtliche Mitunternehmer, das seien neben der Beschwerdeführerin deren Kinder Elisabeth und Helmut, mitarbeiteten. Diese Personen wären daher bei der Aufteilung der Bedienungsprozente ebenfalls zu berücksichtigen gewesen. Neben der als Dienstnehmerin beschäftigten Tochter Petra werde sowohl das Frühstück als auch das Abendessen unter Mitwirkung der erwähnten Mitunternehmer an die Hausgäste serviert.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse vertrat in ihrem Vorlagebericht die Auffassung, daß der Bedienungszuschlag ein wesentliches variables Merkmal des Arbeitnehmerlohnes sei; veränderbar sei er nur seiner Gesamthöhe nach. Dem Grunde nach stehe dieser Lohnbestandteil jedoch ein für allemal dem Arbeitnehmer zu, schon deswegen weil der Arbeitgeber nie Lohnempfänger sein könne. Ein Arbeitnehmerlohnanteil könne nicht in Unternehmergewinn umgemünzt werden. Im übrigen habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse bei der Aufteilung der Bedienungsprozente fiktiv einen weiteren Dienstnehmer mit einem durchschnittlichen monatlichen Lohn angenommen.

In einer Stellungnahme zum Vorlagebericht gab die Beschwerdeführerin an, daß im Betrieb der "Firma O & Mitges."

im Prüfungszeitraum die Dienstnehmer C. als Abwäscher sowie Frau R. als Zimmermädchen sowie die Tochter der Beschwerdeführerin Petra im Service angemeldet gewesen seien. C. sei in der Küche sowie mit diversen Haus- und Zimmerarbeiten beschäftigt gewesen. R. habe die Zimmer bedient und in der Küche mitgeholfen. Die Schank sei ausschließlich von der Beschwerdeführerin abwechselnd mit deren Tochter Elisabeth bedient worden. Das Abendessen habe die Beschwerdeführerin abwechselnd mit ihren Töchtern Petra und Elisabeth serviert; das Frühstück sei vom Sohn der Beschwerdeführerin Helmut unter teilweiser Zuhilfenahme von C. serviert worden. Im Hinblick auf den Arbeitseinsatz der Familie der Beschwerdeführerin sei die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse durchgeführte Aufteilung der Bedienungsprozente auch unter Einbeziehung nur eines "fiktiven Dienstnehmers" nicht ausreichend.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bestätigt. Nach der Begründung sei die Tochter der Beschwerdeführerin Petra als Serviererin und die Dienstnehmerin R. als Zimmermädchen im Gastbetrieb der Beschwerdeführerin beschäftigt gewesen. Diese Dienstnehmerinnen seien auf Garantielohnbasis beschäftigt worden. Garantielöhner hätten Anspruch auf die erzielten Umsatzprozenteinnahmen. Im gegenständlichen Fall seien diese Dienstnehmerinnen nicht entsprechend dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Österreichischen Hotel- und Gastgewerbe (Punkt 7 "Lohnordnung") aus den erzielten Umsatzprozenten entlohnt worden, sodaß für die Entgeltdifferenzen Sozialversicherungsbeiträge nachzuverrechnen gewesen seien. Die Beschwerdeführerin könne als Dienstgeberin für ihre Mitarbeit keine Beteiligung an den Umsatzprozenteinnahmen beanspruchen, weil die Umsatzprozente auschließlich den Dienstnehmern (Garantielöhner) zustünden. Angehörige des Dienstgebers seien nur dann an den Umsatzprozenteinnahmen beteiligt, wenn ihre Mitarbeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolge. Dies sei nur auf die Tochter der Beschwerdeführerin Petra zugetroffen. Die Mitarbeit der anderen Angehörigen der Beschwerdeführerin sei jedoch nicht aufgrund eines Dienstverhältnisses erfolgt. Ihre Mitarbeit sei daher bei der Aufteilung der Umsatzprozenteinnahmen nicht zu berücksichtigen gewesen. Von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse sei im übrigen bei der Umsatzprozentaufteilung ein weiterer Dienstnehmer (gemeint: C.) mit einem monatlichen Durchschnittslohn hinzugerechnet worden.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 26. Februar 1991, B 1389/90-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die Beschwerdeführerin hat auf die Gegenschrift der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse repliziert. Zur Gegenäußerung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wurde von der Beschwerdeführerin ein weiterer Schriftsatz erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Für die Berechnung der Beiträge ist nicht lediglich der tatsächlich gezahlte Lohn maßgebend, sondern, wenn er den tatsächlich gezahlten Lohn übersteigt, der Lohn, auf dessen Zahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch bestand. Der Beitragsvorschreibung ist daher in diesem Fall u. a. der nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag gebührende höhere Lohn zugrundezulegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1950, Slg. N.F. Nr. 1261/A, und vom 30. November 1960, Slg. N.F. Nr. 5435/A). Ob ein Anspruch auf Geld- oder Sachbezüge im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 18. Dezember 1990, Zl. 89/08/0165).

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob die im Betrieb der Beschwerdeführerin erzielten Umsatzprozente auch auf die (nach den Verfahrensbehauptungen der Beschwerdeführerin: als Mitunternehmer) mitarbeitenden Kinder Helmut und Elisabeth und die Beschwerdeführerin selbst aufzuteilen sind. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren betreibt sie gemeinsam mit ihren Kindern ("Firma O.") eine Frühstückspension (nach den Behauptungen im Beschwerdeverfahren: ein Hotel mit Verabreichung von Frühstück und Abendessen). Unbestritten ist dabei, daß nur die Tochter der Beschwerdeführerin Petra und ein jugoslawisches Zimmermädchen (als Garantielöhnerinnen) in einem Dienstverhältnis stehen.

Punkt 7. des Kollektivvertrages für Arbeiter im österreichischen Hotel- und Gastgewerbe ("Lohnordnung") sieht vor, daß die Aufteilung der Umsatzprozente auf folgende Weise erfolgen kann:

1.

Über ein gemeinsames Umsatzprozentkonto (Tronc),

2.

über getrennte Umsatzprozentkonten für einzelne Betriebsabteilungen (Abteilungstronc),

3.

nach dem Reviersystem.

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren lediglich dargelegt, welche Leistungen (Frühstück und Abendessen) in ihrem Betrieb erbracht werden. Eine Aufteilung der Umsatzprozente für einzelne Abteilungen ihres Betriebes (Punkt 7.2. des Kollektivvertrages) oder nach dem Reviersystem (Punkt 7.3.) ist von ihr jedoch nicht behauptet worden. Es kann daher nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde - jedenfalls in einem solchen Fall - die im Betrieb anfallenden Umsatzprozente nur auf die als Garantielöhner beschäftigten DIENSTNEHMER aufgeteilt hat. Gegenteiliges ist auch dem von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1974, Zl. 729/74, nicht zu entnehmen. Durch die Berücksichtigung eines weiteren ("fiktiven") Dienstnehmers bei der Aufteilung der Umsatzprozente kann die Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht verletzt sein.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Entgelt Begriff Anspruchslohn Entgelt Begriff Gewinnbeteiligung Kollektivvertrag Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991080063.X00

Im RIS seit

23.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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