TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/11 94/06/0128

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Veröffentlicht am 11.08.1994
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
L85007 Straßen Tirol;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §431;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs1;
BauRallg;
BauRG 1912;
LStG Tir 1989 §2 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der Straßeninteressentschaft L, vertreten durch den Obmann Dr. A in L, dieser vertreten durch Dr. NN, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. April 1994, Zl. Ve1-550-2186/1-1, (mitbeteiligte Parteien: 1. J in S, 2. Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend Parteistellung in einem Baubewilligungsverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 21. Dezember 1993 wurde der erstmitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für den Neubau eines Bauernhauses mit Nebengebäuden auf der GP 3355/1 erteilt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde wegen Nichtvorliegens einer Parteistellung mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 30. März 1994 zurückgewiesen. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung gab die belangte Behörde dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die erstmitbeteiligte Partei (Bauwerber) sei Eigentümer des Grundstückes Nr. 3355/1, woran der Interessentschaftsweg mit der Gst. Nr. 3364/44 angrenze, der lt. Grundbuchsstand ebenfalls im Eigentum des Bauwerbers stehe. Gemäß § 8 AVG seien Parteien Personen, die an einer Verwaltungssache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt seien. Nach § 30 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 1989, LGBl. Nr. 33 (TBO) seien Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stünden, daß durch die bauliche Anlage oder durch die Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf das Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen sei. Der an die Bauparzelle angrenzende Weg stehe im grundbücherlichen Eigentum des Bauwerbers selbst; nach ständiger Judikatur komme einer privaten Weginteressentschaft, wie sie hier gegeben sei, keine Parteistellung im Sinne der TBO zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Parteistellung im Baubewilligungsverfahren wird, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, in § 30 Abs. 1 TBO, LGBl. Nr. 33/1989, geregelt. Demnach sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Dem Grundeigentümer ist der Bauberechtigte gleichgestellt.

In der Beschwerde wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei Bauberechtigte, da im Tiroler Straßengesetz all jene Rechte festgelegt seien, wie sie auch im Baurechtsgesetz zugestanden würden. Träger dieser Rechte sei die Straßeninteressentschaft als Körperschaft öffentlichen Rechtes. Es sei, der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1955, Slg. Nr. 3847/A, analog folgend davon auszugehen, daß der Grundeigentümer alle jene Befugnisse, die nach der Bauordnung zustehen, auf die Weginteressentschaft übertragen habe. Es sei nämlich zwischen einem Bauberechtigten und einer Weginteressentschaft in dieser Hinsicht überhaupt kein Unterschied erkennbar.

Mit dem Hinweis auf das Tiroler Straßengesetz, insbesondere dessen § 2 Abs. 7 vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtsstellung als Baurechtsträgerin nicht darzutun, regelt diese Bestimmung doch nur, wer Straßenverwalter ist, nämlich derjenige, dem als Träger von Privatrechten der Bau, die Erhaltung und die Verwaltung einer Straße obliegen. Weder dieser Bestimmung noch einer anderen Bestimmung des Tiroler Straßengesetzes kann eine Regelung entnommen werden, die einer Weginteressentschaft die Rechtsstellung einer Bauberechtigten im Sinne des Gesetzes vom 26. April 1912, betreffend das Baurecht, RGBl. Nr. 86/1912, einräumen würde. Auch mit dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1955, Slg. Nr. 3847/A, vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, wird in diesem Erkenntnis doch lediglich ausgesprochen, daß dem Eigentümer der Inhaber eines Baurechtes gleichgestellt ist.

Auch mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Bestimmung des § 30 TBO nicht auf den bücherlichen Eigentümer zu beschränken ist, sondern auch den außerbücherlichen Eigentümer umfaßt, ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen: Mit dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. April 1985, Zl. 85/06/0046, 0047, wird vielmehr ausgeführt, daß es gemäß § 431 ABGB - abgesehen von einzelnen, im damaligen Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden gesetzlichen Ausnahmen, wie etwa Einantwortung oder Enteignung - zur Übertragung des Eigentumes an verbücherten Sachen der Einverleibung im Grundbuch bedürfe. Im vorliegenden Beschwerdefall ist unbestritten, daß der an die Bauparzelle angrenzende Weg mit der Grundstücks-Nr. 3364/44 im grundbücherlichen Eigentum der mitbeteiligten Partei (des Bauwerbers J) steht. Auch in der Beschwerde wird nicht behauptet, daß die Beschwerdeführerin etwa durch Einantwortung, Enteignung oder Zuschlag Eigentum an diesem Grundstück erworben habe. Zutreffend ist daher die belangte Behörde davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren keine Parteistellung zukam. An dieser Beurteilung vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführerin nichts zu ändern, wonach der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Bauwerber im Konsens unter Punkt 32 die Auflage erteilt habe, die für die Straßeninteressentschaft satzungsgemäß festgelegten Zahlungen zu leisten und die noch zu errechnenden Anteile zu übernehmen. Durch die Vorschreibung einer derartigen Auflage wird die Beschwerdeführerin in keiner Weise belastet. Eine Parteistellung der Straßeninteressentschaft im Baubewilligungsverfahren ist daraus nicht ableitbar.

Da somit bereits das Beschwerdevorbringen erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060128.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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