Index
26/03 Patentrecht;Norm
EStG 1972 §37 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. F in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom 30. April 1992, GZ 6/1-1148/90-02, betreffend Einkommensteuer 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Facharzt und Universitätslehrer. In den Streitjahren erhielt er im Rahmen seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit Einnahmen aus "Lizenzgebühren" von der
I. AG.
Im Zuge eines Betriebsprüfungsverfahrens wurde hiezu vom Beschwerdeführer in einer Eingabe vom 21. Juli 1989 erläuternd ausgeführt, daß sich seit dem Jahre 1972 ein Forscherteam, dem der Beschwerdeführer und andere Personen angehört hätten, im Rahmen seiner universitären Forschung damit beschäftigt habe, wie mit natürlichen Blutgerinnungssubstanzen menschliches Gewebe geklebt werden könne. Nachdem die beste Zusammensetzung des Klebers erarbeitet und die Klebung in den verschiedensten chirurgischen Disziplinen angewandt worden sei, sei zwischen dem Forscherteam und der I. AG 1976 ein Lizenzvertrag erstellt worden, worin das Forscherteam der I. AG die Methode der Fibrinklebung und sämtliche bisherigen Forschungsergebnisse zur kommerziellen Verwertung überlassen habe. Erst 1979 habe die I. AG ein Patentrecht über das Herstellungsverfahren des Fibrinklebers erworben.
In einer Eingabe des steuerlichen Vertreters vom 7. August 1989 wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei an medizinischen Forschungen eines Teams aus fünf Ärzten beteiligt gewesen. Dieses Forscherteam habe sich seit 1972 intensiv damit beschäftigt, wie mit natürlichen Blutgerinnungssubstanzen menschliches Gewebe geklebt werden könne. Schließlich sei in einer ersten Stufe das Prinzip der Fibrinklebung erfunden worden. Diese Erfindung umfasse einerseits die Methode der Fibrinklebung und anderseits die qualitative und quantitative Zusammensetzung des Klebers, die zu den besten Resultaten führe. Auf dieser Stufe sei mit der I. AG ein Lizenzvertrag abgeschlossen worden, mit der die Erfinder ihre Forschungsergebnisse, die darauf aufbauende Erfindung der Fibrinklebung sowie die geeignetste Zusammensetzung des Fibrinklebers der I. AG gegen Lizenzgebühren zur Verfügung gestellt hätten. In der zweiten Stufe habe dann die I. AG aufbauend auf der Erfindung des Fibrinklebers sowie des Prinzips der Fibrinklebung durch das Forscherteam die Patentrechte für die Erfindung erworben, und zwar dadurch, daß das Prinzip der Fibrinklebung in ein Verfahren zur Herstellung eines Fibrinklebers eingebettet worden sei. Die Patentanmeldung für das Verfahren sei deswegen notwendig gewesen, weil Fibrin ein körpereigener Stoff und daher nicht patentfähig gewesen sei. Um das Mittel aber dennoch gegenüber der Konkurrenz abzusichern, sei daher der Umweg über die Patentanmeldung für das Verfahren zur Herstellung gewählt worden. Zusammenfassend wurde in der genannten Eingabe ausgeführt, daß sich die Erfindung insgesamt aus zwei Teilen zusammensetze und einerseits die Erfindung des Fibrinklebers und der Methode der Klebung und andererseits das Verfahren zur Herstellung umfasse. Das Patent beziehe sich aus patentrechtlichen Gründen nur auf den zweiten Teil der Erfindung. Die betreffenden Ärzte hätten zwar nicht das Patent, wohl aber das erfunden, was durch das Patent geschützt werden solle, nämlich die Zusammensetzung des Fibrinklebers, das Prinzip der Fibrinklebung und die Anwendung.
Auf eine entsprechende - einen anderen Teilnehmer des Ärzteteams betreffende - Anfrage war von der I. AG bereits mit Eigabe vom 2. Mai 1989 mitgeteilt worden, es gebe für das Produkt Fibrinkleber - Gewebeklebstoff keinen Patentschutz. Die I. AG besitze nur diverse Verfahrenspatente zur Herstellung von Gewebeklebstoff. Der Eingabe war die zwischen den Ärzten - unter anderem mit dem Beschwerdeführer - einerseits und der I. AG andererseits geschlossene Vereinbarung vom 21. Mai 1976 beigelegt.
