TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/30 92/06/0258

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Veröffentlicht am 30.06.1994
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;

Norm

BauO Stmk 1968 §57 Abs1;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde

1.

des W H, 2. des H H, 3. des A S, 4. des W C, 5. des K G,

6.

des F H und 7. der G H, alle in G, alle vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Stmk LReg vom 15. 10. 1992, Zl. 03-12 Wa 58 - 92/48, betreffend Entfernungsaufträge (mP: Gemeinde P, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Pächter (bzw. Mitpächter) von Grundstücksparzellen an einem Teich im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde. Sie haben auf diesen Grundstücken verschiedene "Objekte" errichtet. Unstrittig ist, daß sich diese "Objekte" in ihrem Eigentum (und nicht im Eigentum des Grundeigentümers) befinden; strittig ist, ob die noch im Beschwerdeverfahren streitverfangenen "Objekte" - für die keine Baubewilligungen bestehen - baubewilligungspflichtig sind.

Mit den im Instanzenzug ergangenen Berufungsbescheiden des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde (Baubehörde II. Instanz) jeweils vom 15. April 1992 wurden den Beschwerdeführern hinsichtlich der von ihnen gepachteten "Grundstückteile" Beseitigungsaufträge erteilt; diesen Bescheiden zufolge hatten zu entfernen (die im Beschwerdeverfahren noch streitverfangenen Objekte sind unterstrichen):

1. Der Erstbeschwerdeführer "die auf Betonsteine aufgestellte Holzhütte samt Zubau mit Welleterniteindeckung und den BADESTEG";

2.

gleiches hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers;

3.

der Drittbeschwerdeführer "den auf Betonsockel gestellten Holzbau mit flachgeneigtem Pultdach mit einem Ausmaß von ca. 6 x 2,60 m inkl. Veranda und den LAUFSTEG mit einer Plattform ca. 3 x 3 m und der BETONSTUFENANLAGE";

              4.              der Viertbeschwerdeführer "die auf Betonziegel aufgestellte Holzhütte mit flachgeneigtem Satteldach und Welleterniteindeckung im Ausmaß von ca. 4 x 4,05 m und einen Anbau mit ca. 1 x 1,25 m sowie die vorgesetzte PERGOLA im Ausmaß von ca. 3 x 3 m";

              5.              der Fünftbeschwerdeführer "die auf Betonziegel aufgestellte Holzdachkonstruktion mit Ziegeleindeckung im Ausmaß von ca. 5,80 x 6,10 m einschließlich des Zubaues im Ausmaß von 1 x 1,5 m sowie den LAUFSTEG (ca. 6 m lang) mit einer PLATTFORM 3 x 3 m";

              6.              der Sechstbeschwerdeführer und die Siebentbeschwerdeführerin "die Holzdachkonstruktion mit Bronceeindeckung auf Holzstaffeln aufgestellt, die BETONSTUFENANLAGE und den gemauerten GRILLOFEN im Ausmaß von ca. 2,5 x 2 und 0,8 x 1 m" (nach der Verhandlungsschrift in

I. Instanz wohl richtig: "Bramaceindeckung" statt "Bronceeindeckung").

Die Berufungsbehörde ging dabei davon aus, daß all diese Objekte baubewilligungspflichtig seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellungen der Beschwerdeführer abgewiesen. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges und der Bestimmung des § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) aus, daß es sich jeweils um ein Hauptobjekt handle, für welches die Bewilligungspflicht nach der Steiermärkischen Bauordnung von den Beschwerdeführern im Vorstellungsverfahren nicht in Frage gestellt werde. Zusätzlich umfaßten alle Beseitigungsaufträge Nebenanlagen zu diesem Hauptobjekt (Bade- und Laufstege sowie Plattformen, Betonstufenanlagen, eine Pergola sowie einen gemauertern Grillofen). In allen diesen Fällen habe der Sachverständige in seinem bei der mündlichen Verhandlung abgegebenen Gutachten angeführt, daß das jeweilige Objekt als Bauwerk zu bezeichnen sei. Für die Errichtung wie auch für den Zusammenbau seien besondere Fachkenntnisse erforderlich. Weiters sei eine entsprechende Verbindung mit dem Boden Vorbedingung, weil sonst diese Objekte eine Sicherheitsgefährdung ergeben würden. Diese Gutachten seien logisch und den Denkgesetzen entsprechend.

