TE Vwgh Erkenntnis 1994/7/4 94/19/0369

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Veröffentlicht am 04.07.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §11;
AsylG 1991 §14 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §37;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Mai 1993, Zl. 4.332.001/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, der am 15. Februar 1992 in das Bundesgebiet einreiste und am 17. Februar 1992 einen Asylantrag stellte, hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. März 1992 - mit dem festgestellt worden war, daß bei ihm die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen - am 24. März 1992 mit Berufung bekämpft.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 22. Mai 1993 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (bzw. auch "unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger/mangelhafter Tatsachenfeststellung") und "unrichtiger rechtlicher Beurteilung" (gemeint wohl: Rechtswidrigkeit seines Inhaltes) erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 20. Februar 1992 hinsichtlich seiner Fluchtgründe im wesentlichen angegeben, er sei ein kaldäisch-katholischer Christ und gehöre zur assyrischen Minderheit im Iran; einer politischen Organisation habe er nicht angehört. Als Mitglied der genannten Minderheit habe man im Iran Probleme. Da die Minderheit im Iran als "unrein und schmutzig gelte", sei der Beschwerdeführer während seines Militärdienstes immer von Moslems getrennt worden. Religiöse Feste könnten nur sehr bedingt gefeiert werden; die Revolutionswächter würden diese nämlich bei jeder Gelegenheit behindern. Der Beschwerdeführer habe das Neujahrsfest 1990/91 zu Hause mit seiner Familie gefeiert. Plötzlich seien Revolutionswächter erschienen, hätten diese Feier beendet und alle Personen "auf die Wache mitgenommen"; dort seien alle verhört und ermahnt worden, nie wieder eine derartige Feier abzuhalten, da islamische Vorschriften verletzt würden. Dem Beschwerdeführer seien überdies Schläge angedroht worden. Nach seiner Anhaltung in der Dauer einer Woche, sei er wieder freigelassen worden. Er habe nach der Beendigung seines Militärdienstes keine geregelte Arbeit finden können; er habe sich mit musikalischen Gelegenheitsdarbietungen bei Feiern "über Wasser gehalten". Aufgrund dieser Zustände habe er sich entschlossen, zu Verwandten in die USA auszuwandern; in den Iran wolle er keinesfalls zurückkehren, weil er dort mit größeren Problemen zu rechnen hätte.

In seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung hat der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe auch neues (in erster Instanz bislang nicht vorgebrachtes) Tatsachenvorbringen erstattet.

Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch mit diesem neuen Berufungsvorbringen auseinandergesetzt und dieses im Rahmen der Beweiswürdigung für unglaubwürdig erachtet. Dabei hat sie jedoch übersehen, daß ihre Entscheidung gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 - dieses Gesetz hatte die belangte Behörde im Hinblick auf die am 24. März 1992 fristgerecht erhobene Berufung und das demnach am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängige Verfahren gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. im vorliegenden Fall anzuwenden - (lediglich) das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen hatte. Dadurch, daß die belangte Behörde dessen ungeachtet auch das in der Berufung erstattete neue Tatsachenvorbringen gewürdigt hat, wurde der Beschwerdeführer aber nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. März 1994, Zl. 94/01/0072). Insoweit sich der Beschwerdeführer von den Ergebnissen des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens entfernt und sich in der Beschwerde auf sein erst in der Berufung erstattetes Tatsachenvorbringen bezieht, braucht auf diese Beschwerdeausführungen demnach nicht weiter eingegangen zu werden.

Der Beschwerdeführer gesteht selbst zu, daß er zunächst weder in Österreich zu bleiben, noch sich anläßlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung "als Asylwerber zu präsentieren" getrachtet habe. Erst aufgrund seines gescheiterten Versuches in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, habe er "beschlossen als Flüchtling in Österreich zu bleiben". Diese bloß inneren, bislang aber nach außen in keiner Weise in Erscheinung getretenen und überdies auch unerheblichen Gründe, die nach den erstmals in der Beschwerde dargelegten Ausführungen den Beschwerdeführer bewogen haben sollen, seine Fluchtgründe in erster Instanz nur unvollständig bzw. nicht ausreichend darzulegen, können jedoch weder der ermittlenden Behörde als Verfahrensfehler angelastet werden, noch durfte der Beschwerdeführer aus dieser nun ins Treffen geführte Willensentscheidung für sich das Recht ableiten, in erster Instanz verabsäumtes Sachvorbringen in seiner Berufung nachzuholen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 94/19/1062).

Den (maßgeblichen) erstinstanzlichen Angaben des Beschwerdeführers sind aber lediglich solche Benachteiligungen zu entnehmen, mit denen entweder alle Angehörigen der assyrischen Minderheit bzw. die kaldäisch-katholischen Christen im Iran konfrontiert sind. Soweit der Beschwerdeführer konkret gegen ihn gerichtet gewesene Maßnahmen darlegte, haben diese nicht eine derartige Intensität erreicht, daß deshalb ein weiterer Verbleib des Beschwerdeführers in seinem Heimatland als unerträglich angesehen werden müßte (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/01/1024, und vom 10. März 1994, Zl. 94/19/0806). Ebenso können seine Schwierigkeiten, eine geregelte Arbeit zu finden, nicht als eine asylrechtlich relevante Verfolgung angesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 91/01/0203).

Bei diesem Ergebnis kann aber der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die erstinstanzlichen Angaben des Beschwerdeführer als nicht ausreichend erachtete, um seine Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 anerkennen zu können. Auf die hinsichtlich der Verfassungsrechtslage im Iran erstatteten Beschwerdeausführungen braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesonders deren Art. III.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190369.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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