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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzmäßigkeit der Widmung von Liegenschaften als "Grünland-Grünzug" in einem Flächenwidmungsplan der Stadt Linz; gleichheitswidrige Interpretation einer Bestimmung des Oö RaumOG betreffend Entschädigungspflicht infolge Wertminderung eines Grundstücks nach Flächenwidmungsplanerlassung(-änderung); Entschädigungspflicht nicht nur für einzelne Grundstücke, sondern auch für umgewidmete Gruppen von GrundstückenSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Das Land Oberösterreich ist schuldig, dem Beschwerdeführer Franz Bauer zu Handen seines Vertreters die mit S 15.000,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Land Oberösterreich ist weiters schuldig, den übrigen Beschwerdeführern zu Handen ihres Vertreters die mit (insgesamt) S 22.500,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von bebauten Liegenschaften an der Oberen Donaulände in Linz. Ihre Grundstücke wurden im Flächenwidmungsplan der Stadt Linz - Teil Mitte und Süd Nr. 1, beschlossen vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz am 24. September 1987, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 8/1988 vom 25. April 1988, als Grünland-Grünzug gewidmet.
Mit einem Bescheid vom 23. November 1990 sowie mit 20 weiteren, mit 28. bzw. 29. Jänner 1991 datierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden hat die Oberösterreichische Landesregierung Anträge der Beschwerdeführer auf Gewährung einer Entschädigung gemäß §25 Abs2 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes, LGBl. 18/1972 (OÖ ROG), abgewiesen.
Nach dieser Gesetzesbestimmung hat die Gemeinde dem Eigentümer eines als Bauland im Sinne des §16 Abs1 geeigneten Grundstückes Entschädigung für - näher bezeichnete - Wertminderung zu leisten, wenn dieses Grundstück durch Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplanes zur Gänze oder überwiegend von Bauland umschlossen wird und wenn es nicht ebenfalls als Bauland gewidmet wird.
Die Oberösterreichische Landesregierung begründet die Abweisung derartiger Ansprüche der Beschwerdeführer damit, daß die Grundstücke der Beschwerdeführer "an keiner Seite von einer Baulandwidmung, sondern von Grünland bzw. einer Verkehrsfläche eingegrenzt" seien; die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Entschädigungen lägen daher nicht vor.
2. Gegen die genannten 21 Berufungsbescheide richten sich die zwei vorliegenden Beschwerden, in welchen die kostenpflichtige ("im gesetzlichen Ausmaß") Aufhebung dieser Bescheide wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen und wegen Verstoßes gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz beantragt wird.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:
1. Zum Flächenwidmungsplan Linz - Teil Mitte und Süd Nr. 1:
a) Die Beschwerdeführer bringen vor, durch den Flächenwidmungsplan werde der ganze Straßenzug "Obere Donaulände", der seit Jahrhunderten bebaut sei und für den "bis zuletzt" Baubewilligungen erteilt worden seien, als "Grünland-Grünzug" gewidmet. Durch die "Umwidmung" seien ihre Grundstücke, in welche sie bereits viel investiert hätten, in Zukunft nicht mehr bebaubar, weswegen eine erhebliche Wertminderung der Liegenschaften eintrete. Die Grundstücke eigneten sich bestens für eine (weitere) Bebauung, weil der Straßenzug nahe genug am Stadtgebiet liege, mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen werde und auch die Luftverhältnisse durch die Frischluftzufuhr aus dem Donautal hervorragend seien; für diese Liegenschaften komme daher ausschließlich die Widmung "Bauland" mit der Widmungskategorie "Wohngebiet" im Sinne des §16 Abs3 OÖ ROG in Frage. Die Widmung "Grünland-Grünzug" sei auch deswegen willkürlich, weil sie in Wahrheit bloß deswegen vorgenommen worden sei, um die Errichtung einer Verkehrsader zur Erschließung einer geplanten Donaubrücke zu begünstigen.
