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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. März 1994, Zl. Fr 467/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 10. März 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen irakischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz (FrG) die Ausweisung verfügt.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 12. November 1992 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist. Er sei weder in Besitz eines Reisedokumentes noch einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich gewesen. Am 13. November 1992 habe er einen Asylantrag eingebracht, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. November 1992 abgewiesen worden sei. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung sei ausgeschlossen worden. Vor seiner Einreise habe sich der Beschwerdeführer in Bulgarien, Ungarn und Slowenien aufgehalten. Eine direkte Einreise liege somit nicht vor. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1993 sei das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Der Vater des Beschwerdeführers sei verstorben. Seine Mutter und seine Schwester lebten in seiner Heimat. Ein Bruder befinde sich in Syrien. Der Beschwerdeführer halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Im Interesse eines geordneten Fremdenwesens sei die Ausweisung dringend geboten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen.
Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist nach § 19 ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.
2.1 Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil sein Aufenthalt im Bundesgebiet nach wie vor rechtmäßig sei. Er habe rechtzeitig innerhalb einer Woche nach seiner Einreise in Österreich um Asyl angesucht und sei in keinem Drittland vor Verfolgung sicher gewesen. Ihm komme deshalb die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu.
Dementsprechend habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 4. Jänner 1994 seiner Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres im Asylverfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt.
2.2 Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß der Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz 1991 besessen hat, weil er nicht "gemäß § 6 eingereist ist" (§ 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991). Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides - von der Beschwerde nicht in Abrede gestellt - als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist ist und sich vor seiner Einreise in Bulgarien, Ungarn und Slowenien aufgehalten hat. Damit ist der Beschwerdeführer aber nicht "direkt" aus dem Staat gekommen, in dem er behauptet, Verfolgung
befürchten zu müssen. Für die Annahme, der Beschwerdeführer habe gemäß § 37 FrG nicht in den Staat, aus dem er eingereist ist, zurückgewiesen werden dürfen, ergibt sich nach dem Inhalt der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid keinerlei Anhaltspunkt (vgl. zum Ganzen unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0452, vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/18/0511, vom 27. Mai 1993, Zl. 93/18/0099, und vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0309). Da somit der Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 hatte, erwuchs ihm auch durch den in der Beschwerde genannten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Jänner 1994 keine Berechtigung, sich in Österreich bis zum Abschluß des seinen Asylantrag betreffenden Beschwerdeverfahrens aufzuhalten (siehe auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 27. Mai 1993).
3. Der Beschwerdeführer meint, mit der durch die Ausweisung ermöglichten Abschiebung in den Irak sei im Hinblick auf die dort bestehende ernsthafte Verfolgungsgefahr ein gravierender Eingriff in sein Privatleben verbunden, der die Ausweisung im Grunde zu § 19 FrG unzulässig mache. Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, daß einerseits mit der Ausweisung nicht die Verpflichtung zur Ausreise (oder die allfällige Abschiebung) in einen bestimmten Staat verbunden ist, sodaß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid als solchen nicht in der von ihm behaupteten Weise gefährdet wird, und daß andererseits nur Eingriffe in das in Österreich geführte Privatleben die Ausweisung im Grund des § 19 FrG unzulässig machen können, nicht aber Umstände, die künftig in einem (bestimmten) anderen Land das Privatleben des betreffenden Fremden beeinträchtigen könnten (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/18/0614).
4. Im Hinblick darauf, daß sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise unerlaubt im Bundesgebiet aufhielt und nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid hier keine nahen Angehörigen des Beschwerdeführers leben, bewirkt die Ausweisung keinen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG, sodaß es entbehrlich ist, auf die Frage einzugehen, ob die Ausweisung des Beschwerdeführers nach dieser Gesetzesstelle dringend geboten war (siehe auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 27. Jänner 1994). Mit der in diesem Zusammenhang aufgestellten, nicht näher konkretisierten Behauptung, die belangte Behörde setze sich auch "mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Fremdengesetz" nicht in ausreichendem Maße auseinander, vermag der Beschwerdeführer daher keinen relevanten Verfahrensmangel darzutun.
5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete PolizeirechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180350.X00Im RIS seit
20.11.2000