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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 lita;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):94/18/0360Betreff
Der VwGH hat über den Antrag des I, derzeit Justizanstalt Suben, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den VwGH gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. April 1994, Zl. St 137/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes und Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz und 2. in der Beschwerdesache derselben Partei gegen den eben genannten Bescheid, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
I.
1. Dem Beschwerdevorbringen zufolge war der angefochtene Becheid dem Beschwerdeführer (z.H. seines Rechtsvertreters) am 21. April 1994 zugestellt worden. Die vorliegende Beschwerde wurde am 16. Juni 1994, somit nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist des § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG, zu Post gegeben.
2. Der Beschwerdeführer begründete seinen Wiedereinsetzungsantrag wie folgt: Sein Vertreter habe am 21. April 1994 eine ganztägige auswärtige Verhandlung vorzunehmen gehabt. Nach seiner Rückkehr in die Kanzlei am Abend dieses Tages habe er hinsichtlich der Frist zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof selbst den Termin im Terminkalender vorgemerkt; dabei sei er durch ein dringendes Telefonat gestört worden. So sei es passiert, daß als Frist für die Beschwerdeeinbringung nicht richtig der 3. Juni 1994, sondern unrichtig der 6. Juni 1994 eingetragen worden sei. Auf diesen Fehler sei sein Vertreter am 6. Juni 1994 aufmerksam geworden. Das Versehen des Vertreters stelle für den Beschwerdeführer ein unabwendbares Ereignis dar, das ihn ohne sein Verschulden an der Wahrung der Frist gehindert habe. Sein Vertreter sei seit 1. September 1981 im Rechtsanwaltsberuf tätig, ohne daß ihm jemals ein derartiger Fehler unterlaufen sei.
II.
1. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0003 mwN).
2. Auf dem Boden dieser Rechtslage ist das Vorbringen in dem - rechtzeitig gestellten - Wiedereinsetzungsantrag nicht geeignet, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzutun. Dafür, daß der Rechtsanwalt als Ende der Beschwerdefrist den 6. Juni 1994 anstatt richtig den 3. Juni 1994 in den Terminkalender eingetragen hat, war nicht, wie im Wiedereinsetzungsantrag behauptet, die Störung durch ein dringendes Telefongespräch ursächlich. Vielmehr war die unrichtige Eintragung darauf zurückzuführen, daß der Rechtsanwalt der Fristberechnung nicht die gebührende Beachtung geschenkt hat. Die im gegebenen Zusammenhang - noch dazu bei Anlegung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengen Maßstabes - erforderliche und zumutbare Sorgfalt hätte es notwendig gemacht, nach Beendigung des Telefonates die Berechnung der Beschwerdefrist neuerlich vorzunehmen bzw. das allenfalls schon vor Beginn des Telefongespräches berechnete Fristende einer Überprüfung zu unterziehen und erst dann den letzten Tag der Beschwerdefrist in den Terminkalender einzutragen. Das Außerachtlassen der bezeichneten Sorgfalt aber ist als ein den Grad des minderen Versehens überschreitendes Verschulden des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers und damit des Beschwerdeführers selbst zu werten.
3. Da somit eine wesentliche Voraussetzung des § 46 Abs. 1 VwGG nicht erfüllt ist, war dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag der Erfolg zu versagen.
III.
1. Da die Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. April 1994 nach Ablauf der hiefür nach § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG maßgebenden Frist erhoben wurde, erweist sich die Beschwerde als verspätet. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Beschwerdefrist ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
2. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über das Begehren, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180359.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
25.11.2010