Aus dem Vorbringen der Vorstellung, daß es auch schwimmende Einstieghilfen gäbe, sei nichts zu gewinnen, weil "aus der klaren Bedeutung" des Wortes "Steg" zu ersehen sei, daß es sich hiebei um Wasserbauwerke handle, die eben nicht auf dem Wasser schwimmend ausgeführt seien, sondern bei fachgerechter Ausführung der festen Verbindung mit dem Boden bedürften. Dasselbe habe für die als Laufsteg bzw. Plattform bezeichnete Bauwerke zu gelten, welche ohne Zweifel im Hinblick der sich darauf aufhaltenden und bewegenden Personen gewissen statischen und sicherheitstechnischen Erfordernissen genügen müßten.

Wenn die Vorstellungswerber darauf hinwiesen, daß die Verlegung von Waschbetonplatten keiner Bewilligung bedürfe, so möge dies unter bestimmten Bedingungen im ebenen Gelände zutreffen. Betonstufenanlagen seien aber jedenfalls anders zu beurteilen, liege ihr wesentlicher Zweck doch in der Erleichterung der Überwindung von Höhenunterschieden, welche Tätigkeit sicherlich regelmäßig mit Gefahren für die körperliche Sicherheit der benützenden Personen verbunden sein könne. Überdies habe die Steiermärkische Bauordnung auch Bestimmungen für die Beschaffenheit von Stiegen unabhängig davon festgesetzt, ob sich diese in einem Gebäude oder außerhalb von Gebäuden befänden, um diesem Sicherheitsbedürfnis Rechnung zu tragen (verwiesen wird auf § 25 Abs. 10 BO).

Eine Pergola im Ausmaß von 3 x 3 m, welche nicht kunstgerecht mit dem Boden verbunden sei, könne insbesondere bei Windangriffen eine Sicherheitsgefährdung hervorrufen. Mauerwerke in der Größenordnung des Grillofens müßten schon aufgrund der Größe nach den Regeln der Baukunst ausgeführt werden, wobei im Hinblick auf den Verwendungszweck auf Maßnahmen des Brandschutzes besonders Bedacht zu nehmen sei. Demnach seien die Gutachten jeweils schlüssig.

Dieses von der belangten Behörde zitierte Gutachten hat jeweils folgenden (identen) Wortlaut (wurde gleichlautend in allen beschwerdegegenständlichen Teilverfahren erstattet - die Verwaltungsakten geben Grund zur Annahme, daß es auch in dieser Form in den weiteren, nicht mehr beschwerdegegenständlichen Teilverfahren hinsichtlich anderer Pächter erstattet wurde):

"Gemäß § 57 der Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149/1968 i. d.g.F. bedürfen Bauwerke einer Bewilligung durch die Baubehörde. Für die Feststellung, ob es sich bei dem vorangeführten Objekt um ein Bauwerk handelt, werden die neuesten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes herangezogen.

Mit Erkenntnis vom 15.9.1983, Zl. 83/06/0189/3 hat der Verwaltungsgerichtshof als Bauwerk definiert, daß darunter jede Anlage zu verstehen ist, zu deren Herstelung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht ist und/oder die wegen ihrer Beschaffenheit geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren. Weiters kommt es aber auch nicht darauf an, ob im konkreten Fall die Verbindung mit dem Boden und die kunstgerechte Herstellung tatsächlich gegeben war, sondern darauf, ob sie rechtlich hätte gegeben sein müssen. Das gegenständliche Objekt ist als Bauwerk zu bezeichnen, da die bauliche Konstruktion auch zur Herstellung eines abgeschlossenen Raumes dient. Für die Errichtung und auch für den Zusammenbau sind besondere Fachkenntnisse erforderlich. Weiters ist eine entsprechende Verbindung mit dem Boden Vorbedingung, weil ja sonst dieses Objekt eine Sicherheitsgefährdung ergeben würde.

Von der Bewilligung ausgenommen sind nur die Errichtung kleinerer, ebenerdiger Bauten von untergeordneter Bedeutung, die im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft errichtet werden. Bei dem gegenständlichen Objekt handelt es sich jedoch keinesfalls um einen solchen Bau, weil auf dem gegenständlichen Gelände weder land- noch forstwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird.

Laut § 57 der Stmk. Bauordnung ist auch die über 3 Tage hinausgehende Aufstellung von Fahrzeugen und anderen transportablen Einrichtungen, die zum Aufenthalt oder Nächtigung von Personen geeignet sind, insbesondere Wohnwagen usw. bewilligungspflichtig.

