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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder, den Vizepräsidenten Dr. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. September 1991, GZ. 03-12 Ga 93-91/4, betreffend die Versagung einer Widmungsbewilligung (Düngerstätte) (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem Bescheid vom 26. November 1990 hat der Bürgermeister der Marktgemeinde X dem Beschwerdeführer gemäß §§ 2 und 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 die Widmungsbewilligung für das Grundstück Nr. 599, KG W, für die Errichtung einer Düngerstätte erteilt. Gleichzeitig wurde u.a. auch vorgeschrieben, daß die im Gutachten des Distriktsarztes vom 16. Oktober 1990 umschriebenen Auflagen zu erfüllen seien. In diesem Gutachten des Distriktsarztes wurde insbesondere ausgeführt, daß sich - im Vergleich zu einem früher abgelehnten Projekt - der Viehbestand wesentlich verändert habe, die Menge an Festmist habe sich um die Hälfte verringert; als weitere Abgrenzung der Düngerstätte gegen Süden sei eine variable Wand zu errichten; während des Betriebes des Misthaufens sei dieser regelmäßig mit Superphosphat bzw. Kalk zu behandeln, um die Bruthäufigkeit der Mistfliege hintanzuhalten. Der Bürgermeister begründete seinen Bescheid im wesentlichen damit, daß es - entgegen einem diesbezüglichen Vorbringen von Nachbarn - nicht stimme, daß das Projekt schon einmal abgelehnt worden sei, da ein vergleichbares Ansuchen zurückgezogen worden sei. Nach dem Gutachten des zuständigen Distriktsarztes sei auf Grund der technischen Aufarbeitung eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung bzw. Gesundheitsgefährdung nicht zu erwarten. Weiters werde noch festgestellt, daß das gegenständliche Grundstück im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde X als Dorfgebiet ausgewiesen sei. Die Einwendungen der Nachbarn hätten durch das Gutachten des Distriktsarztes entkräftet werden können, da eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung nicht zu erwarten sei.
2. Gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 26. November 1990 erhoben Nachbarn Berufung. Im wesentlichen wurde darin vorgebracht, daß die geplante Düngerstätte von der Baubehörde schon einmal abgelehnt worden sei. Die Vorschreibung, daß der Misthaufen während des Betriebes regelmäßig mit Superphosphat bzw. Kalk zu behandeln sei, sei unvollständig; es bleibe offen, in welchen Zeitabständen wieviel und von wem kontrolliert diese Behandlung erfolgen sollte. Es sei weiters zu fragen, warum das Ausmaß des zu widmenden Teilgrundstückes von ca. 100 m2 beibehalten werde, wenn nur mehr die Hälfte des Mistes anfalle.
Mit dem Bescheid vom 29. Juli 1991 gab der Gemeinderat der Marktgemeinde X den Berufungen Folge und versagte die vom Beschwerdeführer beantragte Widmungsbewilligung für die Errichtung einer Düngerstätte. Der Gemeinderat begründete seinen Bescheid damit, daß über Auftrag der Marktgemeinde X ein (weiteres) medizinisches Gutachten eines diplomierten Umweltschutzarztes bzw. praktischen Arztes eingeholt worden sei. Nach dem (als Begründung des Bescheides wiedergegebenen) Gutachten sei - u.a. ausgehend davon, daß der Abstand zum an der Grundgrenze stehenden, für Wohnzwecke gewidmeten Haus von Nachbarn 3,5 m betrage - mit Geruchsbelästigungen zu rechnen. Sie seien auch bei ordnungsgemäßem Betrieb der Düngerstätte nicht zu verhindern; vor allem in der warmen Jahreszeit würden sie so stark sein, daß sie eine deutliche Belästigung darstellen würden. Erfahrungsgemäß werde auch die zeitliche Grenze von 5 % der Gesamtjahreszeit überschritten, wobei