TE Vwgh Erkenntnis 1994/7/12 94/03/0055

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Veröffentlicht am 12.07.1994
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des K in I, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 16. Dezember 1993, Zl. 12/123-1/1993, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdefüdhrer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 bestraft, weil er am 25. April 1993 um

18.49 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Motorrad auf der B 182 in Matrei am Brenner, auf Höhe der Sparkasse Matrei, in Richtung Norden, mehrere Male vom Straßenrand weg in Richtung Fahrbahnmitte und wieder zurück gelenkt habe und somit nicht so weit rechts gefahren sei, als dies möglich und zumutbar gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer brachte in seiner - gemäß § 51 Abs. 3 VStG mündlich eingebrachten - Berufung vor, daß sich zur Tatzeit mehrere Fußgänger auf dem Gehsteig befunden hätten. Er habe sich neulich den Tatort angesehen, es befänden sich "im do. Bereich" zwei Kanaldeckel. Aus diesen Gründen habe er etwas in Richtung Fahrbahnmitte ausweichen müssen. Es sei ihm nicht möglich und zumutbar gewesen, weiter rechts zu fahren.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag der Auffassung der belangten Behörde, daß es sich bei diesem Vorbringen mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer zuvor im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens angegeben habe, er könne sich an den Vorfall nicht mehr erinnern, um "reine Schutzbehauptungen" handle, nicht beizutreten, betrifft doch die Frage, ob sich im Bereich des Tatortes Kanaldeckel befinden und ob deren Befahren einem Motorradlenker zugemutet werden kann, einen von der subjektiven Erinnerung des Beschwerdeführers unabhängigen objektiven Umstand. Mag der Beschwerdeführer zu diesem Thema auch keinen formellen Beweisantrag gestellt haben, so hätte es der in § 25 Abs. 2 VStG hervorgehobene Grundsatz der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit doch erfordert, zu den hinreichend konkretisierten Behauptungen des Beschwerdeführers die in Betracht kommenden, der Sachlage nach keineswegs aufwendigen Beweisaufnahmen, etwa einen Augenschein, vorzunehmen. Soweit sich die belangte Behörde in der Gegenschrift auf eine Stellungnahme des Gendarmeriepostens Fulpmes beruft (wonach die B 182 an der angeführten Stelle keine Unebenheiten aufweise und am Straßenrand keine Personen "oder Dinge" gewesen seien, die den Lenker behindert hätten), ist ihr entgegenzuhalten, daß - da auch das Vorbringen des Beschwerdeführers in sich schlüssig ist - nach der

hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 26. Juni 1978, Slg. Nr. 9602/A) der Meldungsleger über seine Wahrnehmungen ALS ZEUGE zu vernehmen gewesen wäre.

Da die belangte Behörde somit Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994030055.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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