Die Beschwerdeführer behaupten weiters, die Grundlagenforschung sei mangelhaft, die Erwägungen für die Widmung seien nicht nachvollziehbar, die Widmung widerspreche auch dem Landesraumordnungsprogramm, weil der fragliche Bereich als Verdichtungsgebiet ausgewiesen sei und sohin eine einschränkungsfreie Bebauung sichergestellt werden müßte. Auch sei die nach §23 Abs2 OÖ ROG für eine Änderung von Flächenwidmungsplänen vorgesehene Interessenabwägung nicht vorgenommen worden. Die geplanten Verkehrsmaßnahmen (neue Donaubrücke) seien umstritten und ihre Ausführung noch nicht sicher.
Im übrigen sei die Widmung "Grünzug" im OÖ ROG nicht vorgesehen.
b) Die Oberösterreichische Landesregierung verweist in ihrer Gegenschrift im wesentlichen darauf, daß für das fragliche Gebiet die Planung einer Donaubrücke in Verbindung mit den Planungen für die B127a Rohrbacherstraße, Abzweigung St. Margareten, B129 Eferdingerstraße "Obere Donaulände" und der B139 Kremstalstraße "Westtangente" zu berücksichtigen sei. Das öffentliche Interesse an dieser - im Einklang mit §2 Abs8 OÖ ROG stehenden - Planung überwiege, wenn man weiters die prekäre Verkehrssituation im Stadtteil West und die geplante Errichtung eines neues Römerbergtunnels berücksichtige, bei weitem die Interessen der Beschwerdeführer.
Ähnlich argumentiert die Stadt Linz als beteiligte Partei.
c)aa) Aus den Verwaltungsakten geht hervor, daß die Beschwerdeführer bereits im Verfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes Einwendungen erhoben haben, zu denen die zuständige Fachplanung jeweils Stellung genommen hat. Danach konnte den Einwendungen einer Reihe hier beschwerdeführender Grundeigentümer deswegen nicht gefolgt werden, weil nach einer Stellungnahme der Abteilung Verkehr die geänderten Projekte "Entlastungstunnel zur Westtangente (neuer Römerbergtunnel)" und "Donaubrücke Margareten" der Bundesstraßenverwaltung den Abbruch auch der bereits bestehenden Objekte erforderten. Die betreffenden Straßenprojekte stünden im Einklang mit §2 OÖ ROG, da nach Abs8 dieser Bestimmung das Verkehrsnetz und die Versorgungseinrichtungen sowie das Angebot an Verkehrs- und Versorgungsleistungen in Übereinstimmung mit der angestrebten räumlichen Entwicklung auszubauen seien. Hiebei sei auf die Möglichkeit von Strukturverbesserungen, eine bestmögliche Verbindung der zentralen Orte im Einzugsbereich und damit im Zusammenhang auf die Erfordernisse der Verkehrssicherheit besonders Bedacht zu nehmen. Unter weiterer Berücksichtigung der prekären Verkehrssituation im Stadteil West überwiege weitaus das öffentliche Interesse an der Errichtung eines neuen Römerbergtunnels bzw. der Errichtung einer weiteren Donaubrücke, sodaß den betreffenden Einwendungen nicht gefolgt werden könne. Im Falle anderer Beschwerdeführer ergibt sich aus den Stellungnahmen zu den Einwendungen, daß deren Grundstücke selbst zwar nicht für den Ausbau der genannten Verkehrsprojekte benötigt würden, durch die Verwirklichung der Verkehrsprojekte aber mit einem Anstieg des Lärmpegels von derzeit 66,5 dB (A) auf 70-72 dB (A) gerechnet werden müsse. Diese Werte überstiegen (sogar) den Immissionsgrenzwert für Gebiete für Betriebe mit geringer Lärmemission, welcher tagsüber mit 65 dB (A) festgelegt sei. Da die Situation durch Schallschutzmaßnahmen nicht verbessert und durch die topographischen Verhältnisse ein ruhiger Bereich weder vorhanden sei noch geschaffen werden könne, sei