es diesbezüglich belanglos sei, ob die Geruchsbelästigung durchgehend oder auch nur unterbrochen auftrete (bei ununterbrochener Geruchsbelästigung würde dies 18 Tage pro Jahr betragen). Diese Geruchsbelästigung wäre nur durch ordnungsgemäße Kompostierung des Mistes zu verhindern. Für das notwendige Umsetzen der Kompostmiete am beabsichtigten Standort stehe jedoch zu wenig Platz zur Verfügung. Weiters sei mit Belästigungen durch Insekten, Parasiten usw. zu rechnen. Sowohl die Geruchsbelästigungen als auch die letztgenannten Belästigungen könnten auch nicht durch bautechnische oder sonstige Maßnahmen verhindert werden. Es käme zu keiner Gesundheitsgefährdung oder Gesundheitsschädigung. Die zu erwartenden Belästigungen seien aber als unzumutbar zu bezeichnen, weil einerseits der geringe Abstand zum nächsten Wohnhaus (3,5 m) auch für den ländlichen Raum so gering sei, daß die negativen Auswirkungen über das ortsübliche Ausmaß hinausgingen; andererseits würden die Geruchsbelästigungen länger als 5 % der Gesamtjahreszeit andauern. Diese Tatsache erfülle an sich schon das Kriterium einer unzumutbaren Belästigung (vgl. die als Richtlinie geltende "Technische Anleitung Luft", die in der BRD Gesetzescharakter habe). Das an der Grundstücksgrenze stehende Haus der Nachbarn sei, obwohl es derzeit unbewohnt sei, deshalb primär zur Beurteilung heranzuziehen, weil es sich um ein für Wohnzwecke gewidmetes Haus handle und somit die Belästigung auch für allfällige Bewohner zu beurteilen gewesen sei. Darüber hinaus sei jedoch auch das unmittelbar dahinter liegende, von anderen Nachbarn bewohnte Haus nicht weit genug vom Emittenten entfernt bzw. nicht genug abgeschirmt, daß es zu keiner unzumutbaren Belästigung mehr käme. Über die Wiedergabe des Gutachtens und seiner Begründung hinausgehende Begründungsteile enthält der Bescheid - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Belang ist - nicht.
3. Gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde X vom 29. Juli 1991 erhob u.a. der Beschwerdeführer Vorstellung. Seine Vorstellung begründete er - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - im wesentlichen damit, daß die Annahme der zeitlichen Grenze der Geruchsbelästigung von 5 % der Gesamtjahreszeit nicht auf konkreten Messungen, sondern auf subjektiven, zum Teil offensichtlich unwahren Angaben beruhe. Die ebenfalls angenommenen 18 Tage Geruchsbelästigung pro Jahr seien nicht als Fixwert anzusprechen, da die bei Geruchsbelästigungen bedeutsamen vorherrschenden westlichen Windverhältnisse einseitig zugunsten der Anrainer wirkten. Daher könne nicht geschlossen werden, daß die Geruchsbelästigung über das ortsübliche Ausmaß hinausgingen bzw. länger als 5 % der Gesamtjahreszeit dauern würden. Dies werde auch vom Gutachten bestätigt, das in erster Instanz eingeholt worden sei. In diesem medizinischen Gutachten seien auch als Maßnahmen zur Abhilfe gegen Belästigungen durch Insekten und Parasiten eine regelmäßige Behandlung des Misthaufens während des Betriebes mit Superphosphaten bzw. Kalk vorgeschrieben worden, die in Verbindung mit den angeordneten bautechnischen Maßnahmen der Errichtung von ca. 2 m hohen Dichtbetonmauern an der Nord- und Westseite sowie einer variablen Wand an der Südseite eventuell mögliche Geruchsbelästigungen hintanhalten würden. Wegen dieser Maßnahmen könne das ortsübliche Ausmaß an Geruchsbelästigungen im landwirtschaftlichen Dorfgebiet sicher nicht überschritten werden. Wenn dem so wäre, müßten alle Bauernhöfe aus den Dörfern ausgesiedelt werden. Eine Kompostierung des gesamten Rindermistes sei wirtschaftlich nicht vertretbar.
