TE Vwgh Erkenntnis 1994/7/21 94/18/0345

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Veröffentlicht am 21.07.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991;
AVG §46;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 2. März 1994, Zl. Fr 191/94, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 2. März 1994 wurde gemäß § 54 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Zaire gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.

Zur Begründung führte die belangte Behörde

- zusammengefaßt - aus, daß sie den vom Beschwerdeführer anläßlich seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 11. Jänner 1994 im Beisein eines Dolmetschers gemachten Angaben, auf die er sich in seinem Antrag nach § 54 FrG bezogen habe, ein größeres Gewicht beimesse als späteren ergänzenden Vorbringen. Da das Erstvorbringen - im Anschluß an die Beurteilung durch die Asylbehörde - als nicht glaubwürdig, da in mehrfacher Hinsicht nicht nachvollziehbar, zu qualifizieren sei, habe die belangte Behörde keine stichhaltigen Gründe für eine Bedrohung nach § 37 Abs. 1 oder 2 FrG finden können.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grund aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat auf Antrag eines Fremden die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 bedroht ist.

Zufolge § 37 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Nach § 37 Abs. 2 FrG ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

2.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, sie habe die Durchführung eines Beweisverfahrens "verweigert" und sich ausschließlich auf die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes gestützt.

2.2. Dieser Vorwurf ist unzutreffend. Der belangten Behörde war es im Hinblick auf den im § 46 AVG verankerten Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel nicht verwehrt, die Ergebnisse des den Beschwerdeführer betreffenden Asylverfahrens zu berücksichtigen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1994, Zl. 94/18/0256). Angesichts der ausdrücklichen Bezugnahme des Beschwerdeführers auf die von ihm am 11. Jänner 1994 vor dem Bundesasylamt gemachten Angaben zur Begründung seines Feststellungsantrages nach § 54 FrG und der ausführlichen Würdigung dieser Angaben durch die Asylbehörde, war eine (weitgehende) Bedachtnahme auf die Ergebnisse des asylbehördlichen Ermittlungsverfahrens vielmehr naheliegend. Daß sich die belangte Behörde an die im Asylverfahren ergangene Entscheidung gebunden erachtet hätte, wird selbst in der Beschwerde nicht behauptet.

3. Die vom Beschwerdeführer in mehrfacher Hinsicht geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor: Daß die belangte Behörde (behauptetermaßen) vom Beschwerdeführer zur Aufklärung von "Fragwürdigkeiten" im Rahmen seiner Aussage vom 11. Jänner 1994 gegebene Antworten übersehen oder außer acht gelassen habe, ist ebenso wenig eine Aktenwidrigkeit wie die (angebliche) "Unterstellung unwahrer Angaben" seitens der belangten Behörde.

4.1. Wesentliches Anliegen der Beschwerde ist es, die Beweiswürdigung zu erschüttern. Dazu wird darauf hingewiesen, daß sich die belangte Behörde nicht näher begründeter Leerformeln, wonach etwas "nicht logisch erklärbar" oder "nicht nachvollziehbar" sei, bedient habe. Unschlüssig sei die Auffassung der belangten Behörde, daß es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sei, "Fragwürdigkeiten durch klare Antworten zu beseitigen"; entgegen dieser inhaltsleeren Aussage, habe der Beschwerdeführer auf die Fragestellung eingehende Antworten gegeben, die außer acht gelassen worden seien. Verschiedene Fragen an den Beschwerdeführer seien darauf ausgerichtet gewesen, etwas zu erklären bzw. Tatsachen wissen zu müssen, die er - mangels "Fähigkeit des Gedankenlesens oder anderer hellseherischer Eigenschaften" - nicht wissen könne (so insbesondere, weshalb er vom Geheimdienst Mobutus "nach einem Verstoß gegen die auferlegten Bedingungen" nicht festgenommen worden sei).

4.2. Im Gegensatz zur Beschwerde vermag der Gerichtshof die Beweiswürdigung der belangten Behörde - im Rahmen der ihm insoweit obliegenden eingeschränkten Prüfung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) - nicht als rechtswidrig zu erkennen. Im bekämpften Bescheid wird unter Bezugnahme auf die vom Beschwerdeführer der Asylbehörde gegenüber am 11. Jänner 1994 gemachten Angaben, auf die er sich in seinem Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung berufen hat, in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise auf Ungereimtheiten in der Darstellung des Geschehensablaufes, der den Beschwerdeführer zum Verlassen seines Heimatlandes veranlaßt hatte, hingewiesen. Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, daß sie diesen ersten Angaben (erheblich) größeres Gewicht beigemessen hat als späteren ergänzenden Ausführungen des Beschwerdeführers, zumal dann, wenn man bedenkt, daß der Beschwerdeführer diese Angaben unbestritten als wesentlich für die Begründung seines auf § 54 FrG gestützen Feststellungsantrages angesehen hat und überdies ins Kalkül zieht, daß auch sein ergänzendes Vorbringen (wiedergegeben auf Seite 6 des angefochtenen Bescheides) nicht geeignet war, die Unschlüssigkeit seiner Erstangaben zu beseitigen. So ist es dem Beschwerdeführer weder mit seiner ergänzenden Darstellung noch mit seiner Behauptung in der Beschwerde, er habe im Rahmen seiner Vernehmung am 11. Jänner 1994 auf Fragen sehr wohl konkrete Antworten gegeben, gelungen, nachvollziehbar darzulegen, weshalb es ihm als einem den Behörden bekannten Funktionär der Oppositionspartei PDSC nach seiner kurzzeitigen Inhaftierung trotz Nichterfüllung der für seine Freilassung gestellten Bedingungen weiter mehrere Monate möglich war, unbehelligt von dem ihn angeblich verfolgenden Geheimdienst Mobutus aktiv für die Opposition tätig zu sein (durch die Verbreitung von Propagandamaterial und Organisieren einer weiteren Demonstration).

Die Bewertung dieses Geschehensablaufes als "nicht logisch erklärbar" und der daraus abgeleitete Schluß auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich der eine Gefährdungs- und/oder Bedrohungssituation i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG für seine Person behauptenden Angaben begegnet, da nicht gegen die Denkgesetze verstoßend, keinen Bedenken.

5. Da der Beschwerde nicht entnommen werden kann, welche "konkrete Antworten" der Beschwerdeführer im Rahmen der Vernehmung am 11. Jänner 1994 gegeben habe, die von der belangten Behörde zu berücksichtigen gewesen wären, somit die Relevanz der behaupteten Unvollständigkeit der Beweiswürdigung nicht dargetan wurde, entbehren die geltend gemachten Verfahrensrügen insgesamt der Wesentlichkeit.

6. Da nach dem Gesagten der Beschwerdeführer nicht zumindest glaubhaft gemacht hat, daß ihm im Fall seiner Abschiebung nach Zaire dort die in § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG genannten Gefahren drohten, und bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Grundsatz der Unbeschränktheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180345.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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