TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/12 94/02/0185

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Veröffentlicht am 12.08.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wr. Neustadt, vom 24. März 1994, Zl. Senat-NK-93-449, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 3. Mai 1993 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO für schuldig befunden und hiefür bestraft.

Die bei dieser Behörde eingebrachte Berufung hat folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrter Bearbeiter/in

Ich habe Ihr Schreiben bekommen. Warum muß ich 19.800,- S

bezahlen? Ich könnte es auch gar nicht (Notstand, Gebürenbefreiung bei Rezept).

Berufung: 3-10435-92

Der von Ihnen beschriebene "besonders geschulte Beamte" sollte

eine Nachschulung besuchen, da er sich auf dem Alkomaten nicht

auskannte und auf ein ersuchen von mir eine Blutabnahme zu

machen, sagte der "besonders geschulte Beamte" wir sind kein

Taxiunternehmen, und das vor Zeugen

Mein Zeuge heist:   A

Ich bitte Sie das Verfahren einzustellen

                                 Hochachtungsvoll

                                            F"

    Diese Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom

24. März 1994 unter Berufung auf § 63 Abs. 3 AVG als unzulässig

zurückgewiesen, weil es ihr an einem begründeten

Berufungsantrag mangle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. Mai 1993, Zl. 93/02/0058) ist hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob die Berufung einen begründeten Antrag im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG enthält, davon auszugehen, daß diesbezüglich keine allzu strengen - formalistischen - Anforderungen zu stellen sind. Es genügt vielmehr, daß dem Vorbringen der Partei entnommen werden kann, was sie mit dem beabsichtigten Rechtsmittel anstrebt und womit sie dieses ihr Anliegen begründen zu können glaubt; ob das Vorbringen in Ansehung der erkennbaren Absicht erfolgversprechend ist, ist in diesem Zusammenhang (noch) unerheblich.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde läßt sich aus der zitierten Berufung unschwer entnehmen, womit der Beschwerdeführer sein Anliegen begründen zu können glaubte. In Ansehung des Schuldspruches läßt sich sein Vorbringen durchaus dahin verstehen, daß das (anläßlich der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verweigerung der Atemluftprobe) eingeschrittene Organ der Straßenaufsicht die Handhabung des Gerätes nicht beherrscht haben soll und der Beschwerdeführer aus diesem Anlaß eine Blutabnahme (offenbar zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes) verlangt habe.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift war aber die Berufung auch nicht etwa wegen der mangelnden Bezeichnung des Datums des Straferkenntnisses bzw. der bescheiderlassenden Behörde unzulässig. Was zunächst die Bezeichnung der bescheiderlassenden Behörde anlangt, so verweist die belangte Behörde zu Unrecht auf das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1993, Zl. 92/03/0268, da die dort dargelegte Rechtsanschauung einen Fall betraf, bei welchem die Berufung nicht bei der erstinstanzlichen Behörde, sondern beim unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde eingebracht wurde (vgl. analog auch das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/03/0259). Im vorliegenden Beschwerdefall wurde die Berufung allerdings bei der erstinstanzlichen Behörde eingebracht. Hier ist die bisherige Rechtsprechung von Bedeutung, wonach der Mangel der Bezeichnung des angefochtenen Bescheides nur dann zur Zurückweisung der Berufung führt, wenn infolge dieses Mangels die Behörde nicht erkennen kann, gegen welche ihrer Entscheidungen sich die Berufung wendet (vgl. die bei Ringhofer, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, S. 592 unter E 49. zitierte hg. Vorjudikatur). Es liegt aber auf der Hand, daß aufgrund des Inhaltes der zitierten Berufung, insbesondere auch im Hinblick auf die Anführung der (richtigen) Geschäftszahl, auch ohne Anführung des Datums der bekämpften Erledigung ohne weiteres erkennbar war, gegen welchen Bescheid der Erstbehörde sich dieses Rechtsmittel richtete.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Umsatzsteuer für den Schriftsatzaufwand war abzuweisen, da ein solcher neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht gebührt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994020185.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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