4. Die belangte Behörde hat mit ihrem Bescheid vom 17. September 1991 der Vorstellung des Beschwerdeführers, soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, keine Folge gegeben und die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß die Düngerstätte eine Fläche von 100 m2 umfasse und an drei Seiten von einer 2 m hohen Mauer aus Dichtbeton umschlossen sein werde. Der Abstand zur Grundgrenze eines Nachbarn betrage 3,5 m. Nach dem von der Baubehörde erster Instanz eingeholten medizinischen Gutachten sei das Betreiben dieser Düngerstätte nur unter Einhaltung bestimmter Auflagen möglich; nach dem von der Berufungsbehörde eingeholten medizinischen Gutachten sei ein Betreiben überhaupt nicht möglich, da es für die Nachbarn zu unzumutbaren, das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigungen käme. Die Berufungsbehörde sei dem letztgenannten Gutachten gefolgt, ohne dies näher zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe aber die Baubehörde ein eingeholtes Gutachten, das für eine Entscheidung verwertet werde, grundsätzlich selbständig zu würdigen, wobei die bloße Wiedergabe eines Gutachtens für die gemäß § 37 AVG zu erforschende materielle Wahrheit nicht ausreiche. Darüber hinaus habe sich die Behörde auch mit Einwendungen, die gegen ein Sachverständigengutachten erhoben würden, auseinanderzusetzen. Die Berufungsbehörde habe sich aber mit der Stellungnahme des Beschwerdeführers zum zweiten medizinischen Gutachten nicht auseinandergesetzt. Dennoch sei der Beschwerdeführer dadurch, daß der Gemeinderat ohne Beweiswürdigung ein positives Gutachten verworfen, ein ablehnendes Gutachten aber zur Basis seiner Entscheidung gemacht habe, in seinen Rechten nicht verletzt worden. Es sei nämlich auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Immissionsgrenzwerte bereits an der Grundstücksgrenze nicht überschritten werden dürften und folglich Immissionsmessungen stets an der Grundgrenze der Nachbarn durchzuführen seien und nicht etwa bei einem weiter entfernten Wohnhaus. Die im zweiten medizinischen Gutachten angenommenen Ausmaße der Geruchsbelästigung würden den tatsächlichen Gegebenheiten durchaus entsprechen. Erfahrungsgemäß würden Düngerstätten dieser Größenordnung zu einer nicht vernachlässigbaren Geruchsbelästigung führen, über deren Ausmaße und Auswirkungen ein diplomierter Umweltschutzarzt wissenschaftlich fundierte Aussagen treffen könne. Der Gutachter, der von der Berufungsbehörde beigezogen worden sei, sei mit den örtlichen Verhältnissen durchaus vertraut, da er bereits einem früheren Verfahren als Sachverständiger beigezogen worden sei. Auch das Vorbringen, die Bewilligung könne deshalb nicht versagt werden, weil die gegenständliche Düngerstätte laut medizinischem Gutachten keine Gesundheitsgefährdung oder Gesundheitsschädigung bewirken werde, habe keine Berechtigung, da entsprechend den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen eine Bewilligung zu versagen sei, wenn das ortsübliche Ausmaß der Belästigung überschritten werde. Das ortsübliche Ausmaß sei zwar unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um ein Wohn-, Industrie- oder Dorfgebiet handle. Im Beschwerdefall seien aber die zu erwartenden Immissionen, wie der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt habe, auch für den ländlichen Raum als unzumutbar zu bezeichnen.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer sieht sich in seinem Recht auf rationelle Bewirtschaftung eines Bauerngutes und auf Errichtung der dafür erforderlichen Anlagen verletzt und beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorsvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Als Rechtsgrundlage für die Beurteilung des Beschwerdefalles kommt § 54 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der (im Beschwerdefall maßgeblichen) Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 43/1992, in Betracht. Gemäß § 54 Abs. 1 leg.cit. müssen Stallungen, Düngerstätten, Silos u.dgl. von Straßen und fremden Gebäuden, unbeschadet der sonstigen Abstandsvorschriften, so weit entfernt sein, daß sie für die Straßenbenützer und Bewohner keine das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigungen verursachen. Von Bedeutung ist weiters § 23 Abs. 5 lit. f des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127, in der (im Beschwerdefall maßgeblichen) Fassung der Novelle LGBl. Nr. 41/1991, wonach Dorfgebiete Flächen sind, die vornehmlich für Bauten land- und forstwirtschaftlicher Betriebe in verdichteter Anordnung bestimmt sind, wobei auch Wohngebäude und Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner dienen, errichtet werden können.
