TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/30 94/06/0024

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Veröffentlicht am 30.06.1994
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
L82256 Garagen Steiermark;

Norm

BauO Stmk 1968 §53 Abs2;
GaragenO Stmk 1979 §10 Abs2;
GaragenO Stmk 1979 §11 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der Elfriede P in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 9. Dezember 1993, Zl. A 17-K-9.710/1993-10, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: X Baugesellschaft m.b.H.), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 4. Mai 1993 wurde der mitbeteiligten Partei die Bewilligung der Planänderung des mit Bescheid vom 14. Jänner 1986 genehmigten Wohnhauses, bestehend in einer Änderung der inneren Raumeinteilung, einem Ausbau des Dachgeschoßes für Wohnzwecke und der Errichtung eines Stiegenaufganges an der Nordseite unter Vorschreibung von Auflagen erteilt; überdies wurde die Errichtung von insgesamt 14 PKW-Abstellplätzen mit Flugdächern und Lärmschutzwänden genehmigt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin und anderer Anrainer wurden abgewiesen. In bezug auf die Beschwerdeführerin, die schon zur mündlichen Verhandlung vom 27. Jänner 1993 ihre schriftlichen Einwendungen (u.a. betreffend die mangelnde brandhemmende Ausführung des Garagenbaues) dargelegt hatte, wurde ausgeführt, es sei richtig, daß Holzbauten gemäß § 53 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung grundsätzlich von anderen Bauten mindestens 10 m, von den Nachbargrenzen mindestens 3 m entfernt sein müßten, bei kleineren, ebenerdigen, unbewohnten Bauten von untergeordneter Bedeutung könnten aber auch geringere Abstände zugelassen werden. Da das aus einer Lärmschutzwand mit Flugdach bestehende Bauwerk zweifellos den vorangeführten untergeordneten Bauten zugerechnet werden könne, sei die im ersten Satz dieser Gesetzesstelle enthaltene Abstandsregelung nicht anwendbar.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin die Berufung ein, in der sie neben anderen Berufungsgründen auch ausführte, daß der Garagenbau nicht brandhemmend ausgeführt sei und daher die erforderlichen Abstände nicht einhalte.