Nach dieser Vereinbarung vom 21. Mai 1976 haben die beteiligten Ärzte von der I. AG seit einigen Jahren fibrinogenhältige Präparationen erhalten und diese zur Klebung verschiedener Gewebe verwendet. Die Ärzte hätten die I. AG von Zeit zu Zeit über die tierexperimentellen und klinischen Ergebnisse unterrichtet und seien zur Ansicht gekommen, daß sich diese Methode der Gewebeklebung in zahlreichen Indikations- und Versuchsanordnungen bestens bewährt habe, sodaß sie die bisher gewonnenen Erfahrungen der I. AG zur Verfügung stellen möchten. Die I.AG sei berechtigt, die ihr mitgeteilten Erfahrungen bei der weiteren klinischen Erprobung, dem Vertrieb und bei Patentanträgen mitzuverwenden. Die I. AG werde den Ärzten - nach einem für jeden Arzt festgelegten Schlüssel - eine Vergütung in Höhe von 1,5 % des Nettoverkaufserlöses von allen bei der Gewebeklebung mit fibrinogenhältigen Präparaten verwendeten biologischen Zubereitungen bzw. setartigen Abpackungen bezahlen.
Weiters legte die I. AG eine Ablichtung der bezüglichen Patentschrift vom 25. November 1980 (Anmeldung vom 15. Februar 1979) vor. Als Patentinhaber schienen darin die I. AG, als Erfinder Dienstnehmer der I. AG auf, die mit den in der Vereinbarung vom 21. Mai 1976 genannten Ärzten nicht ident waren. Nach der Patentschrift betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines Gewebeklebstoffes auf Basis von menschlichen oder tierischen Proteinen.
Im Betriebsprüfungsbericht vertrat die Prüferin die Auffassung, für die beantragte Anwendung des begünstigten Steuersatzes im Sinne des § 38 EStG 1972 sei neben der Bescheinigung über den volkswirtschaftlichen Wert der Erfindung auch der patentrechtliche Schutz aus der Verwertung dieser Einkünfte vorgesehen. Der Patentschutz sei für den ersten Teil der Erfindung nicht gegeben, sondern nur für ihren zweiten Teil (technisches Herstellungsverfahren).
In der Berufung gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Abgabenbescheide wurde vorgebracht, vom Beschwerdeführer sei zusammen mit weiteren Ärzten im Rahmen seiner universitären Forschung im Jahre 1972 die Erfindung gemacht worden, daß mit natürlichen Blutgerinnungssubstanzen menschliches Gewebe geklebt werden könne. Diese von den Ärzten erfundene "Fibrinklebemethode" sei erstmals 1973 mit der genauen qualitativen und quantitativen Zusammensetzung des "Fibrinklebers" in wissenschaftlichen Zeitungen publiziert worden. Die folgenden experimentellen und klinischen Studien hätten gezeigt, daß die Erfindung medizinisch einen großen Vorteil bringe. Sämtliche dieser Untersuchungsergebnisse seien auch weiterhin in internationalen Journalen veröffentlicht worden. Im Jahre 1976 sei mit der I. AG eine Vereinbarung geschlossen worden, worin die Erfindung der I. AG zur kommerziellen Auswertung überlassen worden sei. Nach einer im Zuge des Prüfungsverfahrens erfolgten Auskunft des Bundesministerums für Finanzen sei von der Abgabenbehörde eine "Zweiteilung der Erfindung" konstruiert worden, nämlich die Erfindung des Fibrinklebers und der Methode der Klebung als Teil eins, sowie die Erfindung des Herstellungsverfahrens als Teil zwei. Da aus patentrechtlichen Gründen Teil eins der Erfindung nicht habe patentiert werden können, sei der Antrag auf Steuerermäßigung abgelehnt worden. Hiezu sei festzustellen, daß es nur eine Erfindung des Fibrinklebers gebe, die durch das Ärzteteam erfolgt sei. Durch die wissenschaftlichen Publikationen, durch den "Lizenzvertrag" und durch die Patente der I. AG, in denen das Forscherteam namentlich erwähnt sei, sei erwiesen, daß die Ärzte die Erfinder der Fibrinklebung seien. Kommerziell verwertbar sei auch nicht ein Herstellungsverfahren eines Klebers, sondern nur die Erfindung der Klebung an sich, nämlich daß eine Klebung von menschlichen Geweben mit Blutgerinnungssubstanzen einen medizinischen Vorteil bringe.
