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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Juni 1993, Zl. MA 61/II-F 43/93, betreffend Namensfestsetzung gemäß § 51 Abs. 1 Personenstandsgesetz, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 8. Juni 1993 setzte der Landeshauptmann von Wien für den am 12. März 1993 geborenen weiblichen Säugling unbekannter Herkunft als Familiennamen den Namen D und als Vornamen den Namen Ivana fest. Mit Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien als Pflegschaftsgericht vom 23. April 1993 wurde auf Antrag des Amtes für Jugend und Familie diesem Amt in Punkt 1. die volle Obsorge hinsichtlich der Ivana D übertragen. Weiters wurde die Unterbringung der Beschwerdeführerin in Gemeindepflege pflegschaftsbehördlich genehmigt. In Punkt 2 dieses Beschlusses wurde Rechtsanwalt Dr. J "zum Kurator" bestellt. Dieser erhob mit Schriftsatz vom 22. Juni 1993 für Ivana D als Kurator Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid.
Bereits am 9. Juni 1993 hatte der Kurator einen Antrag auf Enthebung gestellt, der mit Beschluß des Jugendgerichtshofes vom 21. Juli 1993 abgewiesen worden war, da die Voraussetzungen für eine Enthebung "des Abwesentheitskurators" für die nachrichtenlos abwesende und unauffindbare Mutter nicht vorlägen. Den dagegen erhobenen Rekurs wurde mit Beschluß des Rekursgerichts vom 3. Dezember 1993 Folge gegeben. Im Beschluß vom 23. April 1993 sei zwar nicht ausgeführt, für wen der Kurator bestellt worden sei. Aus der Begründung des Bescheides und dem Umstand, daß dem Jugendamt die volle Obsorge übertragen worden sei, ergebe sich aber, daß die Bestellung für die abwesende Mutter oder den abwesenden Vater erfolgt sei. Aus dem Rechtsbedarf im vorliegenden Fall müsse von der Bestellung eines Zustellkurators gemäß § 116 ZPO ausgegangen werden. Eine solche Kuratorbestellung sei gemäß § 117 ZPO mit Edikt an der Gerichtstafel bekanntzumachen und in der zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachung des Gerichtes bestimmten Zeitung einmal einzuschalten. Das Unterlassen des Anschlages bewirke die Unwirksamkeit der Kuratorbestellung. Eine vor dem Anschlag erfolgte Aushändigung des Bestellungsbeschlußes sei ungültig. Das Erstgericht müsse zunächst für eine rechtswirksame Kuratorbestellung Sorge tragen. In der Folge enthob das Erstgericht mit Beschluß vom 14. Jänner 1994 den Kurator Dr. J seines Amtes.
Im vorliegenden Fall ist die Frage zu klären, ob der einschreitende Kurator auf Grund des Beschlusses vom 23. April 1993 berechtigt war, Ivana D in der vorliegenden Beschwerdesache zu vertreten.
Die Handlungsfähigkeit von Beteiligten ist gemäß § 62 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 9 AVG, sofern in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Dieser Beurteilung unterliegt auch die Frage, wer für handlungsunfähige Beteiligte zur Vertretung befugt ist. Wie sich aus Punkt 1. des Bestellungsbeschlusses vom 23. April 1993 ergibt, war der einschreitende Kurator zu keinen Maßnahmen, die die Obsorge des Kindes betrafen, zum Kurator bestellt worden war. Als durch den Beschluß vom 23. April 1993 dem einschreitenden Kurator im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung übertragene Aufgaben kamen allenfalls die Aufgaben eines Zustellkurators gemäß § 116 ZPO oder eines Abwesenheitskurators gemäß § 276 ABGB für die abwesende Mutter oder den abwesenden Vater in Betracht. Unter diese Aufgaben fiel es keineswegs, für Ivana D Handlungen zu setzen.
Dem einschreitenden Kurator kam somit keine Berechtigung zu, die vorliegende Beschwerde für Ivana D zu erheben. Obwohl in der Beschwerde als Beschwerdeführerin Ivana D angeführt wurde, ist die Beschwerde nicht ihr, sondern dem in der Beschwerde als ihr angeblicher Vertreter aufgetretenen Rechtsanwalt Dr. J zuzurechnen (vgl. den hg. Beschluß vom 26. Jänner 1982, Slg. Nr. 10641/A). Dieser ist als Beschwerdeführer im Sinne des § 21 Abs. 1 VwGG anzusehen. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, da in dem angefochtenen Bescheid nicht über Rechte des als Beschwerdeführer zu wertenden Kurators abgesprochen wurde und dieser somit nicht in seinen Rechten im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG verletzt sein konnte.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Allgemein Allgemein Entmündigung Kurator Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Vertretungsbefugter ZurechnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993010546.X00Im RIS seit
11.07.2001