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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des CH in B, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 11. Februar 1994, Senat-AM-94-016, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gegen den Beschwerdeführer wurde von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten zur Zahl 3-10161-91 ein mit 2. Dezember 1993 datiertes Straferkenntnis betreffend vier Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) durch Zustellung am 20. Dezember 1993 erlassen.
Am 4. Jänner 1994 langte bei der Bezirkshauptmannschaft eine Berufung des Beschwerdeführers "gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 2.12.1993" ein, in welcher der Beschwerdeführer bestritt, gegen das AuslBG verstoßen zu haben. In dieser Berufung wurde vom Beschwerdeführer die Aktenzahl des von ihm bekämpften erstinstanzlichen Bescheides nicht angegeben. Noch am 4. Jänner 1994 teilte die Bezirkshauptmannschaft unter Anführung der Zahl 3-10161-91 dem Landesarbeitsamt mit, daß gegen das Straferkenntnis vom 2. Dezember 1993 durch den Beschuldigten fristgerecht Berufung erhoben worden sei; ebenfalls noch am 4. Jänner 1994 legte die Bezirkshauptmannschaft diese Berufung unter Bezugnahme auf die Zahl 3-10161-91 unter Aktenanschluß der belangten Behörde vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Februar 1994 wies die belangte Behörde ohne weitere Verfahrensschritte die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 3 AVG als unzulässig zurück, wobei im Kopf dieser Entscheidung unter der Aktenzahl der belangten Behörde auch die Zahl 3-10161-91 angeführt wurde. Begründend führte die belangte Behörde aus, es wäre zur unverwechselbaren Bezeichnung des erstinstanzlichen Bescheides notwendig gewesen, neben der bescheiderlassenden Behörde und dem Erledigungsdatum auch die Geschäftszahl anzugeben. Mögliche gedankliche Rückschlüsse der Behörde, welchen Bescheid der Berufungswerber anfechten wolle, seien nicht geeignet, diesen Bescheid im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG ausreichend zu bezeichnen. Das Fehlen der konkreten Bezeichnung des Bescheides stelle auch kein bloßes Formgebrechen dar, das einer Verbesserung gemäß § 13 Abs. 3 AVG zugänglich wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet. Diese Bestimmung ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.
Ein Mangel der Bezeichnung des angefochtenen Bescheides führt nur dann zur Zurückweisung der Berufung, wenn infolge dieses Mangels die Behörde nicht erkennen kann, gegen welche ihrer Entscheidungen sich die Berufung wendet (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1981, Zl. 08/0544/80, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Das ist aber hier nicht der Fall. Der Beschwerdeführer hat eindeutig zu erkennen gegeben, daß ihm ein Straferkenntnis einer bestimmten Behörde mit einem bestimmten Datum und einem bestimmten Inhalt zugestellt worden ist; er hat sich gegen dieses Straferkenntnis gewendet und seine Aufhebung beantragt. Die in erster Instanz eingeschrittene Behörde hatte auch offensichtlich nicht die geringsten Schwierigkeiten, festzustellen, welchen ihrer Bescheide der Beschwerdeführer damit bekämpfen wollte. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß es für die Zuordnung der Berufung des Beschwerdeführers zu einem ganz bestimmten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten unzumutbarer "gedanklicher Rückschlüsse" bedurft hätte; es fehlte lediglich die Angabe eines (weiteren) Merkmales dieses Bescheides, um ihn ohne größere Mühewaltung seitens der Behörde ausfindig zu machen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1993, Zl. 92/02/0255). Das dagegen von der belangten Behörde ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1993, Zl. 92/03/0268, betraf demgegenüber einen Fall, in welchem der Berufungswerber, der seine Berufung im Sinne des § 63 Abs. 5 AVG bei der Behörde eingebracht hatte, die über die Berufung zu entscheiden hatte, die Bezeichnung jener Behörde unterlassen hat, gegen deren Bescheid er sich wenden wollte. Eine vergleichbare Sachlage liegt im Beschwerdefall nicht vor.
Die belangte Behörde hat mit ihrer Zurückweisung der vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung die Rechtslage verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Verbesserungsauftrag Ausschluß BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994090055.X00Im RIS seit
20.11.2000