In den Akten befindet sich ein an den Beschwerdeführer gerichtetes Schreiben der I. AG vom 23. Jänner 1992, wonach die fünf Ärzte - unter ihnen der Beschwerdeführer - 1972 an die I. AG herangetreten seien, für Forschungszwecke hochkonzentrierte Fibrinogenlösungen herzustellen und ihnen zur Verfügung zu stellen. Die I. AG habe den Ärzten diese anfangs als tierisches, später als humanes Fibrinogenkryopräzipitat überlassen. Das Forscherteam habe in selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten gefunden, daß sich dieses Fibrinogenkryopräzipitat zur Gewebeklebung eigne. Das Forscherteam habe in vorklinischen und klinischen Untersuchungen Anwendungsgebiete bei Patienten mit dem von der I. AG hergestellten Fibrinkleber erarbeitet. Bei Abschluß der Vereinbarung vom 21. Mai 1976 sei von den einzelnen Mitgliedern der Forschergruppe abgelehnt worden, daß sie als Erfinder bei einem Patent genannt werden. Es sei daher von der I. AG nicht mehr geprüft worden, ob die Tätigkeit der Forschergruppe zu einem Patent geführt hätte. Das Verfahren zur Herstellung des Fibrinklebers sei von Mitarbeitern der I. AG und der Produktionsgesellschaft ÖJH entwickelt worden; dementsprechend seien die Patente 359.652 und 359.653 im Februar 1979 angemeldet worden. Auf Grund der damaligen Rechtslage nach dem Patentgesetz 1970 sei weder ein Patentschutz auf pharmazeutische Präparationen noch auf deren Anwendung möglich gewesen. Die Patente betreffend die Herstellung eines Gewebeklebers seien daher auf ein Verfahren abgestellt gewesen. Geschützt sei die Einstellung bestimmter Konzentrationsverhältnisse gewesen. Durch die Änderung auf Grund der Patentgesetz-Novelle 1984 wäre es nach 1987 möglich gewesen, Patentschutz für den Fibrinkleber als solchen wie auch für dessen Anwendungsgebiete zu erreichen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung hinsichtlich der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ab. Zur Begründung verwies die belangte Behörde insbesondere auf den Umstand, daß für die Erfindung des Ärzteteams kein Patentschutz bestanden habe. Patentrechtlich geschützt sei lediglich das - nicht vom Ärzteteam entwickelte - Verfahren zur Herstellung des Klebestoffes gewesen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 38 Abs. 1 EStG 1972 sind im Einkommen enthaltene Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen durch andere Personen auf Antrag mit dem ermäßigten Steuersatz zu bemessen, der entsprechend den Bestimmungen des § 37 Abs. 1 EStG 1972 zu ermitteln ist. Diese Begünstigung steht nur dem Erfinder zu.
Aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes folgt somit, daß nur solche Einkünfte aus der Verwertung von volkswirtschaftlich wertvollen Erfindungen steuerlich begünstigt sind, die einen Patentschutz tatsächlich genießen. Im Beschwerdefall ist demgegenüber auf Grund der im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen klargestellt, daß die strittigen Einkünfte nicht aus der Verwertung einer patentrechtlich geschützten Erfindung stammen. Vielmehr wurde nach der hier allein maßgeblichen Vereinbarung vom 21. Mai 1976 der I. AG von den beteiligten Ärzten lediglich die Berechtigung erteilt, die ihr mitgeteilten Erfahrungen bei der weiteren klinischen Erprobung, dem Vertrieb und bei Patentanträgen MITzuverwenden. Über diese Erfahrungen wurde dem Beschwerdeführer und den übrigen Mitgliedern der Forschergruppe unbestrittenermaßen kein Patentrecht eingeräumt.
Aus welchen Gründen die Erfindung - richtig wohl: Entdeckung - der Forschergruppe nicht zum Patent angemeldet worden ist - nach der im maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Rechtslage (§ 2 Z. 2 Patentgesetz 1970, BGBl. Nr. 259 vor der Novelle BGBl. Nr. 234/1984) wurden insbesondere Patente für Erfindungen von Heilmitteln und auf chemischem Weg hergestellten Stoffen nicht erteilt; es waren daher unter anderem wissenschaftliche Entdeckungen und Verfahren zur Heilbehandlung schutzlos (vgl. Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Grundriß, Allgemeiner Teil, S. 15) -, ist dabei für die Anwendung des § 38 EStG 1972 nicht weiter von Bedeutung. Unterlag also, wie vom Beschwerdeführer selbst zugestanden wird, die Entdeckung der Forschergruppe im hier maßgeblichen Zeitraum nicht der Möglichkeit des Patentschutzes, so konnten die aus der Verwertung dieser Entdeckung erzielten Einkünfte von vornherein nicht nach § 38 EStG 1972 begünstigungsfähig sein. Soweit der Beschwerdeführer dabei geltend macht, der patentrechtliche Schutz sei "auf dem Weg des Herstellungspatentes" erreicht worden, so läßt er dabei außer acht, daß die in Rede stehenden Patente der I. AG zur Herstellung des Fibrinklebers nach der unwidersprochen gebliebenen Äußerung der I. AG vom 23. Jänner 1992 nicht vom Ärzteteam, sondern von Dienstnehmern der I. AG entwickelt worden sind; es handelt sich dabei auch nach dem Inhalt der vorgelegten Patentschrift um eine von der Entdeckung der Ärztegruppe verschiedene Entwicklung.
Bei der dargestellten Sach- und Rechtslage war die wissenschaftliche Beurteilung der in Rede stehenden Entdeckung für die Streitfrage nicht maßgeblich, sodaß im Gegensatz zur Meinung des Beschwerdeführers die Aufnahme eines Sachverständigenbeweises über die Bedeutung dieser Entdeckung für das für die I. AG eingetragene Patent nicht notwendig war (vgl. § 177 Abs. 1 BAO).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 38 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992130146.X00Im RIS seit
01.02.2002