TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/30 93/09/0392

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Veröffentlicht am 30.06.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 23. Juli 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren (Stempelgebühren) wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte am 6. April 1993 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den vietnamesischen Staatsbürger N. als Küchenhilfe mit einem monatlichen Bruttolohn von S 10.000,--.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 14. April 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In der Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, Gründe für das Ansuchen seien "Punkt 2c. des § 4 Abs. 1 + 3" (gemeint wohl: § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG) - der dringende Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines (in der Berufung namentlich genannten) Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes. Auf Grund des Vermittlungsauftrages für einen Schankgehilfen seien bisher nur nicht geeignete Personen zugewiesen worden. Bei N. würde dies nicht zutreffen, wobei dieser als Flüchtling auch in Bundesbetreuung sei, was ebenfalls für eine positive Entscheidung spreche.

Aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens geht hervor, daß das Arbeitsamt in der Folge an die beschwerdeführende Partei ein Schreiben vom 27. April 1993 gerichtet hat, in dem der beschwerdeführenden Partei mitgeteilt wurde, das Arbeitsamt könne ihr aus seinem Stand an arbeitslos vorgemerkten Personen Arbeitskräfte anbieten, die für die Bedürfnisse der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung stünden. Eine Reaktion der beschwerdeführenden Partei auf dieses Schreiben ist nicht aktenkundig.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs.1 sowie § 4 Abs. 6 und § 13a AuslBG i.d.F. gemäß

BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge gegeben. Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesbestimmungen und der Feststellung der Überschreitung der Landeshöchstzahl für das Jahr 1993 nahm die belangte Behörde auf das Ersatzkraftstellungsangebot vom 27. April 1993 Bezug. Die beschwerdeführende Partei habe darauf nicht reagiert. Durch dieses Desinteresse habe sie sich die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer gemäß § 4b AuslBG begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Der beantragte Ausländer gehöre diesem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis nicht an. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu begründen.

In der Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei "Aktenwidrigkeit" und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Sie sei in ihrem Recht verletzt, nach den Bestimmungen des AuslBG eine ausländische Arbeitskraft in ihrem Betrieb beschäftigen zu dürfen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Spruch auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG i.d.F. gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Auf den Versagungsgrund des § 4 Abs. 6 AuslBG wird jedoch in der Begründung nicht näher eingegangen; vielmehr geht aus der Begründung unmißverständlich hervor, daß die Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 1 AuslBG gestützt wurde. Im Beschwerdefall erübrigen sich daher weitere Erwägungen zur Berechtigung der Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG. Im Beschwerdefall ist daher ausschließlich zu prüfen, ob die Versagung auf § 4 Abs. 1 AuslBG gestützt werden konnte oder nicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1994, 93/09/0078, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Nach § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Die belangte Behörde begründete das Vorliegen dieses Versagungstatbestandes damit, daß die beschwerdeführende Partei sich durch ihr "Desinteresse" an der angebotenen Ersatzkraftstellung die Möglichkeit genommen habe, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde, die aus einer fehlenden Reaktion auf das Angebot einer Ersatzkraftstellung bereits auf dessen Ablehnung geschlossen hat, bedarf es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. das Erkenntnis vom 21. Jänner 1994, 93/09/0345) zusätzlich zum Antrag auf Beschäftigungsbewilligung keines Auftrages an die Behörde, allenfalls vorhandene Ersatzkräfte zu stellen. Das Ziel der Arbeitskräftevermittlung ist (solange keine ausdrückliche Ablehnung vorliegt) von Amts wegen durch das Arbeitsamt anzustreben. Das Arbeitsamt war daher ungeachtet der fehlenden Reaktion der beschwerdeführenden Partei verhalten, jene ihrer Meinung nach als bevorzugt zu behandelnden Arbeitssuchenden, die fähig und bereit seien, die zu besetzende Arbeitsstelle auszufüllen, namhaft zu machen. Unrichtig ist jedenfalls die von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretene Auffassung, daß konkrete Zuweisungen geeigneter Bewerber oder Bewerberinnen nur "mit ausdrücklicher Zustimmung des Antragstellers" erfolgen könnten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1993, 93/09/0355).

Aufgrund dieser rechtlich unzutreffenden Beurteilung des Sachverhaltes, wodurch die belangte Behörde zu ihrer Ablehnung des Antrages auf Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG gelangte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren in Höhe von S 120,--, weil der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 5 VwGG lediglich in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie Beweiswürdigung freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090392.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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