TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/29 94/12/0057

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Veröffentlicht am 29.06.1994
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Index

72/02 Studienrecht allgemein;
72/13 Studienförderung;

Norm

AHStG §27;
AHStG §6 Abs5 litb;
AHStG §8 Abs2;
StudFG 1983 §8 Abs1 litb;
StudFG 1992 §20 Abs1 Z1;
StudFG 1992 §20 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 28. Jänner 1994, Zl. 56.040/11-I/7/93, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer nahm im Studienjahr 1992/93 sein Studium der Architektur an der Technischen Universität Graz auf. Er war jedoch nur im Wintersemester 1992/93, nicht aber im Sommersemester 1993 inskribiert. Vom 4. Jänner bis 31. August 1993 leistete er den ordentlichen Präsenzdienst. Im Wintersemester 1993/94 setzte der Beschwerdeführer sein Architekturstudium fort und beantragte am 29. Oktober 1993 die Gewährung einer Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992 (im folgenden StudFG 1992).

Mit dem im Instanzenzug ergangenen bekämpften Bescheid vom 28. Jänner 1994 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid, der diesen Antrag des Beschwerdeführers mangels Studienerfolges abgewiesen hatte. Sie begründete ihre Entscheidung in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers im wesentlichen damit, nach § 20 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 sei der Nachweis des günstigen Studienerfolges durch abgelegte Prüfungen nach den ersten beiden Semestern AB STUDIENBEGINN zu erbringen. Diese Formulierung stelle auf eine Zählung der Semester ab Studienbeginn und nicht auf die tatsächlich inskribierten Semester ab; maßgebend sei daher für den erstmaligen Nachweis eines Studienerfolges nicht die Zahl der inskribierten Semester, sondern der objektive Ablauf von zwei Semestern, gerechnet ab dem Studienbeginn. Dafür sprächen auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum StudFG 1992. Auf Grund der objektiven Zählung der Semester ab Studienbeginn sei der Beschwerdeführer im Wintersemester 1993/94, dem dritten Semester nach seinem Studienbeginn, gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 verpflichtet, den Nachweis eines Studienerfolges dem Antrag auf Studienbeihilfe beizuschließen. Unbestritten habe der Beschwerdeführer den geforderten Studienerfolg durch Prüfungen nicht erbringen können. Zutreffend sei daher mangels entsprechender Nachweise sein Antrag auf Studienbeihilfe abgewiesen worden. Die mangelnde Kenntnis der Rechtsvorschriften ändere nichts an der Anwendbarkeit des StudFG 1992.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall findet das StudFG 1992, BGBl. Nr. 305, Anwendung.

Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist unter anderem nach § 6 Z. 3 (Paragraphenzitate ohne Angabe der Rechtsquellen beziehen sich auf das StudFG 1992), daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).

§ 20 Abs. 1 lautet:

"(1) An Universitäten ist der Nachweis eines günstigen Studienerfolges zu erbringen:

1.

in den ersten beiden Semestern ab Studienbeginn durch die Aufnahme als ordentlicher Hörer;

2.

nach den ersten beiden Semestern ab Studienbeginn und nach den ersten beiden Semestern jeder Studienrichtung durch Zeugnisse über erfolgreich absolvierte Lehrveranstaltungen und Prüfungen, die in den Studienvorschriften vorgesehen sind, in einem der Studienzeit entsprechenden Ausmaß; der Nachweis des günstigen Studienerfolges ist auch schon vor Abschluß des zweiten Semesters einer Studienrichtung möglich;

3.

nach jedem Studienabschnitt durch die Ablegung der jeweiligen Diplomprüfung oder des jeweiligen Rigorosums."

