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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des ET in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom 17. März 1994, Zl. 30.145-3/94, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1988 bis 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Laut seinem Antrag vom 28. Dezember 1988, vom Leasinggeber angenommen am 2. Jänner 1989, hatte der Beschwerdeführer, der seinen Gewinn durch Einnahmen/Ausgabenrechnung ermittelt, für die Dauer von 24 Monaten ein Kraftfahrzeug gegen ein monatliches Entgelt geleast, das infolge einer Vorauszahlung von S 70.000,-- entsprechend reduziert worden war. Die Vorauszahlung hatte der Beschwerdeführer am 30. Dezember 1988 entrichtet. Das reduzierte monatliche Leasingentgelt wurde entsprechend dem Vertrag in der Rechnung vom 1. Februar 1989 für den Zeitraum vom 2. Jänner 1989 bis 30. Jänner 1991 vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer machte die Vorauszahlung bereits 1988 als Betriebsausgabe gewinnmindernd geltend.
In seiner am 27. Jänner 1993 beim Finanzamt überreichten Steuererklärung samt Beilagen für 1991 löste der Beschwerdeführer die Investitionsrücklage 1988 teilweise durch gesetzliche Verwendung und teilweise freiwillig vorzeitig auf. In seiner am 9. März 1993 beim Finanzamt überreichten Berufung betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1988 bis 1990 erklärte der Beschwerdeführer "aufgrund der geänderten Verhältnisse" die 1988 gebildete Investitionsrücklage 1989 mit der Maßgabe aufzulösen, daß unter Berücksichtigung des damit verbundenen Zuschlages sowie des endgültigen Ergebnisses der Betriebsprüfung der Gewerbeertrag S 160.000,-- ergibt und das einkommensteuerpflichtige Einkommen S 150.000,-- nicht übersteigt. In seiner gleichzeitig überreichten Berufung betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1991 erklärte der Beschwerdeführer die auflösbare Investitionsrücklage 1988 entsprechend zu vermindern.
Die belangte Behörde anerkannte in ihrem im Instanzenzug ergangenen Bescheid die Vorauszahlung laut Leasingvertrag nicht als Betriebsausgabe des Jahres 1988, weil der Vertrag als Miete und die Vorauszahlung daher als solche von Mietkosten im Sinne des Art. I Z. 4 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988, mit dem das Einkommenststeuergesetz 1972 abgeändert wurde
(BGBl. 1988/405) bzw. des § 19 Abs. 3 EStG 1988 anzusehen sei, die nicht lediglich das laufende und das folgende Jahr betreffe. Die belangte Behörde teilte daher die Vorauszahlung gleichmäßig auf den Zeitraum Jänner 1989 bis Jänner 1991 auf, also auf die Monate, auf die laut der Rechnung vom 1. Februar 1989 die reduzierten monatlichen Leasingentgelte entfielen.
Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1989, 88/14/0208, ÖStZB 1990, 110, ließ die belangte Behörde die Rückgängigmachung der bereits in der Steuerklärung vom 27. Jänner 1993 für das Jahr 1991 erfolgte Auflösung der Investitionsrücklage 1988 durch die Erklärungen in den Berufungen vom 9. März 1993 nicht zu. Hilfsweise betrachtete die belangte Behörde die in den Berufungen erklärte geänderte Auflösung der Rücklage mangels ausreichender Präzisierung für unzulässig, weil darin auf allfällige Ergebnisse abgestellt und nicht der aufgelöste Betrag genannt werde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, daß die einmalige Leasingzahlung 1988 zur Gänze in diesem Jahr einkommen- und gewerbesteuerrechtlich berücksichtigt werde, sowie in seinem Recht darauf, daß die Investitionsrücklage 1988 im Jahre 1989 in dem in den Berufungen begehrten Umfang aufgelöst werde. Der Beschwerdeführer behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Eine dem § 4 Abs. 6 und § 19 Abs. 3 EStG 1988 vergleichbare Vorschrift wurde mit dem bereits oben genannten Bundesgesetz, welches das EStG 1972 abänderte, im Veranlagungsjahr 1988 für Ausgaben vorgesehen, die nach dem 30. Juni 1988 geleistet werden. Die belangte Behörde durfte daher die betreffende Ausnahme vom Abflußprinzip des § 19 EStG 1972 bereits auf die vom Beschwerdeführer am 30. Dezember 1988 vorgenommene Leistung der Vorauszahlung anwenden. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken Zöchlings (SWK 1988, AT 323) gegen die Einseitigkeit der Durchbrechung des Zufluß/Abflußprinzips allein hinsichtlich des letzteren nicht, steht doch die gleichmäßige Verteilung von Einnahmen infolge der Möglichkeit autonomer Gestaltung der Beziehungen zwischen den Betroffenen diesen in der Regel frei.