eine Widmung gemäß §16 OÖ ROG als Wohngebiet nicht zu vertreten. Diese Widmung widerspreche auch den Raumordnungsgrundsätzen des §2 Abs4 OÖ ROG, wonach auf die Sicherung oder Wiederherstellung eines ausgewogenen Haushaltes der Natur als Lebensgrundlage der gegenwärtigen Mitbevölkerung entsprechend Bedacht zu nehmen sei, insbesondere auf den Schutz vor Lärmbelästigungen, Geruchsbelästigungen und Erschütterungen sowie die Sicherung gesunder Lebens- und Arbeitsbedingungen. Aufgrund dessen könne daher lediglich der Bestand erhalten werden, bewilligungspflichtige Maßnahmen könnten nicht durchgeführt werden. Im Falle des Beschwerdeführers K befinde sich auf dessen Grundstück ein Gastgewerbebetrieb, der für das nahe Erholungsgebiet des Donautals von besonderer Bedeutung sei. Aufgrund dieser Bedeutung für die Stadt Linz wären auf diesem Grundstück auch im Falle der Widmung Grünland gemäß §18 Abs5 OÖ ROG Bauführungen möglich. Dieses Grünland sei Teil des Donautalgrünzuges, der gemäß den der Stadt Linz bekanntgegebenen Zielen und Festlegungen der überörtlichen Raumordnung als Grünzug ersichtlich zu machen sei. Um für diesen Fremdenverkehrsbetrieb die notwendigen An- und Zubauten zu ermöglichen, sei der Fremdenverkehrsbetrieb mit den entsprechenden Symbolen nach der Oberösterreichischen Planzeichenverordnung versehen worden.
In diesem Zusammenhang ist noch erwähnenswert, daß für das fragliche Gebiet die Oberösterreichische Landesregierung folgende weitere Ziele und Festlegungen der überörtlichen Raumplanung bekanntgegeben hat:
"Übergeordnete Straßen sollen nicht zu Erschließungsstraßen für einzelne Bauplätze und Kleinsiedlungen werden und sind grundsätzlich anbaufrei zu halten (Straßenbegleitgrün)."
"Es sollen auch insbesondere die tief an den Stadtkern heranreichenden für das Stadtklima und die fußläufige Verbindung mit den Naherholungsbereichen unersetzlich wertvollen Grünteile und Grünzüge unverbaut als Gliederungselemente der Stadtlandschaft erhalten bleiben oder aber konsequent zu derartigen Gliederungselementen ausgebaut werden."
"Bei der Flächenwidmungsplanung ist darauf Bedacht zu nehmen, daß insbesondere folgende regionale Grünzüge erhalten bleiben: Der Donautalgrünzug, die Donauauen und die das Donautal begrenzenden Höhenrücken."
bb) Angesichts dieser Aktenlage kann dem Verordnungsgeber eine mangelnde Grundlagenerforschung oder nicht ausreichende Interessenabwägung nicht vorgeworfen werden. Es kann dem Gemeinderat auch nicht entgegengetreten werden, wenn er hier in Ausübung des ihm zustehenden Planungsermessens (vgl. zB VfSlg. 10839/1986, S. 378) die Widmung "Grünland-Grünzug" (zu dieser Widmung siehe VfGH 1.3.1991 V201/90) festgelegt hat. Nach §15 Abs10 OÖ ROG hat die Gemeinde auf Planungen benachbarter Gemeinden und anderer Körperschaften öffentlichen Rechtes sowie auf raumbedeutsame Maßnahmen anderer Planungsträger tunlichst Bedacht zu nehmen, und zwar auch dann, wenn diese umstritten sein sollten oder noch nicht zu einer rechtlichen Verbindlichkeit geführt haben, in welchem Fall eine Ersichtlichmachung nach §15 Abs11 OÖ ROG zu erfolgen hätte (vgl. hiezu VfSlg. 11845/1988). Wenn der Verordnungsgeber von solchen Planungsgrundlagen ausgegangen ist, bestehen gegen seine Entscheidung auch im Hinblick auf die Raumordnungsgrundsätze des §2 Abs3, Abs5 Z2 und 3, und Abs8 OÖ ROG, sowie vor allem im Hinblick auf das Gebot des §16 Abs2 letzter Satz OÖ ROG keine Bedenken.
