Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der M in G, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 19. März 1994, Zl. Fr678/1993, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 19. März 1994 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und 2, Abs. 2 Z. 7 und §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Begründet wurde der Bescheid im wesentlichen damit, daß die Beschwerdeführerin erwiesenermaßen illegal (ohne östereichischen Sichtvermerk) nach Österreich eingereist und mittellos sei. Die Beschwerdeführerin habe durch die Nichterbringung des Nachweises der erforderlichen Mittel zu ihrem Unterhalt den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht; außerdem sei dadurch wie auch aufgrund der illegalen Einreise die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt.
Im Hinblick auf die Kürze des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin - sie sei ihren eigenen Angaben zufolge am 30. November 1992 in das Bundesgebiet eingereist -, könne von einem relevanten Eingriff in ihr Privat- oder Familienleben i. S. des § 19 FrG keine Rede sein. Es sei daher weder zu untersuchen, ob das Aufenhaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannte Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde bestreitet die Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG. Es sei darauf zu verweisen, daß die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren angegeben habe, daß sie Alexander B. zu ehelichen beabsichtige, bei diesem wohne und von diesem versorgt würde. Bei den Angaben des Genannten (vor der Erstbehörde), wonach er nicht die Absicht habe, die Beschwerdeführerin zu heiraten, habe es sich offensichtlich um ein Mißverständnis gehandelt. Tatsächlich hätten Alexander B. und die Beschwerdeführerin am 15. April 1994 die Ehe geschlossen, "sodaß die Beweisergebnisse erster und zweiter Instanz unter diesem Aspekt wohl in einem anderem Licht gesehen werden müssen". Im Hinblick auf die erwähnten Angaben in der Berufung hätte es einer ergänzenden Einvernahme des Alexander B. bedurft, da in bezug auf die Versorgungssituation der Beschwerdeführerin nicht davon habe ausgegangen werden können, "daß diese auf karitative Versorgung angewiesen ist, nachdem die Unterhaltsgewährung durch Herrn B. sichergestellt war".
1.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Zutreffend hat die belangte Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es zur Darlegung, daß der betreffende Fremde über die erforderlichen Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes verfüge, erforderlich sei, daß dieser von sich aus (initiativ) den diesbezüglichen Nachweis erbringe. Mit dem einschlägigen Berufungsvorbringen, daß die Beschwerdeführerin bei Alexander B. wohne, dieser seit drei Jahren in Österreich lebe, einem Beruf nachgehe und sie erhalten könne, hat die Beschwerdeführerin einen solchen Nachweis nicht geführt. Dazu wäre es geboten gewesen, die Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse, allfällige Unterhaltspflichten und sonstige finanzielle Verpflichtungen des Alexander B., untermauert durch hinsichtlich ihrer Richtigkeit überprüfbare Unterlagen, der Behörde bekanntzugeben. Nur solcherart wäre diese zu einer verläßlichen Beurteilung dahin, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin nicht zu einer finanziellen Belastung der Republik Österreich führt, in der Lage gewesen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0163). Da die Beschwerdeführerin ihrer insoweit erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nachkam - ihr weiterer Hinweis auf die Absicht, Alexander B. zu ehelichen, entbehrt im gegebenen Zusammenhang der rechtlichen Relevanz, weshalb eine Aufklärung allfälliger diesbezüglicher Mißverständnisse entbehrlich war -, durfte die belangte Behörde die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG annehmen, ohne daß sie gehalten gewesen wäre, vorher noch von sich aus einschlägige Ermittlungen durchzuführen.
Auf den Umstand aber, daß die Beschwerdeführerin am 14. April 1994 Alexander B. geheiratet habe und diesen eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung treffe, konnte die belangte Behörde aus zeitlichen Gründen bei ihrer Entscheidung nicht Bedacht nehmen. Der entsprechende Beschwerdehinweis kann demnach als unbeachtliche Neuerung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Berücksichtigung finden (§ 41 Abs. 1 VwGG).
1.3. Daß die belangte Behörde aufgrund der Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme - im Hinblick auf die damit gegebene Gefährdung der öffentlichen Ordnung bzw. zum Schutz der öffentlichen Ordnung - für gerechtfertigt erachtet hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Dazu kommt, daß die - in der Beschwerde bestätigte - illegale Einreise der Beschwerdeführerin die Berechtigung dieser Annahme durchaus zu unterstreichen geeignet ist.
2. Aber auch die Ansicht der belangten Behörde, daß mit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes kein im Grunde des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden sein würde, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Maßgebend hiefür sind der noch kurze Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich, der Umstand, daß nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid ihre Eltern in Nigeria leben und schließlich die außer Streit stehende Tatsache, daß sie im Zeitpunkt der Erlassung der bekämpften Entscheidung (am 29. März 1994) ledig war. Daraus allein, daß die Beschwerdeführerin damals (behauptetermaßen) bei ihrem zukünftigen Ehegatten gewohnt hat, läßt sich kein durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes bewirkter Eingriff in ihr Privatleben ableiten.
Das Fehlen eines dem § 19 FrG zu subsumierenden Eingriffes in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin macht sowohl eine Prüfung, ob das Aufenthaltsverbot i.S. dieser Bestimmung dringend geboten ist, als auch eine Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG entbehrlich (vgl. dazu erstmals das hg. Erkenntnis vom 14. April 1993, Zl. 93/18/0112, und in der Folge etwa das Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 93/18/0092).
3.1. Die Beschwerde bekämpft die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit dem Hinweis darauf, daß der Beschwerdeführerin "außer einer illegalen Einreise nach Österreich keinerlei gerichtlich strafbare Handlungen angelastet werden, noch sonstige Verstöße gegen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder öffentliche Interessen des österreichischen Staates".
3.2. Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerde die auch in dieser Hinsicht bedeutsame Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin und läßt darüber hinaus die im angefochtenen Bescheid getroffenen, unbestritten gebliebenen Feststellungen betreffend von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit ihrer Einreise österreichischen Behörden gegenüber gemachten unrichtigen Angaben - behaupteter Verlust ihres Reisepasses, behauptete Erteilung eines österreichischen Sichtvermerkes - außer acht.
Unter Zugrundelegung aller dieser Umstände kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn sich die belangte Behörde nicht in der Lage sah, den Wegfall der dadurch hervorgerufenen beträchtlichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens vor Verstreichen von zehn Jahren anzunehmen.
4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180371.X00Im RIS seit
20.11.2000