TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/29 94/03/0018

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Veröffentlicht am 29.06.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19 Abs3;
AVG §67d Abs1;
VStG §51e Abs1;
VVG §1 Abs1 Z1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 94/03/0019 E 29. Juni 1994 94/03/0020 E 29. Juni 1994

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 6. Dezember 1993, Zlen. UVS 30.8-6/93-6 und UVS 30.8-82/93-6, beide betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe in einem Verwaltungsstrafverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen des vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark gegen O (zur Zl. UVS 30.8-6/93) wegen einer Übertretung des KFG 1967 geführten Verwaltungsstrafverfahrens mit Ladungsbescheid vom 30. September 1993 zur der am 4. November 1993 um 14.00 Uhr anberaumten mündlichen Berufungsverhandlung unter Androhung einer Zwangsstrafe von S 1.000,-- für den Fall der Nichtbeachtung der Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes als Zeuge geladen. Diese Ladung wurde dem Beschwerdeführer am 12. Oktober 1993 (durch Hinterlegung gemäß § 21 Abs. 2 Zustellgesetz) zugestellt. Zur Verhandlung ist der Beschwerdeführer nicht erschienen. Im Verhandlungsprotokoll findet sich diesbezüglich der Vermerk: "Laut Auskunft des Vertreters des Bw wegen Dienstfahrt verhindert".

In dem zur Zl. UVS 30.8-82/93 gegen B wegen Übertretung des KFG 1967 geführten Verwaltungsstrafverfahren wurde der Beschwerdeführer vom Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark ebenfalls mit Ladungsbescheid vom 30. September 1993 unter Androhung einer Zwangsstrafe von S 1.000,-- für den Fall der Nichtbeachtung der Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes zu der für den 4. November 1993 um 11.30 Uhr anberaumten mündlichen Berufungsverhandlung geladen. Auch dieser Ladungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 12. Oktober 1993 (durch Hinterlegung gemäß § 21 Abs. 2 Zustellgesetz) zugestellt. Das Verhandlungsprotokoll vom 4. November 1993 trägt hinsichtlich des nicht erschienenen Beschwerdeführers den Vermerk: "Laut Auskunft des Berufungswerbers auf Auslandsfahrt".

Daraufhin erging der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 6. Dezember 1993, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Herr A, wohnhaft in S, hat die Ladungsbescheide vom 30.9.1993, GZ.: UVS 30.8-6/93-2 und UVS 30.8-82/93-2, worin er aufgefordert wurde, an der für den 4. November 1993 um

11.30 Uhr und 14.00 Uhr anberaumten Verhandlung als Zeuge teilzunehmen, ohne Rechtfertigung nicht befolgt. Die darin angedrohte Zwangsstrafe von 2 x je S 1.000,-- wird daher über ihn verhängt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsstrafverfahren vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 3 AVG hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Frist durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 VVG obliegt vorbehaltlich des (hier nicht in Betracht kommenden) § 3 Abs. 3 den Bezirksverwaltungsbehörden die Vollstreckung der von ihnen selbst und von den ihnen übergeordneten Behörden erlassenen Bescheide.

Wie sich aus dem letzten Halbsatz des § 19 Abs. 3 AVG ergibt, handelt es sich bei der Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 19 Abs. 3 AVG um eine Angelegenheit des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens (vgl. auch Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, 8. Auflage, erster Halbband, S. 207, Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, RZ 189, und den in Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I, S. 288, wiedergegebenen Bericht des Verfassungsausschusses, 360 BlgNR 2. GP 1925). Zuständig zur Verhängung der dem Beschwerdeführer in den in Rede stehenden Ladungsbescheiden angedrohten Zwangsstrafen war daher nicht der unabhängige Verwaltungssenat, sondern die ihm im Instanzenzug untergeordnete Bezirksverwaltungsbehörde.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid nur in einer Ausfertigung vorzulegen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994030018.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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