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe § 20 Abs. 1 Z. 2 unrichtig ausgelegt. Da die Studienbeihilfe nur für tatsächlich inskribierte Semester gewährt werde, müsse auch das Erfordernis des Studienerfolges unter Zugrundelegung der inskribierten Semester geprüft werden. Er habe wegen Ableistung des achtmonatigen Präsenzdienstes (ab 1. Jänner 1993) keinen Studiennachweis erbringen können. Die aus dem angefochtenen Bescheid sich ergebenden Konsequenzen seien auch verfassungswidrig, weil dadurch Personen männlichen Geschlechtes wesentlich schlechter gestellt werden würden. Selbst wenn der Beschwerdeführer in Kenntnis der Auslegung des § 20 Abs. 1 Z. 2 durch die belangte Behörde gewesen wäre, hätte für ihn kein Anlaß bestanden, im Wintersemester 1992/93 nicht zu inskribieren: Zu jenem Zeitpunkt sei ihm nämlich nicht bekannt gewesen, daß er tatsächlich mit Jahresbeginn 1993 zum Präsenzdienst eingezogen werde.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Da der Studiennachweis nach § 20 Abs. 1 Z. 2 (insofern vergleichbar mit der früheren Rechtslage nach § 8 Abs. 1 lit. b StudFG 1983) unter Bezugnahme auf die Studienvorschriften nach den ersten beiden Semestern den Nachweis erfolgreich absolvierter Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorsieht und das Allgemeine Hochschul-Studiengesetz (AHStG) in seinem § 27 Abs. 1 und 2 die Zulassung zu Prüfungen grundsätzlich von der Inskription der Lehrveranstaltungen bzw. der vorgeschriebenen Semester abhängig macht, ist auf Grund des systematischen Zusammenhanges zwischen den beiden genannten Rechtsvorschriften (ungeachtet des Umstandes, daß eine ausdrückliche Regelung im Studienförderungsgesetz 1992 fehlt) davon auszugehen, daß § 20 Abs. 1 Z. 2 auf inskribierte Semester abstellt.

Daran hat auch die erst im StudFG 1992 enthaltene Wendung "ab Studienbeginn" nichts geändert, der auch ein bloß verdeutlichender Sinn zukommen kann. Keinesfalls sind daraus die von der belangten Behörde gezogenen Schlüsse zwingend zu ziehen. Im übrigen sprechen auch die EB zur RV zu § 20 (473 Blg. Sten.Prot. NR 18. GP, Seite 33 linke Spalte) für die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes ("Die Bestimmung entspricht § 8 StudFG 1983. Wie bisher ist nach den ersten beiden Semestern jedes Studiums (jeder Studienrichtung) ein bestimmter, durch eine entsprechende Verordnung festgelegter Studienerfolg zu erbringen. ...") Dies umsomehr, als § 8 StudFG 1983 (ungeachtet des auch damaligen Fehlens eines ausdrücklichen Hinweises auf die Inskription) in diesem Sinn ausgelegt wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/12/0254).

Dies bedeutet freilich nicht, daß allein der Unterlassung der Inskription (aus welchem Grund auch immer) jedenfalls Bedeutung für § 20 zukommt. Vielmehr sind auch in diesem Zusammenhang in Verbindung mit dem Zweck des § 20 mangels einer abweichenden Regelung im StudFG 1992 die studienrechtlichen Bestimmungen maßgebend.

Im Beschwerdefall ist § 8 Abs. 2 AHStG von Bedeutung. Danach ist eine Behinderung auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder aus wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 5 lit. b letzter Satz AHStG) der Beurlaubung gleichzuhalten. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kommt als Behinderung auf Grund gesetzlicher Vorschriften im Sinne dieser Norm jedenfalls die Ableistung des Präsenzdienstes oder des Zivildienstes in Betracht (so schon Ermacora-Langeder-Strasser, Österreichisches Hochschulrecht, D IVa, Fußnote 4 zu § 8 AHStG, Seite 831). Eine studienrechtliche Behinderung (im Sinne des AHStG) wirkt sich aber wegen des oben dargestellten Zusammenhanges auch auf die Semesterzählung nach § 20 Abs. 1 Z. 1 und 2 aus.

Im Beschwerdefall bedeutet dies auf dem Boden des unbestrittenen Sachverhaltes, daß der günstige Studienerfolg deshalb, weil der Beschwerdeführer während der Ableistung seines ordentlichen Präsenzdienstes im Sommersemester 1993 nicht inskribiert war, nicht nach § 20 Abs. 1 Z. 2, sondern nach Z. 1 zu beurteilen ist.

Daran ändert auch nichts der Hinweis der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 48 Abs. 1; dies schon deshalb, weil § 48 den Nachweis zum Ausschluß der Rückzahlungsverpflichtung für die in den ersten beiden Semestern des Studiums bezogene Studienbeihilfe regelt und sich daher vom Regelungsgegenstand des § 20 Abs. 1 Z. 2 grundlegend unterscheidet.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 2 und 59 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, da neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer nicht zuerkannt werden kann (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 687 zitierte Vorjudikatur).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994120057.X00

Im RIS seit

26.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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