Das gegenständliche Bauwerk ist daher erdbodengleich abzutragen und vom Grundstück zu entfernen."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 70a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO), LGBl. Nr. 149, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 42/1991, sind vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, zu beseitigen. Vorschriftswidrig ist jeder Bau, für den sowohl im Zeitpunkt seiner Errichtung als auch im Zeitpunkt der Auftragserteilung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich war bzw. ist, eine solche aber nicht vorliegt (siehe dazu Hauer, Steiermärkisches Baurecht2, Anmerkung 6 zu § 70a BO und die hiezu zu Nr. 16 und 17 wiedergegebene Judikatur); unstrittig ist, daß es auf diese zeitliche Differenzierung im Beschwerdefall nicht ankommt, sondern vielmehr die Frage der Baubewilligungspflicht an sich maßgeblich ist. Adressat des Bauauftrages ist der Eigentümer der fraglichen baulichen Anlage. Ist ein Pächter eines Grundstückes und nicht der Grundeigentümer Eigentümer des Objektes (Superädifikat - dieser Fall liegt hier vor), ist der Beseitigungsauftrag an ihn zu richten (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1988, Zl. 87/06/0089 = BauSlg. 11.087, oder auch vom 13. Mai 1986, Zl. 85/05/0187, Bauslg. 677, abgedruckt bei Hauer aaO zu Nr. 50 und 51).

Der Sachverständige hat zwar die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff des "Bauwerkes" zutreffend wiedergegeben, seine weiteren Ausführen beziehen sich im Hinblick auf die Formulierung "das gegenständliche Objekt ist als Bauwerk zu bezeichnen, da die bauliche Konstruktion auch zur Herstellung eines abgeschlossenen Raumes dient" sichtlich auf die jeweiligen "Hauptobjekte", weil diese Argumentation - Herstellung eines abgeschlossenen Raumes - schon kaum auf eine Pergola übertragen werden kann (handelt es sich doch dabei nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht um einen "abgeschlossenen Raum"), keinesfalls aber auf Stege mit oder ohne Plattformen, Betonstufen oder einen Grillofen. Die Beschaffenheit der hier streitgegenständlichen Objekte ist lediglich dem Spruch der jeweiligen Berufungsbescheide zu entnehmen, der im wesentlichen der Beschreibung in den jeweiligen Verhandlungsschriften entspricht, die dazu auch nicht mehr enthalten, lediglich bezüglich des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers heißt es beim Badesteg ergänzend:

"(Hohlsteg ca 2,5 x 4 m)". Die betreffenden Beschwerdeführer haben bereits im Berufungsverfahren bemängelt, daß die Baubehörde I. Instanz nicht näher dargelegt habe, weshalb solche "auf dem Wasser liegende Bauwerke" baubewilligungspflichtig seien. In der Vorstellung wird diesbezüglich darauf verwiesen, daß es auch "schwimmende Einstieghilfen" gäbe, und den Bescheiden der Gemeindebehörden nicht zu entnehmen sei, daß diese Anlagen mit dem Boden verbunden seien. Die Beschwerdeführer sind im Recht, sofern sie darauf hinweisen, daß sich diese Frage nicht abschließend aus den Akten beantworten läßt. Soferne die belangte Behörde diesbezüglich ausführt, aus der klaren Bedeutung des Wortes "Steg" sei zu ersehen, daß es sich hiebei um Wasserbauwerke handle, die eben nicht auf dem Wasser schwimmend ausgeführt seien, sondern bei fachgerechter Ausführung der festen Verbindung mit dem Boden bedürften, hindert dies nicht die Annahme, daß diese strittigen Objekte auch - fachgerecht - pontonartig ausgeführt sein könnten. Jedenfalls reicht die wiedergegebene, (knappe) Beschreibung dieser Objekte für eine abschließende Beurteilung dieser Frage durch den Verwaltungsgerichtshof nicht aus.

In diesem Sinne ist auch die Beschreibung der weiteren streitgegenständlichen Objekte noch unzureichend. Zwar indiziert die Formulierung "Betonstufenanlagen" einen deutlichen Unterschied zu Betonplatten, die auf ebenem Grund aufgelegt werden, doch ist aus der Verwendung dieses Wortes (Betonstufenanlagen) die konkrete Beschaffenheit dieser Objekte ebensowenig ausreichend erkennbar, wie die konkrete Beschaffenheit dieser Pergola (zur Bewilligungspflicht einer Pergola nach der Tiroler Bauordnung ziehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1990, Zl. 90/06/0147), oder auch des Grillofens. Zwar verweist die belangte Behörde zu letzterem auf die Brandgefahr, die von einem solchen Ofen ausgehen kann, doch gilt dies letztlich (gleichermaßen?) auch für mobile Gartengriller, wie sie in den verschiedensten Ausführungen im Fachhandel angeboten werden; der Umstand, daß von einem Gegenstand bei ordnungsgemäßer Benützung eine Brandgefahr ausgeht, begründet noch keine Baubewilligungspflicht.

Dadurch, daß die belangte Behörde diese Mängel nicht erkannte (vielmehr davon ausging, daß die Feststellungen der Gemeindebehörden eine abschließende Beurteilung der Sache ermöglichten), belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, deshalb er gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992060258.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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