TE Vwgh Erkenntnis 1994/7/6 94/20/0029

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Veröffentlicht am 06.07.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art33;
FlKonv Art43;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke, als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. November 1993, Zl. 4.329.562/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Bangladesh, der am 27. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Februar 1992 ab und versagte die Gewährung von Asyl.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung und damit die Versagung von Asyl, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, ausschließlich darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes in Rumänien bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Gewährung von Asyl ausgeschlossen sei. Dem hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde unter Vorlage einer Stellungnahme des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge vom 15. April 1994 insbesondere entgegengehalten, Rumänien sei erst seit 7. August 1991 - somit erst zweieinhalb Monate bevor er sich dort aufgehalten habe - Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention. Der Stellungnahme des Hochkommissars für die Flüchtlinge sei zu entnehmen, daß es bis heute in Rumänien "lediglich rudimentäre innerstaatliche Asylverfahrensvorschriften auf der Stufe unterhalb von Gesetzen, die keinen qualitativen Rechtsschutz für Flüchtlinge garantieren" gebe. "Obschon im Ansatz Asylbehörden eingerichtet wurden, nehmen diese in vielen Fällen Asylanträge nicht entgegen. Andernfalls werden die Anträge häufig meritorisch nicht entschieden. Es ist auch festzustellen, daß in der Vergangenheit das Refoulement-Verbot verletzt wurde, indem Flüchtlinge i. S. der Genfer Flüchtlingskonvention in unsichere Drittstaaten oder sogar in ihre Heimatstaaten abgeschoben wurden". Auch in Ungarn sei er vor Verfolgung nicht sicher gewesen, weil dieser Staat die Flüchtlingskonvention mit dem Vorbehalt unterfertigt habe, daß diese auf außereuropäische Flüchtlinge nicht anzuwenden sei.

Mit diesen Ausführungen bringt der Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht Behauptungen vor, bei deren Zutreffen aber nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein könnte, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - nichts dafür spreche, daß Rumänien die sich aus seiner Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige.

Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptungen erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit geboten, zur Frage der Verfolgungssicherheit Stellung zu nehmen, weshalb seine Rüge, es lägen in dieser Hinsicht Verfahrensverletzungen vor, berechtigt ist. Daraus ergibt sich weiters, daß der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nicht dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt.

Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid ohne Vorliegen von - unter dem Blickwinkel der Beschwerdeausführungen - entsprechenden Ergebnissen eines untere Wahrung des Parteiengehörs durchgeführten Ermittlungsverfahrens erlassen hat, diesen mit Verfahrensmängeln belastet.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994200029.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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