2. In der Beschwerde weist der Beschwerdeführer zunächst darauf hin, daß zur Frage der Ortsüblichkeit im Zuge des Verfahrens zwei Sachverständigengutachten eingeholt worden seien. Das in erster Instanz eingeholte Gutachten des Distriktsarztes habe festgestellt, daß auf Grund der technischen Aufarbeitung eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung bzw. eine Gesundheitsgefährdung nicht zu erwarten sei. Hiezu im Widerspruch stünde das vom Gemeinderat eingeholte medizinische Gutachten, wo die Auffassung vertreten werde, daß die Belästigungen über das ortsübliche Ausmaß hinausgingen. Eine Gesundheitsgefährdung sei auch von diesem Gutachten ausgeschlossen worden. Die belangte Behörde habe nun ausschließlich das zweite Gutachten gewürdigt und zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht. Das Erstgutachten sei ohne nähere Begründung unberücksichtigt geblieben. Die belangte Behörde wäre bei vollständiger Erfassung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes verpflichtet gewesen, auch das Erstgutachten zu berücksichtigen. Es wäre Aufgabe der Behörde gewesen, im Falle der Ablehnung der Widmungsbewilligung jene Umstände darzulegen, weshalb die Behörde dieses Gutachten für nicht stichhaltig erachte.
Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, daß von einem rechtswidrigen Vorgehen der belangten Behörde in diesem Punkt schon deshalb nicht ausgegangen werden kann, weil es sich bei der "Äußerung" des Distriktsarztes im Rahmen des Verfahrens erster Instanz um ein mangelhaftes Gutachten handelt, das schon deshalb für die Beurteilung des Beschwerdefalles keine geeignete Basis darstellt. Als Ausgangspunkt für die Bewertung, daß keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung zu erwarten sei, wurde nämlich vom Gutachter die Tatsache gewählt, daß sich im Vergleich zu früher der Viehbestand wesentlich geändert habe, sodaß sich die Menge an Festmist um die Hälfte verringern würde. Entscheidend für die Beurteilung des Projektes ist jedoch nicht ein faktischer, sondern jener Viehbestand, auf den die Kapazitäten der geplanten Düngerstätte im Vollbetrieb ausgerichtet worden ist. Zu Unrecht geht demnach die Äußerung des Distriktsarztes von einer um die Hälfte reduzierten Kapazität der Düngerstätte aus; eine entsprechende Modifikation des Antrages wurde nämlich nicht vorgenommen. Die "Äußerung" des Distriktsarztes ist demnach, da sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, ohne praktische Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1966, Zl. 1631/64). Hingegen kann das vom Gemeinderat eingeholte medizinische Gutachten vom 10. April 1991 als ein den Erfordernissen entsprechendes Gutachten eingeordnet werden. Es enthält die gebotene Befundaufnahme und die sachverständige Schlußfolgerung. Bei diesem Sachverhalt kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß einander widersprechende Gutachten vorliegen. Aus dieser Sicht kann daher dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit nicht angelastet werden.
