TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/12 90/14/0150

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Veröffentlicht am 12.08.1994
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Index

20/08 Urheberrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §2 Abs3 Z4;
EStG 1972 §25;
EStG 1972 §38 Abs4;
EStG 1972 §41 Abs1;
EStG 1972 §82;
UrhG §14 Abs1;
UrhG §24 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des P in H, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 12. Februar 1990, Zl. 536-2/89, betreffend

Einkommensteuer 1979, 1980, 1981 und 1983, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog nichtselbständige Einkünfte als Professor an einer Höheren Technischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt (HTL), nichtselbständige - jedoch keinem Lohnsteuerabzug unterworfene - Einkünfte als Leiter der bautechnischen Versuchsanstalt dieser HTL und selbständige Einkünfte für die Erstellung von Gutachten. Die Einkünfte aus der Gutachtertätigkeit (Erstellung von Gutachten vor allem für öffentlich-rechtliche Körperschaften über die Berücksichtigung geologischer Verhältnisse bei Bauführungen verschiedener Art) betrugen 1979 S 579.233,--, 1980 S 467.809,--,

1981 S 845.308,-- und 1983 S 533.171,--. Demgegenüber beliefen sich die nichtselbständigen Einkünfte insgesamt auf 1979 S 417.590,--, 1980 S 495.900,--, 1981 S 522.523,-- und 1983 S 643.685,-- (jeweils inkl. steuerfreie bzw. nach §§ 67 und 68 EStG 1972 versteuerte Bezüge).

Zwischen den Parteien des Verwaltungsverfahrens war strittig, ob die vom Beschwerdeführer als Leiter der bautechnischen Versuchsanstalt erhaltenen Bezüge

(1979 S 270.990,--, 1980 S 337.154,--, 1981 S 342.308,-- und 1983 S 402.172,--) trotz unterbliebenen Lohnsteuerabzuges als steuerpflichtige Einkünfte in die Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen sind und ob für die Gutachtenseinkünfte der begünstigte Steuersatz gemäß § 38 Abs. 4 i.V.m. § 37 Abs. 1 EStG 1972 zusteht.

Zu den Einkünften aus der Tätigkeit im Rahmen der bautechnischen Versuchsanstalt vertrat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Ansicht, daß es sich dabei um eng mit der Lehrtätigkeit im Zusammenhang stehende nichtselbständige Einkünfte gehandelt habe. Aus der Tatsache allein, daß das Bundesrechenamt diese Bezüge "steuerfrei" ausbezahlt habe, könne nicht auf deren Steuerfreiheit (etwa nach Art einer steuerfreien Forschungsförderung gemäß § 3 Z. 5 EStG 1972) geschlossen werden. Da die Veranlagungsvoraussetzungen gemäß § 41 EStG 1972 erfüllt seien (andere nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegende Einkünfte aus Gutachtertätigkeit von mehr als S 10.000,--), seien auch die Einkünfte des Beschwerdeführers aus der Tätigkeit als Leiter der Versuchsanstalt in die Veranlagung einzubeziehen gewesen. - Die Einkünfte aus der Gutachtertätigkeit seien im Sinne des § 38 Abs. 4 EStG 1972 nicht begünstigungsfähig, weil es sich dabei um keine Einkünfte aus der Verwertung dieser Gutachten im Sinne der §§ 14 ff Urheberrechtsgesetz gehandelt habe. Bei Werken, die nur für eine (juristische) Person für die Lösung konkrete Probleme erstellt würden, könne nicht von einer Verwertung im Sinne des Urheberrechtsgesetzes gesprochen werden. Gegenstand der Entlohnung sei die Abgeltung für das Erstellen der Gutachten und nicht die Abgeltung für die Aufgabe von Urheberrechten. Jedes Gutachten habe nach den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung mit dem Satz geendet: "Diese Ausführungen sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur im Einvernehmen mit dem Unterzeichneten verwertet werden". Die Einkünfte aus der nichtselbständigen Tätigkeit hätten zudem nur in den Jahren 1980 und 1983 die Einkünfte aus Gutachtertätigkeit überstiegen, sodaß auch nur in diesen Jahren nach § 38 Abs. 4 EStG 1972 begünstigungsfähige Nebeneinkünfte vorgelegen wären.

