TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/30 94/15/0090

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Veröffentlicht am 30.06.1994
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §22 Abs1 Z1 lita;
EStG 1972 §23 Z1;
EStG 1988 §22 Z1 lita;
EStG 1988 §23 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des F in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom 30. März 1994, Zl. 6/4-4132/92-05, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1989 und 1990, sowie Einkommensteuer-Vorauszahlungen für das Jahr 1992 zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Im Beschwerdefall steht allein in Streit, ob die vom Beschwerdeführer zusammen mit seiner Ehegattin ausgeübte Tätigkeit als Zauberkünstler (und Bühnentaschendieb) eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 22 Z. 1 lit. a EStG 1988 darstellt. Hinsichtlich des Inhaltes der Tätigkeit verweist die Beschwerde auf eine im angefochtenen Bescheid wie folgt wiedergegebene Darbietung des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde:

"... demonstrierte der Bw. an der Person des Vorsitzenden,

wie eine Uhr von dessen Handgelenk entfernt werden kann, wenn dieser gleichzeitig abgelenkt wird.

Ferner führte der Bw ein "magisches Entertainment" vor, welches er üblicherweise verwende, um bei Shows die Aufmerksamkeit des Publikums gleich von Anfang an zu fesseln. Zu Beginn dieses Programmes erscheint ein "magischer Geist", eine Geisterwolke, aus einer verschlossenen Flasche, aus der zunächst der Korken springt und dann die Rauchwolke aufsteigt.

Der nächste Programmpunkt wurde vom Bw "Manipulation mit Schaumgummibällen" übertitelt. An dieser Nummer, an der die Beisitzerin Kommerzialrätin T mitwirkte, ist charakteristisch, daß die Anzahl der Bälle in den Händen des Gastes stets wechselt; es erscheinen und verschwinden Bälle.

Beisitzer Dr. D wurde vom Bw. als Gastmitwirkender für die nächste Nummer "Raketenstart", herangezogen. Hierbei wird eine Münze vom Gast markiert und sodann - in ein Tuch eingehüllt - in ein Glas gelegt. Während ein Zauberspruch gesprochen wird, verwandelt sich die Münze in das Modul einer Armbanduhr. Die Münze erscheint dafür in der verschlossenen Armbanduhr.

Als Abschlußnummer des "magischen Entertainments" wurde vom Bw. ein "magisches Märchen mit persischer Musik und deutschem Text" geboten. Hierbei handelt es sich ebensfalls um ein Originalkunststück des Bw., wobei er ein rotes und ein weißes Seidenpapier mit sichtbar völlig leeren Händen zuerst einmal verwandelt, indem im weißen Papier ein roter Kreis und im roten Papier ein weißer Kreis erscheint. In der nächsten Folge werden beide Papiere in der Hand des Bw. verbrannt, wobei daran anschließend der Bw. wieder zwei Papiere hervorzaubert, die unbeschädigt und gleichfärbig sind. Diese werden zusammengeknüllt, mit einem Fächer befächelt, wobei sich beide Papiere unter dem Befächeln in kleine "Schneeflocken" (Papierschnitzel) auflösen. Dazu wird ein eigener, vom Bw. verfaßter Text vorgetragen. Diese Darbietung kann auch in zahlreichen anderen Sprachen geboten werden."

Die belangte Behörde beurteilte die durch die erwähnte Darbietung illustrierte Tätigkeit des Beschwerdeführers in den Streitjahren nicht als künstlerische Tätigkeit im Sinne der eingangs zitierten Gesetzesstelle und führte hiezu in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen folgendes aus:

Unter Zauberkunst verstehe man im allgemeinen Sprachgebrauch eine besonders in Varietes und Kabaretts übliche, im wesentlichen auf Sinnestäuschung beruhende Form der Unterhaltung. Durch Fingerfertigkeit und mit Hilfe von Apparaten lasse der "Zauberer" Gegenstände oder Personen verschwinden, verändere sie, bringe sie wieder vor oder vervielfache sie. Derselbe Unterhaltungseffekt werde auch durch die Darbietungen des Beschwerdeführers, wenn er durch Täuschung der menschlichen Sinne übernatürliche Fähigkeiten vorspiegle bzw. Tatsachen vorgebe, die auf Grund der Naturgesetze gar nicht geschehen könnten, erreiche (beispielsweise beim "magischen Entertainment"). Bei den Zaubervorstellungen des Beschwerdeführers stehe der Unterhaltungseffekt im Vordergrund, da verschiedene "Zaubertricks" ausschließlich den Zweck verfolgten, die Zuschauer auf spannende Weise zu unterhalten. Die vom Beschwerdeführer dargebotenen Kunststücke bzw. das in Form einer Videoaufzeichnung demonstrierte "Bühnentaschendiebprogramm" ließen zwar das hohe eigenschöpferische Niveau der Tätigkeit des Beschwerdeführers erkennen, änderten aber nichts am Unterhaltungscharakter der Darbietungen. Von einer Darbietung "um der Kunst willen" könne im Beschwerdefall ebensowenig wie von der Betätigung in einem "umfassenden Kunstfach" die Rede sein. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers in den Streitjahren stelle daher keine künstlerische im Sinne des § 22 Z. 1 lit. a EStG 1988 dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Gerichtshof bereits in seinem einen im wesentlichen gleichgelagerten Fall betreffenden Erkenntnis vom 20. November 1989, Zl. 88/14/0211, zu § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1972 ausgeführt hat, liegt eine künstlerische Tätigkeit im Sinne dieser Gesetzesstelle nur dann vor, wenn eine persönliche, eigenschöpferische Tätigkeit in einem (anerkannten) Kunstzweig bzw. einem (umfassenden, anerkannten) Kunstfach entfaltet wird. Ein Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen ("Unterhaltungskünstler"), wie z.B. ein Illusionist und Zauberkünstler, wirkt selbst dann, wenn die präsentierten Illusionen eigenschöpferisch, nicht erlernbar und überwiegend einzigartig in der Welt (von höchster Qualität) sind, grundsätzlich nicht in einem Kunstfach bzw. Kunstzweig. In den bloß für den Augenblick wirkenden Illusionen kann nach allgemeiner Verkehrsauffassung kein "Kunstwerk" erblickt werden. Zauberkünstler können daher grundsätzlich als Gewerbetreibende angesehen werden.

Diese in der Vorjudikatur vertretene Rechtsansicht hält der Verwaltungsgerichtshof auch auf dem Boden der mit der Vorläuferbestimmung im hier maßgebenden Teil inhaltsgleichen Bestimmung des § 22 Z. 1 lit. a EStG 1988 aufrecht, und zwar auch unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer gegebenen Hinweises auf Fälle sogenannter "Aktionisten", die mit dem Beschwerdefall, in dem Taschenspielertricks im Vordergrund der zu beurteilenden Tätigkeit stehen, nichts verbindet. Infolgedessen wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung des vorhin auszugsweise wiedergegebenen Erkenntnisses verwiesen.

Da im Hinblick auf das Gesagte schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994150090.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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