TE Vwgh Beschluss 1994/6/30 94/06/0123

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Veröffentlicht am 30.06.1994
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Index

L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
B-VG Art116 Abs2;
B-VG Art118 Abs2;
GdO Tir 1966 §46;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, in der Beschwerdesache des J in B, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Gemeindevorstand der Gemeinde X bei Y wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einem Benützungsbewilligungsverfahren, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte vor, er sei grundbücherlicher Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft X, Z-Weg 151. Mit Schriftsatz vom 1. Februar 1993, überreicht am 3. Februar 1993 beim Gemeindeamt X habe er für seine Eigentumswohnung um Benützungsbewilligung angesucht. Der Bürgermeister habe als zuständige Baubehörde erster Instanz innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist über diesen Antrag nicht entschieden. Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 1993 habe der Beschwerdeführer daher einen Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG an den Gemeindevorstand der Gemeinde X erhoben. Dieser Schriftsatz sei am 6. Dezember 1993 eingeschrieben vom Rechtsvertreter an die belangte Behörde abgefertigt worden. Als Bescheinigungsmittel für den Ablauf der Entscheidungsfrist wurde eine Ablichtung des Devolutionsantrages sowie ein Auszug aus dem Postbuch des Rechtsvertreters vorgelegt.

Die Untätigkeit der belangten Behörde verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Sachentscheidung über seinen Antrag auf Teilbenützung innerhalb der gesetzlichen Entscheidungspflicht des § 73 AVG sowie in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erteilung der beantragten Teilbenützungsbewilligung.

Die Säumnisbeschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Gemäß § 73 Abs. 2 AVG geht im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (beim Unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Gemäß § 46 der Tiroler Gemeindeordnung 1966, in der geltenden Fassung, ist, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, der Bürgermeister zur Erlassung der Bescheide in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches zuständig. Über Berufungen hat der Gemeindevorstand (Stadtrat) zu entscheiden. Die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse übt in allen Fällen der Gemeinderat aus. Im Rahmen der oberbehördlichen Befugnisse obliegt dem Gemeinderat auch die Entscheidung über Anträge auf Übergang der Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG, und zwar ungeachtet der Tatsache, daß dem Gemeinderat gemäß der zitierten Bestimmung der Tiroler Gemeindeordnung nicht die Qualifikation einer im Instanzenzug übergeordneten Behörde zukommt. Der Gemeinderat ist daher stets, d.h. in jedem einzelnen Fall des eigenen Wirkungsbereiches die höchste sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (siehe das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1975, Slg. 8.741/A). Daraus ergibt sich, daß gegen den Gemeindevorstand nicht die Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden kann, es muß vielmehr (zunächst) ein Devolutionsantrag (§ 73 Abs. 2 AVG) an den Gemeinderat gestellt werden (vgl. den hg. Beschluß vom 16. Oktober 1973, Slg. N.F. Nr. 8.483/A). Da schon aus der Beschwerde hervorgeht, daß die Beschwerdeführer nicht den Gemeinderat mittels Devolutionsantrages angerufen hat, fehlt es an einer in § 27 VwGG normierten Prozeßvoraussetzung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060123.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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