Die Behandlung der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 18. Juni 1990, B 514/90-3, abgelehnt; die Beschwerde wurde antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Die Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zur steuerlichen Behandlung der Bezüge als Leiter der bautechnischen Versuchsanstalt wird in der Beschwerde im wesentlichen (lediglich) vorgebracht, daß ein Bezug, "der von einer Bundesdienststelle ohne einen Lohnabzug bzw. ohne Berücksichtigung einer Umsatzbesteuerung ausbezahlt" werde, zu Recht als steuerfreier Bezug für eine Forschungstätigkeit angesehen werden könne und eine nachträgliche Besteuerung eines solchen Bezuges im Veranlagungswege rechtswidrig sei.

Im Beschwerdefall waren die Voraussetzungen für eine Veranlagung der lohnsteuerpflichtigen Einkünfte nach § 41 Abs. 1 EStG 1972 (selbständige Einkünfte aus Gutachtertätigkeit von mehr als S 10.000,--) unbestrittenermaßen gegeben. Dabei waren die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in der tatsächlich festgestellten Höhe - im Beschwerdefall also unter Einbeziehung der Einkünfte aus der Tätigkeit im Rahmen der bautechnischen Versuchsanstalt - anzusetzen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers besteht keine Bindung an das Unterbleiben des Lohnsteuerabzuges durch den Dienstgeber. Ebensowenig ist der Umstand von Bedeutung, ob der Arbeitgeber zur Haftung (vgl. § 82 EStG 1972) für die Lohnsteuer herangezogen worden ist. Insoweit unrechtmäßigerweise keine Abzugssteuern einbehalten worden sind, kommt es bei der Veranlagung zu einer Nachholwirkung (siehe die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1992, 90/13/0154, und vom 31. März 1992, 92/14/0040, sowie Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 1.1 zu § 41). Für eine Steuerbefreiung nach § 3 Z. 5 EStG 1972 (Abdeckung des infolge der Forschungstätigkeit entstandenen Sachaufwandes; vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1993, 91/13/0180) bietet sich nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt (der im Rahmen der Versuchsanstalt angefallene Sachaufwand wurde nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zur Gänze vom Arbeitgeber getragen).

Gemäß § 38 Abs. 4 EStG 1972 ist die einen ermäßigten Steuersatz vorsehende Bestimmung des § 37 Abs. 1 leg. cit. auf Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen oder künstlerischen Urheberrechten anzuwenden, soferne diese Einkünfte als Nebeneinkünfte erzielt werden. Solche Nebeneinkünfte liegen vor, wenn die Einkünfte im Sinne des ersten Satzes neben anderen Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 erzielt werden, welche die Nebeneinkünfte übersteigen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter der im § 38 Abs. 4 EStG 1972 genannten "Verwertung" von Urheberrechten nur eine solche im Sinne der §§ 14 ff des Urheberrechtsgesetzes zu verstehen (siehe vor allem das Erkenntnis des verstärkten Senates vom 1. Oktober 1985, Slg. NF 6034/F). Sämtliche Verwertungstatbestände erfordern, daß das urheberrechtlich geschützte Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1991, 88/13/0206). Das trifft auf Privatgutachten - auch wenn sie im Auftrag der öffentlichen Hand erstellt werden - regelmäßig nicht zu, da diese üblicherweise nur eigenen Zwecken des Auftraggebers dienen. Unter eigenen Zwecken sind alle Zwecke zu verstehen, bei denen das Gutachten dazu dient, den Auftraggeber in eigener Sache zu informieren, ihm eine Entscheidungshilfe zu bieten und die so gewonnenen Erkenntnisse vor Behörden oder auch Geschäftspartnern durch Vorlage des Gutachtens zu untermauern (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1992, 88/13/0048, vom 22. Oktober 1991, 91/14/0023, und vom 10. November 1993, 91/13/0180, und die dort angeführte Vorjudikatur). Auf die Gründe dieser Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Die vom Beschwerdeführer erstellten Gutachten dienten den (öffentlich-rechtlichen) Auftraggebern zur Informations- und Entscheidungsgrundlage bei Abwicklung der jeweiligen Bauvorhaben. Werknutzungsbewilligungen oder Werknutzungsrechte im Sinne des Urheberrechtsgesetzes wurden daran nicht eingeräumt. Damit waren die Einkünfte aus ihrer Erstellung nach der oben zitierten hg. Rechtsprechung - unabhängig davon, ob es sich der Höhe nach um "Nebeneinkünfte" handelte - nicht unter die Begünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 subsumierbar.

Die Beschwerde erweist sich demnach insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1990140150.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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