TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/30 93/09/0349

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Veröffentlicht am 30.06.1994
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 9. Juni 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte am 15. Februar 1993 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die bosnische Staatsangehörige A für die berufliche Tätigkeit als "Nacht-Abwäscherin" mit einer Entlohnung von S 10.000,-- brutto pro Monat.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 19. Februar 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, sie habe schon vor einigen Wochen dem Arbeitsamt einen Auftrag für Abwäscherinnen oder Küchenhilfen erteilt. Es seien auch etwa 10 Personen vermittelt worden, jedoch sei keine dieser Personen bereit gewesen, am Abend bzw. an Sonn- oder Feiertagen Dienst zu versehen, was im Gastgewerbe jedoch unumgänglich sei. Sie würde dringend zwei Arbeitskräfte (40-Stundenwoche) benötigen, weil die seit einem Jahr eingeführte 5-Tagewoche das Personalproblem massiv verschärft habe. Sie beschäftige seit Jahren - über Vermittlung des Arbeitsamtes - türkische Asylanten, sodaß sie sehr froh wäre, wenn sie für A. (deren Tante sei 14 Jahre bei ihr beschäftigt gewesen) die Beschäftigungsbewilligung erteilt bekäme. A. sei eine aus Bosnien geflüchtete Frau, wobei eine Arbeitsgenehmigung ihr und der Firma helfen würde.

Auf Grund eines von der beschwerdeführenden Partei im Berufungsverfahren - für vier offene Stellen - erteilten Vermittlungsauftrages ("Küchenreinigung + Stubenfrau") wurde per 5. April 1993 von der beschwerdeführenden Partei die zugewiesene Ersatzkraft J eingestellt.

In den Akten liegt auch noch ein EDV-Ausdruck (vom 5. April 1993) mit folgendem Inhalt:

"Lt. tel. Rü mit K am 2.4.1993 wird eine Kraft ab 5.4.1993 eingestellt, auf d. beantragte Ausländerin wird jedoch weiterhin bestanden Tel. Rü mit K am 5.4.1993: D. v. ha zugew. Fr. J hat heute als Küchengehilfin begonnen, eine Abwäscherin wird zurzeit nicht mehr benötigt."

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 9. Juni 1993 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen stellte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, daß die mit Verordnung für das Kalenderjahr 1992 (BGBl. Nr. 598/1991) bzw. 1993

(BGBl. Nr. 254/1992; richtig wohl: BGBl. Nr. 738/1992) festgesetzten Landeshöchstzahlen (§ 13a Z. 3 AuslBG) für das Bundesland Wien laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales seit Beginn des Kalenderjahres 1992 weit überschritten seien, weshalb sowohl die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 als auch jene nach § 4 Abs. 6 AuslBG für eine allfällige Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung zu prüfen seien. Werde ein Ausländer mit geringerem Integrationsgrad als gemäß § 4b AuslBG beantragt, sei zu prüfen, ob vorrangige Arbeitskräfte in der dort normierten Reihenfolge zur Verfügung stünden. Die beschwerdeführende Partei habe A. als Abwäscherin beantragt. Eine Überprüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem nach § 4b AuslBG begünstigten Personenkreis angehörten, zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung stünden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle hingegen nicht die Voraussetzungen, durch die sie dem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis des § 4b AuslBG zugeordnet werden könne. Angesichts der dargestellten Situation auf dem verfahrensrelevanten Teilarbeitsmarkt seien der beschwerdeführenden Partei im Zuge des Berufungsverfahrens auf Grund ihres Vermittlungsauftrages Ersatzkräfte für die beantragte Arbeitskraft zugewiesen worden; eine Arbeitskraft sei eingestellt und der Ersatzantrag daraufhin wunschgemäß abgebucht worden. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung zu begründen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen "Verfahrensmängel" erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht verletzt, einen ausländischen Arbeitnehmer in ihrem Betrieb legal beschäftigen zu dürfen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG idF gemäß der Novelle

BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege

erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde ist - wie bereits das erstinstanzliche Arbeitsamt - vom Vorliegen einer Überschreitung der Landeshöchstzahl ausgegangen, wobei für den angefochtenen Bescheid mit Rücksicht auf seine Erlassung im Jahre 1993 die Überschreitung der Landeshöchstzahl für dieses Kalenderjahr maßgebend war. Die beschwerdeführende Partei hat die Annahme des Vorliegens dieser Anwendungsvoraussetzung für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht bestritten. Hat sie aber die Anwendung des § 4 Abs. 6 AuslBG für den Beschwerdefall nicht in Zweifel gezogen, dann wäre sie gehalten gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne dieser Gesetzesstelle hätten maßgebend sein können (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, 93/09/0321). Die beschwerdeführende Partei hat weder behauptet, der Vermittlungsausschuß habe der beantragten Bewilligung einhellig zugestimmt (§ 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG) noch hat sie ein Vorbringen erstattet, aus welchem sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG ableiten ließe; das einzelbetriebliche Interesse eines dringenden Arbeitskräftebedarfs ist hiezu jedenfalls nicht ausreichend (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1993, 93/09/0273). Die belangte Behörde konnte daher - ohne daß ihr dabei ein wesentlicher Verfahrensmangel unterlaufen wäre - mit Recht davon ausgehen, daß solche Gründe nicht gegeben sind (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1993, 93/09/0125, vom 17. Juni 1993, 93/09/0073, und vom 21. Oktober 1993, 93/09/0420).

Die von der belangten Behörde bestätigte Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für A. erweist sich daher im Grunde des § 4 Abs. 6 AuslBG als gesetzmäßig, weshalb es eines Eingehens auf das von der beschwerdeführenden Partei zu § 4 Abs. 1 AuslBG erstattete Vorbringen, wonach etwa der Vermittlungsauftrag nicht storniert worden wäre, nicht mehr bedurfte.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090349.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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