TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/30 93/09/0323

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Veröffentlicht am 30.06.1994
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 Z2 litc idF 1990/450;
AuslBG §4b idF 1990/450;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 25. Mai 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 3. Februar 1993 beim Arbeitsamt Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den slowakischen Staatsbürger K für die berufliche Tätigkeit als "Weinbau- und Hausarbeiter" mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von S 12.000,--. In einem Begleitschreiben zu diesem Antrag wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß er seinen Weinbaubetrieb in den letzten Jahren vergrößert habe, sodaß es dringend notwendig sei, zusätzlich zu seinem seit mehr als zehn Jahren beschäftigten Arbeiter (- einen Ausländer -) eine weitere Arbeitskraft einzustellen. K. könne eine jahrelange Praxis und Erfahrung im Umgang mit Maschinen und Geräten für den Weinbau und die Landwirtschaft aufweisen und verfüge auch über die nötigen Kenntnisse als Mechaniker.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 11. Februar 1993 gemäß § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 AuslBG ab. Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Weingartenarbeiter Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, K. sei mit allen jahreszeitlich bedingten Arbeiten im Weinbau vertraut und auch imstande, diese Arbeiten selbständig zu verrichten; er sei auch "arbeitswillig" und verfüge weiters über die notwendigen Sprachkenntnisse. Sein derzeitiger langjähriger Mitarbeiter befinde sich bereits seit vier Monaten im Krankenstand und stehe außerdem kurz vor der Pensionierung. Er sei mit den laufenden Weinbauarbeiten derart in Verzug geraten, daß nur mehr durch eine rasche (positive) Erledigung seines Antrages die Gewähr für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Weingärten gegeben sei. Er sei auch gerne bereit, zusätzlich zu dem von ihm beantragten Ausländer einen beim Arbeitsamt vorgemerkten arbeitssuchenden Weinbaufacharbeiter vorläufig als Saisonarbeiter und bei Eignung anschließend auf Dauer einzustellen.

Daraufhin forderte das Arbeitsamt den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. März 1993 auf, "den unbedingten Bedarf an den von Ihnen angegebenen besonderen Qualifikationen (Arbeiten im Weinbau) des beantragten Ausländers (als Nachweis dienen Belege über Firmentätigkeit, besondere Aufträge, etc.) und das Vorhandensein dieser Qualifikationen beim beantragten Ausländer (als Nachweise dienen Zeugnisse über schulische und berufliche Ausbildungen, Arbeitsnachweise etc. in beglaubigter deutscher Übersetzung)" nachzuweisen. Diese Aufforderung beantwortete der Beschwerdeführer mit seinem Schreiben vom 25. März 1993, dem er auch Qualifikationsnachweise (Bestätigung des Vorstandes eines slowakischen Landwirtschaftsverbandes sowie Ehrenerklärung des K.) anschloß.

Eine formularmäßige Zuschrift des Arbeitsamtes (ebenfalls vom 5. März 1993) beantwortete der Beschwerdeführer am 15. März 1993 durch Ankreuzen des Vordruckes mit dem Text:

"Ich wünsche keine anderen Kräfte anstelle des (r) beantragten Ausländers/Ausländerin."

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 25. Mai 1993 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, keine Folge.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen aus, wenn ein Ausländer mit geringerem Integrationsgrad als gemäß § 4b AuslBG beantragt werde, sei zu prüfen, ob vorrangige Arbeitskräfte in der dort normierten Reihenfolge zur Verfügung stünden. An der Vermittlung dieser Personen bestehe - im Hinblick auf die für einen Großteil dieser Personen aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung - ein dringendes öffentliches Interesse. Diesem Personenkreis sei primär die Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu ermöglichen. Es sei festgestellt worden, daß der beantragte Ausländer nicht diesem Personenkreis angehöre. Derzeit sei jedoch eine Ersatzstellung durch inländische und ausländische Kräfte möglich, die Arbeitslosengeld bezögen und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stünden und somit nach den oben dargelegten Gründen dem beantragten Ausländer im Rang vorgingen. Dem Beschwerdeführer seien daher anstelle des beantragten Ausländers beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stehende Arbeitskräfte angeboten worden. Der Beschwerdeführer habe jedoch solche Arbeitskräfte ausdrücklich abgelehnt. Durch sein Desinteresse an der angebotenen Ersatzkraftstellung habe sich der Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Im Hinblick auf die aufgezeigten Umstände werde daher die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 1 AuslBG nicht für vertretbar erachtet.

