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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Blaschek und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftührers Mag. Lammer, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Oktober 1993, Zl. 4.340.143/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Oktober 1993 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. August 1992 der Antrag des Beschwerdeführers - eines türkischen Staatsangehörigen, der am 8. Juli 1992 in das Bundesgebiet eingereist und am 24. Juli 1992 einen schriftlichen Asylantrag gestellt hatte - gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers in seinem schriftlichen Asylantrag vom 24. Juli 1992 aus, nach denen er sich, nachdem er aus seinem Heimatland unter Zuhilfenahme von "Schleppern" kommend cirka 5 Monate in Rumänien aufgehalten habe, bevor er in das Bundesgebiet weitergereist sei, und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256) auf die gemäß § 43 Abs. 2 verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt wurde.
Der Beschwerdeführer wendet sich jedoch gegen die Annahme der belangten Behörde, daß Rumänien, das der Genfer Flüchtlingskonvention mit Erklärung vom 7. August 1991 nach Variante b des Art 1 Abschnitt B der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten ist, seinen sich aus dieser ergebenden Verpflichtungen im Zeitpunkt seines dortigen Aufenthaltes auch nachgekommen sei. Es komme nicht darauf an, wozu ein anderer Staat sich aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet habe, sondern darauf, wie die Praxis tatsächlich aussehe. Es lägen keinerlei Ermittlungsergebnisse hierüber vor, die Handhabung des Asylverfahrens in Rumänien sei auch keineswegs notorisch, zumal Rumänien bis vor kurzem ein totalitärer Staat gewesen sei und daher nicht von vornherein angenommen werden könne, daß sich die bei den dortigen Behörden seinerzeit herrschende totalitäre Denk- und Handlungsweise geändert habe und rechtsstaatlichen Standards entspreche. Hinzu komme, daß sich in Rumänien viele Mitglieder der türkischen Geheimpolizei aufhielten, die auf der Suche nach kurdischen Flüchtlingen seien und zu diesem Zwecke mit der Securitate eng zusammenarbeiteten. Dies sei auch der Grund gewesen, warum der Beschwerdeführer in Rumänien keinen Asylantrag habe stellen können, weil er dann mit Recht hätte befürchten müssen, zumindest in sein Heimatland abgeschoben zu werden.
Bereits in seinem schriftlichen Asylantrag hatte der Beschwerdeführer behauptet, er habe "in Rumänien keine Gelegenheit" gehabt, "um Asylgewährung anzusuchen".
Würde diese Behauptung zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer, bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt seines Aufenthaltes in diesem Land (vgl. unter anderem auch das hg. Erkenntnis vom 27. April 1994, Zl. 94/01/0074 und die dort angegebene Judikatur), bereits in Rumänien vor Verfolgung sicher gewesen sei. Der Beschwerdeführer hat zwar konkrete Behauptungen zur Bestreitung der von der belangten Behörde angenommenen Verfolgungssicherheit erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm - wie er mit Recht rügt - im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses - konkretisierte bzw. ergänzte - Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit aber hat der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.
Da sohin Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG gegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994. An "Barauslagen" konnte allerdings nur ein Betrag von S 300,-- an Bundesstempelmarken (je S 120,-- für die Beschwerdeausfertigungen, S 60,-- für die Bescheidkopie) zuerkannt werden.
Schlagworte
Parteiengehör AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994200064.X00Im RIS seit
27.11.2000