3. Der Beschwerdeführer bringt weiters - auf das Wesentliche zusammengefaßt - vor, daß der angefochtene Bescheid auch inhaltlich verfehlt sei, weil eine völlig unzutreffende Interpretation des Begriffes der "Ortsüblichkeit" vorgenommen worden sei. Es sei auf § 364 a ABGB zurückzugreifen. Immissionen seien ortsüblich, wenn der größere Teil der als "Ort" anzusehenden Gebietsfläche von diesen Immissionen betroffen sei. Der landwirtschaftliche Betrieb und die geplante Düngerstätte befänden sich nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde im sogenannten Dorfgebiet. Schon aus der Definition des Gesetzes ergebe sich, daß in diesem Bereich in erster Linie bäuerliche Betriebe mit ihren Wirtschaftsgebäuden und den dazugehörigen Anlagen angesiedelt seien. Es sei daher davon auszugehen, daß es innerhalb dieses Dorfgebietes auch eine Reihe anderer Stallungen und Düngerstätten mit entsprechenden Immissionen gäbe, sodaß angenommen werden könne, daß zweifellos der größere Teil des Dorfgebietes mit Immissionen aus Düngerstätten und Stallungen belastet sei. Die daraus resultierenden Immissionen seien zweifellos ortsüblich. Die Flächenwidmungspläne würden durch die Ausweisung von Dorfgebieten darauf Rücksicht nehmen, indem sie diese Flächen für die bäuerlichen Lebens- und Bewirtschaftungsformen reservieren würden. Wer sich dort ansiedle, müsse daher auch von vornherein mit derartigen Immissionen rechnen.
Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Ihm ist zwar zuzustimmen, daß bei der Beurteilung der Frage, ob gemäß § 54 Abs. 1 Steiermärkische Bauordnung 1968 durch die geplante Düngerstätte für die Nachbarn das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen verursacht werden, primär auf die vorhandene Flächenwidmung abzustellen ist (vgl. dazu Hauer, Steiermärkisches Baurecht, 2. Aufl., S. 146, Anm. 2 zu § 54).
Zu Recht weist er auch darauf hin, daß dem Grunde nach kein Zweifel bestehen kann, daß Düngerstätten im Dorfgebiet zulässig sind, handelt es sich doch dabei um eine Widmungskategorie, die vornehmlich für Bauten land- und forstwirtschaftlicher Betriebe in verdichteter Anordnung bestimmt ist. Soweit der Beschwerdeführer jedoch die Auffassung vertritt, im Dorfgebiet müsse jeder und überall mit Immissionen aus Düngerstätten rechnen, ist ihm zu entgegnen, daß auch im Dorfgebiet gemäß § 54 Steiermärkische Bauordnung 1968 entsprechende Abstände u. a. zu Wohnhäusern einzuhalten sind. Die vor diesem Hintergrund von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung stößt demnach auf keine Bedenken. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nämlich der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausging, daß - auf der Basis des vom Gemeinderat eingeholten medizinischen Gutachtens - durch die Düngerstätte eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Geruchsbelästigung für die Nachbarn zu erwarten ist. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, daß die zu erwartende Geruchsbelästigung selbst für den "ländlichen Raum", bezogen auf die Dimension der Düngerstätte und den vorgesehenen Abstand zum nächsten Wohnhaus an der Grundgrenze (3,5 m) über das ortsübliche Ausmaß hinausgeht. Dem ist der Beschwerdeführer - was geboten gewesen wäre - nicht auf gleichem fachlichen Niveau entgegengetreten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1978, Zl. 1353/78). Der Beschwerdeführer hat seine Bedenken in der Vorstellung gegen das Gutachten, das vom Gemeinderat eingeholt worden ist, vielmehr auf die "Äußerung" des Distriktsarztes gestützt. Im Hinblick darauf konnte auch eine weitere Auseinandersetzung mit diesen Einwendungen unterbleiben.
Es kann demnach eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch aus dieser Sicht nicht angenommen werden.
4. Aus den sich aus 2. und 3. ergebenden Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Anforderung an ein Gutachten Gutachten rechtliche Beurteilung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991060182.X00Im RIS seit
20.11.2000