Soweit die Beschwerdeführer einen Widerspruch zum - nach §15 Abs1 OÖ ROG die örtliche Raumplanung bindenden - Oberösterreichischen Landesraumordnungsprogramm, LGBl. 30/1978, behaupten, weil ihre Grundstücke im Verdichtungsgebiet nach §5 des Landesraumordnungsprogrammes lägen, ist darauf zu verweisen, daß nach §6 Abs2 dieses Programms in Verdichtungsgebieten mit nachteiligen Verdichtungsfolgen das Schwergewicht der Raumordnungspolitik auf Ordnungs- und Sicherungsmaßnahmen liegen soll, insbesondere sollen durch richtige Zuordnung von Wohnstätten, Arbeitsstätten und Versorgungseinrichtungen einerseits sowie von funktionell entsprechenden Grünflächen und Grünzügen andererseits nachteilige Auswirkungen der Verdichtung wie Luft- und Gewässerverunreinigung, Lärmbelästigung und Überlastung des Verkehrsnetzes möglichst verhindert bzw. beseitigt werden. Einer weiteren Verdichtung von Wohn- und Arbeitsstätten soll dann entgegengewirkt werden, wenn sie zu ungesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen führt.
Auf das Vorbringen betreffend §23 Abs2 OÖ ROG ist schon deswegen nicht einzugehen, weil es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Änderung, sondern um die erstmalige Erstellung des Flächenwidmungsplanes nach den Vorschriften des OÖ ROG handelt.
d) Der Verfassungsgerichtshof kann daher insgesamt die Bedenken der Beschwerdeführer gegen die Widmung ihrer Grundstücke, welche den hier umstrittenen Entschädigungsansprüchen zugrunde liegt, nicht teilen.
2. Zu §25 Abs2 OÖ ROG:
a) Die Beschwerdeführer bringen im wesentlichen vor, die Auslegung des §25 Abs2 OÖ ROG durch die belangte Behörde (s. oben unter Pkt. I.1.) sei denkunmöglich, weil die Behörde bei Beurteilung der Frage, ob die Liegenschaften zur Gänze oder überwiegend von Bauland umgeben sind, nicht auf den Zustand vor der Umwidmung abgestellt habe, sondern vielmehr auf die durch die Umwidmung hervorgerufene Situation. Schließe man sich der von der Behörde vorgenommenen Auslegung an, würde dies zur Verfassungswidrigkeit des §25 Abs2 OÖ ROG führen, weil diese Bestimmung dann nur unter ganz bestimmten einschränkenden Voraussetzungen einen Entschädigungsanspruch einräume.
b) Die belangte Landesregierung meint in ihrer Gegenschrift, §25 Abs2 OÖ ROG gehe davon aus, daß ein Ausgleich für eine Ungleichbehandlung einzelner Grundstückseigentümer aus öffentlichen Interessen (Sonderopfer) jedenfalls dann zu leisten sei, wenn ihnen durch die Wertminderung des Grundstückes ein Schaden erwachse. Würden aber - wie im vorliegenden Fall - größere Gebiete umgewidmet und seien davon mehrere Grundstückseigentümer betroffen, könne von einer Ungleichbehandlung eines Einzelnen nicht mehr gesprochen werden. Jedes andere Ergebnis würde letztlich dazu führen, daß jede "Nichtwidmung" von als Bauland geeigneten Flächen einen Entschädigungsanspruch bilden müßte, was unter Umständen die Aufstellung von Flächenwidmungsplänen bis zur Unmöglichkeit erschweren könnte. Als "Bezugsgröße" sei vielmehr das jeweilige Grundstück des Eigentümers heranzuziehen, welches gleichsam eine Enklave im Bauland bilden müßte (Hinweis auf VwGH 11.11.1990, Zl. 90/05/0099).