Während des Berufungsverfahrens hat die Konsenswerberin, wie dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist, in ihrer Planparie insofern Änderungen vorgenommen, als über der Beschreibung der Rückwände, die gleichzeitig die Lärmschutzwand darstellen, die Worte "Innen- und Außenblechverkleidung" und hinsichtlich des Daches die Worte "Blechverkleidung innen und außen" handschriftlich eingesetzt wurden. Der Beschwerdeführerin wurden die abgeänderten Pläne zur Kenntnis gebracht, sie führte dazu aus, daß eine brandhemmende Holzwand F 30 nicht ausreichend brandhemmend sei, es sei die Brandwiderstandsklasse F 60 erforderlich. Ein Sachverständiger des Baupolizeiamtes gab in einer Stellungnahme vom 8. Oktober 1993 an, das an der südlichen Nachbargrundgrenze dargestellte Flugdach für 6 PKW sowie das Flugdach an der östlichen Nachbargrundgrenze für 5 PKW sei jeweils im Sinne der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 als offene Kleingarage anzusehen. Gemäß § 11 Abs. 5 leg. cit. seien Decken und Dächer in brandhemmender Bauart bei oberirdischen Kleingaragen zulässig. Bei den an den Nachbargrundgrenzen errichteten Bauteilen handle es sich um Schallschutzkonstruktionen in brandhemmender Ausführung zum Schutze der Nachbarn, ohne jede sonstige konstruktive Bedeutung für die Flugdächer, die auch ohne diese Schallschutz-, Wandkonstruktionen den Bestimmungen der Steiermärkischen Garagenordnung entsprächen. Es könne nicht von einem mangelnden Brandschutz die Rede sein, zumal der § 10 Abs. 2 leg. cit. selbst für Mittel- und Großgaragen bis zu einer Höhe von 22 m über dem tiefsten Geländepunkt unter bestimmten Voraussetzungen, die auch beim gegenständlichen Projekt erfüllt würden, tragende Wände brandhemmender Bauart zulasse. In ihrer Stellungnahme zu diesen Ausführungen brachte die Beschwerdeführerin vor, es sei völlig unwesentlich, was im § 10 Abs. 2 der Garagenordnung normiert sei, maßgebend sei, daß die Ausführung von Kleingaragen mit Holzwänden und Holzstützen noch dazu in nächster Nähe zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin nicht dem § 10 Abs. 1 leg. cit. entspreche.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin und anderer Anrainer gegen den Bescheid des Stadtsenates vom 4. Mai 1993 als unbegründet abgewiesen. Nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde in bezug auf die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, es sei der Beschwerdeführerin Recht zu geben, daß es sich bei der gegenständlichen baulichen Anlage mit einer Länge von 40 m und einer Breite von 2,5 m mit Flugdach nicht um einen unbewohnten Bau von untergeordneter Bedeutung handle, für den Ausnahmen von den Abständen zugelassen seien. Vielmehr müsse diese Holzwand, soferne sie nicht brandhemmend ausgestaltet werde, mindestens 3 m von den Nachbargrundstücken entfernt sein. Aufgrund des Einwandes der Beschwerdeführerin sei der Bauwerber aufgefordert worden, die Lärmschutzwand in brandhemmender Art vorzusehen. Dies sei vom Bewilligungswerber auch durchgeführt und in den Plänen entsprechend korrigiert worden, sodaß nunmehr von einer brandhemmenden Mauer auszugehen sei. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß unter dem Flugdach PKW abgestellt würden, was nicht den Bestimmungen der Garagenordnung entspreche, sei auszuführen, daß bei offenen Kleingaragen eine brandhemmende Holzwand in der Brandwiderstandsklasse F 30 den Bestimmungen der Garagenordnung entspreche.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. In ihrer Gegenschrift hat die belangte Behörde ausgeführt, der Originalverwaltungsakt sei während des Berufungsverfahrens dem Bezirksgericht für ZRS Graz vorgelegt worden, die Behörde habe einen Hilfsakt angelegt und diesem Akt lediglich kopierte Pläne beigelegt. Vom Bauwerber seien die Planänderungen zuerst in den kopierten Plänen und in seinen Originalplänen, die mit einem Genehmigungsvermerk versehen gewesen seien, vorgenommen worden. Nach Einlangen der Originalakte sei die Korrektur auch in den mit dem Sichtvermerk versehenen Plänen eingetragen worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Spruch des angefochtenen Bescheides zufolge wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid ohne Einschränkung abgewiesen. Nun ist zwar der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen, daß während des Berufungsverfahrens das Bauvorhaben insofern modifiziert wurde, als in den Plänen eine Eintragung betreffend die brandhemmende Ausführung der Lärmschutzwände vorgenommen wurde. Abgesehen davon, daß im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides im Originalplan der Baubehörde keine diesbezügliche Eintragung vorgenommen war, ist damit auch ein Widerspruch zwischen Begründung und Spruch gegeben. Im Spruch, der über die Berufung der Beschwerdeführerin abspricht, kommt nicht zum Ausdruck, daß der Berufung der Beschwerdeführerin insofern ein Erfolg beschieden war, als im Berufungsverfahren aufgrund der vorgebrachten Berufungsgründe eine Modifizierung des Bauvorhabens erfolgte. Es hätte aber schon im Spruch des Berufungsbescheides zum Ausdruck gebracht werden müssen, daß das Bauvorhaben aufgrund der Berufung der Beschwerdeführerin abgeändert wurde und sich die erteilte Bewilligung nunmehr auf das geänderte Projekt bezieht. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die Abstandsregelung des § 53 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung sieht für Holzbauten, die nicht brandhemmend ausgestaltet werden, einen Mindestabstand von 3 m zu Nachbargrundstücken vor. Unter brandhemmender Ausführung ist eine Brandwiderstandsfähigkeit des Baustoffes (Bauteiles) zu verstehen, der einem Brandversuch 30 Minuten (= F 30) lang standhält, ohne seine Funktionsfähigkeit zu verlieren. Wird also die Lärmschutzwand in unmittelbarer Nähe der Grundgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin "brandhemmend" (= F 30) ausgestaltet, so entspricht dies grundsätzlich dem Erfordernis des § 53 Abs. 2 BO.

Gemäß § 3 Abs. 11 lit. a der Steiermärkischen Garagenordnung, LGBl. Nr. 27/1979, in der Fassung

LGBl. Nr. 55/1989, sind Garagen mit einer Nutzfläche bis 100 m2 Kleingaragen. Da gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. für offene Mittel- und Großgaragen, deren oberste Abstellplätze nicht mehr als 22 m über dem tiefsten Geländepunkt liegen, sogar unter bestimmten Umständen tragende Wände und Stützen in brandhemmender Bauart aus nicht brennbaren Baustoffen und gemäß § 11 Abs. 5 leg. cit. für oberirdische Kleingaragen als selbständige Gebäude Decken oder Dächer in brandhemmender Bauart zulässig sind, durfte die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen, daß die bauliche Anlage, hinter bzw. unter der Stellplätze errichtet werden, auch den Erfordernissen der Garagenordnung entspricht.

Aus den oben angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid jedoch gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060024.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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