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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §44a Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 16. Juni 1992, Zl. 12/13-2/1992, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 22. Oktober 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe trotz der behördlichen Aufforderung vom 24. Juni 1991 als verantwortlicher Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges keine ausreichende Auskunft darüber erteilt, wer das Kraftfahrzeug am 3. April 1991 um
23.30 Uhr an einem näher bezeichneten Ort gelenkt habe. Er habe dadurch eine Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen, weshalb gegen ihn "gemäß § 134 leg. cit." eine Geldstrafe von S 6.500,-- verhängt wurde. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juni 1992 wurde der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und der Antrag gestellt wird, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem Grundlage der Lenkererhebung bildenden Vorfall vom 3. April 1991 (Geschwindigkeitsüberschreitung) pflegte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land Erhebungen darüber, wer Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kraftfahrzeuges sei. Es wurde ihr von der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel als Zulassungsbesitzerin die "Fa. M GesmbH" mitgeteilt. Dementsprechend richtete die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ihre Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 an die "Firma M GesmbH". Diese Aufforderung wurde dem genannten Unternehmen am 26. Juni 1991 zugestellt. Die von den Beschwerdevertretern verfaßte Lenkerauskunft vom 12. Juli 1991, bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingelangt am 15. Juli 1991, nannte einen (türkischen) Lenker, "wohnhaft in Alacam/Türkei". Die Erstbehörde ging in ihrem Straferkenntnis vom 22. Oktober 1991 davon aus, daß der nunmehrige Beschwerdeführer "als verantwortlicher Zulassungsbesitzer" keine Auskunft darüber erteilt habe, wer das genannte Kraftfahrzeug am Tatort und zum Tatzeitpunkt gelenkt habe, und bestrafte ihn wie eingangs erwähnt. Die belangte Behörde billigte dieses Straferkenntnis im angefochtenen Bescheid und führte ergänzend aus, daß "der Berufungswerber" wohl eine Lenkerbekanntgabe erstattet habe, diese jedoch verspätet sei und keine vollständige Anschrift des Lenkers beinhalte.
Der Beschwerdeführer wendet demgegenüber insbesondere ein, daß er weder Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden Fahrzeuges noch Adressat der Aufforderung vom 24. Juni 1991 gewesen sei; die Annahme, der Beschwerdeführer selbst wäre Zulassungsbesitzer, sei aktenwidrig. Er bestreite auch, hinsichtlich der "Firma M GesmbH" zur Vertretung nach außen berufen zu sein.
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer nicht Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges ist. Schon deshalb ist der angefochtene Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer bestraft wurde, inhaltlich rechtswidrig.
Soweit die belangte Behörde - in ihrer Gegenschrift - darauf hinweist, der Beschwerdeführer sei das nach außen zur Vertretung befugte Organ der Zulassungsbesitzerin
"M Ges.m.b.H.", hat sie, sollte diese Tatsache zutreffen, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit insofern belastet, als im Spruch des von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses der ersten Instanz das wesentliche Tatbestandsmerkmal fehlt, daß der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Gesellschaft die ihm zur Last gelegte Übertretung zu verantworten hat. Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu bezeichnen, wozu jene Tatmerkmale gehören, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind. Das gilt, soweit die Strafbarkeit das Vorliegen bestimmter, in der Person des Täters gelegener besonderer Merkmale voraussetzt, insbesondere auch hinsichtlich dieser Merkmale. Damit muß in der Tatumschreibung des Bescheidspruches aber auch zum Ausdruck kommen, ob der Beschwerdeführer die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen (oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit) strafrechtlich Verantwortlicher begangen hat (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch4, 757, und die dort angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Mit dem Hinweis der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, der Beschwerdeführer habe diesen Umstand in seiner Berufung nicht gerügt, verkennt sie, daß der der Erstbehörde allenfalls unterlaufene Verstoß gegen § 44 a Z. 1 VStG von Amts wegen wahrzunehmen gewesen wäre.
Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verantwortlichkeit (VStG §9) zur Vertretung berufenes OrganEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992030179.X00Im RIS seit
20.11.2000