Ähnliches bringt die Stadt Linz vor.
c) Nach dem System des - hier im übrigen nicht präjudiziellen - ersten Absatzes des §25 OÖ ROG (Entschädigungsanspruch für verlorenen Aufwand für die im Vertrauen auf die - in der Folge geänderte - Rechtslage vorgenommene Baureifmachung eines Grundstückes) und des zweiten Absatzes dieses Paragraphen (s. hiezu oben unter Pkt. I.1.) kann eine Entschädigungspflicht der Gemeinde (bereits) für noch nicht bebaute Grundstücke entstehen. Die Vermögensminderung wird umso gravierender, wenn der durch die Verhinderung einer (weiteren) Bebaubarkeit bewirkte Eigentumseingriff Liegenschaften betrifft, auf denen im Vertrauen auf die geltende Rechtslage bereits Bauwerke errichtet wurden, deren künftige Nutzung erheblich beeinträchtigt und deren Wert dadurch selbstredend stark vermindert wird.
Die belangte Landesregierung stellt eine derartige Entschädigungspflicht als solche nicht in Abrede. Sie meint aber, §25 Abs2 OÖ ROG sei nicht auf Gruppen von Grundstücken abgestellt, "Bezugsgröße" sei immer (nur) das einzelne Grundstück, welches zumindest überwiegend von Bauland umschlossen sein müßte.
Eine solche Auslegung des Gesetzes ermöglicht es, wie der vorliegenden Fall deutlich zeigt, der Behörde, der Leistung von Entschädigungen dadurch zu entgehen, daß die Baulandwidmung einer Reihe aneinandergrenzender Liegenschaften zugleich aufgehoben wird, was zur Folge hat, daß keines dieser Grundstücke mehr von Bauland umgeben ist. §25 Abs2 OÖ ROG läßt aber eine - an den auch im vorliegenden Zusammenhang relevanten Grundgedanken der Erkenntnisse VfSlg. 6884/1972 und 7234/1973 orientierte - verfassungskonforme Interpretation zu:
Unter "Grundstück" ist nicht nur ein einzelnes Grundstück zu verstehen, sondern - dem Typus der hier vorgesehenen Entschädigungspflicht entsprechend - auch eine Gruppe von Grundstücken, welche im Rahmen einer Gesamtplanung eine punktuelle Einheit bilden und deren Widmung als Bauland auch (etwa durch Bauführungen oder Maßnahmen der Bauvorbereitung) aktualisiert worden war.
Der Hinweis der Landesregierung auf ein Sonderopfer ist zur Stützung ihrer Argumentation nicht geeignet: Ein von Verfassungs wegen entschädigungspflichtiges "Sonderopfer" kann nicht nur einem Einzelnen, sondern auch einer (kleinen) Gruppe von Personen auferlegt werden, deren Rechte - wie hier - im Interesse der Allgemeinheit beschränkt werden müssen. Jedenfalls bewirkt die von der Oberösterreichischen Landesregierung vorgenommene Interpretation des Gesetzes eine im Rahmen des im Gesetz enthaltenen Entschädigungssystems sachlich nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung von Grundeigentümern nur deshalb, weil das jeweilige Nachbargrundstück vom Verordnungsgeber unter einem ebenfalls als nicht mehr bebaubar erklärt worden war.
3. Da die belangte Behörde dem Gesetz somit fälschlich einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt hat, wurden die Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Die Bescheide sind daher aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde, die ihre Entscheidungen allein auf die verfassungswidrige Auslegung des Gesetzes gestützt und jede weitere Begründung unterlassen hat, zu prüfen haben, ob auch die übrigen Voraussetzungen für die Zuerkennung von Entschädigungen vorliegen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-- (betreffend den Beschwerdeführer F B) und von S 3.750,-- (betreffend die übrigen Beschwerdeführer) enthalten.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Entschädigung, Widmungskategorien (Raumordnung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B97.1991Dokumentnummer
JFT_10079698_91B00097_00