Überdies seien die mit Verordnung für das Kalenderjahr 1992 (BGBl. Nr. 598/1991) bzw. 1993 (BGBl. Nr. 254/1992; richtig wohl: BGBl. Nr. 738/1992) festgesetzten Landeshöchstzahlen (§ 13a Z. 3 AuslBG) für das Bundesland Wien laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales seit Beginn der betreffenden Kalenderjahre weit überschritten. Dies impliziere, daß bei Anträgen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung in jedem Fall die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und zusätzlich auch die des § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen seien. Wie bereits zuvor dargelegt, seien die Ausführungen des Beschwerdeführers schon gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer zu begründen. Darüber hinaus seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch vom Beschwerdeführer in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand nach § 4 Abs. 6 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Erteilung der für K. beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG idF gemäß der Novelle

BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon das Vorliegen auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft VON VORNHEREIN abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0405, u.a.).

Von einer solchen unberechtigten Ablehnung jedweder Ersatzkraftstellung durch den Beschwerdeführer ist die belangte Behörde nach der Aktenlage zu Recht ausgegangen.

Es ist aktenkundig, daß der Beschwerdeführer in seiner Äußerung vom 16. Juni 1993 zum diesbezüglichen Angebot des Arbeitsamtes vom 5. März 1993 erklärt hat, keine Ersatzkräfte anstelle des beantragten Ausländers zu wünschen. Die Behörde war auf Grund dieser ablehnenden Stellungnahme des Beschwerdeführers nicht gehalten, vor ihrer die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers bestätigenden Entscheidung den Versuch zu unternehmen, ihm konkrete Ersatzkräfte zu vermitteln (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. September 1993, 93/09/0155).

Damit erweist sich aber auch die Rüge des Beschwerdeführers, ihm sei das Vorhandensein von Inländern bzw. diesen gleichgestellten (begünstigten) Ausländern nicht zur Kenntnis gebracht worden, als unbegründet. Im übrigen hat bereits der erstinstanzliche Bescheid ausgeführt, aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Weingartenarbeiter Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen.

Das AuslBG eröffnet dem Arbeitgeber, wie bereits ausgeführt, grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung für den individuell von ihm gewünschten Ausländer, solange die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung aus gegenüber diesem gemäß § 4b AuslBG bevorzugt zu behandelnden Arbeitskräften besteht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, 92/09/0378). Daran vermag auch die (in der Berufung bekundete) Bereitschaft des Beschwerdeführers, ZUSÄTZLICH zu dem von ihm beantragten Ausländer einen beim Arbeitsamt vorgemerkten arbeitssuchenden Weinbaufacharbeiter einzustellen, nichts zu ändern.

Die Beschwerde war somit schon deshalb, weil die Ablehnung des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG der Rechtslage entsprach, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Eines Eingehens auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die beantragte Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG und auf das hiezu in der Beschwerde erstattete Vorbringen bedurfte es daher nicht. Bemerkt sei aber, daß für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG ein über das einzelbetriebliche Interesse hinausgehendes qualifiziertes Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers erforderlich wäre (aus der ständigen hg. Rechtsprechung siehe z.B. das Erkenntnis vom 18. November 1993, 93/09/0378) und der "Ersatztatbestand" des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c leg. cit. grundsätzlich erst nach dem tatsächlichen Ausscheiden des zu ersetzenden Ausländers zum Tragen kommen könnte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1994, 93/09/0280).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090323.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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