TE Vwgh Beschluss 1994/8/9 94/17/0298

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Veröffentlicht am 09.08.1994
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Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §311 Abs2 impl;
BAO §311 Abs2;
B-VG Art132;
LAO Wr 1962 §243 Abs2;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs1 Z6;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, in der Beschwerdesache des Dr. G in W, gegen das Amt der Wiener Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit Rückzahlung von "Steuern und Abgaben, die nicht in die Zuständigkeit des Bundes fallen", den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach der Sachverhaltsdarstellung in der Säumnisbeschwerde und den ihr angeschlossenen Beilagen stellte der Beschwerdeführer mit dem an den Magistrat der Stadt Wien gerichteten Schriftsatz vom 11. März 1993 einen Antrag auf "bescheidmäßigen Zuspruch einer Wohnbeihilfe von ö.S. 106.176,-- pro Jahr". Im Schriftsatz heißt es unter anderem auch: "Ich beantrage auch die bescheidmäßige Rückzahlung dieses Betrages an von mir zuviel bezahlten Steuern und Abgaben, die nicht in die Zuständigkeit des Bundes fallen".

In der Folge wies der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 1. April 1993 den Antrag auf Gewährung einer Wohnbeihilfe ab.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid folgende,

mit 19. April 1993 datierte Berufung:

"An den Magistrat der Stadt Wien

Magistratsabteilung 50

1082 Wien

Gegen den Bescheid der MA 50/S 5770/93 vom 1.4.1993, hinterlegt beim Postamt 1025 Wien, am 13.4.1993, erhebe ich innerhalb offener Frist Berufung

mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften

seinem gesamten Umfang nach aufzuheben.

Zunächst hatte ich keine Gelegenheit, meine

Rechte und rechtlichen Interessen in einem

ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren geltend

zu machen. Der Antrag wurde nicht vollständig

in Behandlung genommen, weil auch ein Antrag

auf Rückzahlung eingebracht wurde.

Sonst ist der Bescheid unrichtig und unschlüssig

begründet.

Ich beantrage daher, wie in meinem Antrag vom 15.3.1993 beantragt, zu entscheiden."

Mit dem am 24. Mai 1994 hiergerichts eingelangten Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer gegen das "Amt der Wiener Landesregierung" Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht.

Im Beschwerdeschriftsatz wird ausgeführt:

"Am 11.3.1993 stellte ich beim Magistrat der Stadt Wien einen Antrag auf Rückzahlung von zu Unrecht bezahlten Steuern. Dieser Antrag stand auf demselben Blatt wie ein separater auf eine Wohnungskostenbeihilfe gerichteter Antrag. Die erste Instanz ließ den Antrag, der den Gegenstand dieser Säumnisbeschwerde bildet, unberücksichtigt und wies den Antrag auf Wohnungskostenbeihilfe ab. Gegen die Abweisung wurde Berufung erhoben und darauf hingewiesen, daß auch ein Antrag auf zu Unrecht bezahlte Steuern und deren Rückzahlung eingebracht wurde. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 50, zu entscheiden. Seit der Antragstellung in der ersten ist mehr als ein Jahr vergangen, seit der Antragstellung in der zweiten Instanz sind mehr als sechs Monate vergangen.

Ich beantrage, daß der Verwaltungsgerichtshof nunmehr in der Sache entscheidet.

Ich beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, ich beantrage, die für die Magistratsabteilung 50 als Rechtsträger fungierende Gebietskörperschaft zum Ersatz des Schriftsatzaufwandes und der Barauslagen, insbesondere für Bundesstempelmarken, im jeweiligen gesetzlichen Ausmaß zu verpflichten."

Die Beschwerde erweist sich schon aus nachstehendem Grund als unzulässig:

Gemäß § 27 VwGG kann die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monate in der Sache entschieden hat.

Nach der Lage des Beschwerdefalles hätte der Beschwerdeführer sohin, da jede bescheidmäßige Erledigung des Rückerstattungsbegehrens unterblieb, vor Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht stellen müssen. Die Rechtsgrundlage für einen solchen Antrag bildet § 243 Abs. 2 WAO. Danach geht auf schriftliches Verlangen der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz über, wenn Bescheide der Abgabenbehörde erster Instanz mit Ausnahme solcher Bescheide, die aufgrund von Abgabenerklärungen zu erlassen sind, der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen zugestellt werden. Es hätte also eines AUSDRÜCKLICHEN schriftlichen Verlangens auf Übergang der Entscheidungspflicht an die Abgabenbehörde zweiter Instanz bedurft, um § 27 VwGG genüge zu tun (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1977, Zlen. 623 und 1417/77).

In der Berufung des Beschwerdeführers wird lediglich der Bescheid der Behörde erster Instanz vom 1. April 1993 bekämpft und in diesem Zusammenhang vorgebracht, daß der Antrag (vom 11. März 1993) nicht vollständig in Behandlung genommen worden sei. Ein Begehren, die Berufungsbehörde möge an Stelle der säumigen Behörde über den Antrag auf Rückzahlung entscheiden, enthält der Berufungsschriftsatz nicht.

Da ein Devolutionsantrag nicht vorliegt und auch der nur allgemein formulierte Antrag auf Rückzahlung ein konkret umschriebenes Begehren nicht erkennen läßt, war auf die Frage der Umdeutung der in der Beschwerde ausdrücklich bezeichneten belangten Behörde (vgl. dazu etwa die hg. Beschlüsse vom 22. Februar 1991, Zl. 90/17/0181, und vom 30. September 1993, Zl. 92/17/0233, sowie die dort zitierte Vorjudikatur) nicht einzugehen.

Die Säumnisbeschwerde war schon aus dem oben dargelegten Grund mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluß in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994170298.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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