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß der Leasingvertrag einer Miete vergleichbar ist. Maßgeblich ist allerdings nicht die Bezeichnung, sondern die wirtschaftliche Funktion des Aufwandes (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar2 Rz. 55 zu § 19). Es bestehen keine Bedenken, daß die Vorauszahlung wirtschaftlich die Funktion von Mietkosten hatte. Weder die Einmaligkeit der Leistung einer Vorauszahlung spricht hiegegen, noch der Umstand, daß nach den allgemeinen Leasingbedingungen bei vorzeitiger Vertragsauflösung Rückzahlungsansprüche des Leasingnehmers nicht bestünden. In den allgemeinen Leasingbedingungen (§ 8) ist eine vorzeitige Auflösung des Leasingvertrages nur von seiten des Leasinggebers aus wichtigen Gründen vorgesehen. Falls das Vertragsverhältnis nach dieser Bestimmung vorzeitig aufgelöst wird, hat auch der Kunde, der keine Vorauszahlung geleistet hat, pauschalierten Schadenersatz in Höhe der Summe der auf die vereinbarte restliche Vertragsdauer entfallenden Leasingraten zu leisten. Rückforderungsansprüche des Leasingnehmers für den Fall vorzeitiger Auflösung des Vertrages aus wichtigen Gründen durch ihn sind in den allgemeinen Leasingbedingungen ebensowenig erwähnt wie ein solches einseitiges Auflösungsrecht und daher nicht ausgeschlossen. Daß durch die Vorauszahlung eine Minderung der monatlichen Leasingentgelte herbeigeführt wurde, bestreitet der Beschwerdeführer nicht und ergibt sich auch eindeutig aus dem Vertrag. Ob das Ausmaß der Minderung ohne Berücksichtigung "finanzmathematischer Kalkulationen" anders ausgefallen wäre, ist für die Beurteilung der Vorauszahlung als einer solchen von Mietkosten bedeutungslos.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, § 19 Abs. 3 EStG 1988 stelle ausdrücklich auf wiederkehrende - und zwar regelmäßig wiederkehrende - Zahlungen ab, steht schon mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht in Einklang.
Vorauszahlungen, die das laufende und das folgende Jahr betreffen, sind nicht zu verteilen. Übersteigt der Vorauszahlungszeitraum, für den die Vorauszahlung geleistet wurde, das folgende Jahr, dann ist die gesamte Ausgabe zu verteilen (Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar2, Rz. 56 zu § 19). Entscheidend ist daher nicht die Laufzeit des Leasingvertrages, sondern der Vorauszahlungszeitraum. Anders als im Fall des § 9 Abs. 2 EStG 1972 (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1979, 1418, 1500/79, VwSlg. 5408 F/1979) ist - wie den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu entnehmen ist (vgl. Hofstätter, Die Einkommensteuer 1988, Band I A Texte, 68) - in § 19 Abs. 3 ebenso wie in § 4 Abs. 6 EStG 1988 unter Jahr das Kalenderjahr zu verstehen. Die Aufteilungspflicht soll daher nur dann bestehen, wenn sich der Vorauszahlungszeitraum über mehr als zwei Kalenderjahre, also nicht nur auf das laufende und das folgende Kalenderjahr erstreckt. Diese Voraussetzung liegt hier schon im Hinblick auf die Vorschreibung der monatlichen Leasingentgelte in der Rechnung vom 1. Februar 1989 vor. Die so zu verstehende Regelung gibt zu Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes keinen Anlaß, weil es dem Gesetzgeber auf eine periodengerechte Aufteilung auch erst bei Überschreitung zweier betroffener Abgabenjahre ankommen darf.
Im Hinblick auf den Beschwerdepunkt erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob bei der Verteilung auch noch der Zeitraum zwischen Vorauszahlung und Beginn des Leistungszeitraumes zu berücksichtigen ist, oder ob bei Vorauszahlung vor Beginn des Leistungszeitraumes der Verteilungszeitraum erst mit dem Beginn des Mietverhältnisses einsetzt (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar2 Rz. 58 zu § 19). Der Beschwerdeführer erklärt sich nämlich ausdrücklich nur in seinem Recht verletzt, daß die einmalige Leasingzahlung 1988 ZUR GÄNZE 1988 einkommen- und gewerbesteuerrechtlilch berücksichtigt wird. In diesem Recht wird der Beschwerdeführer - wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen läßt - durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt.
Wird ein steuerfrei gelassener Betrag durch eine zulässige freiwillige frühere Auflösung verwendet und in der Aufzeichnung gegenüber dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht, so kann laut dem bereits oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1989 diese Auflösung nicht wieder rückgängig gemacht werden. Zur näheren Begründung wird auf den Inhalt dieser Entscheidung verwiesen. Gleiches gilt für unter der Herrschaft des EStG 1972 steuerfrei gelassene Beträge (§ 9 Abs. 3 EStG 1972), die gemäß § 116 Abs. 1 EStG 1988 als steuerfreie Beträge im Sinne des § 9 dieses Gesetzes gelten und unter der Herrschaft dieses Gesetzes freiwillig früher aufgelöst werden. Der Beschwerdeführer trägt nichts vor, was den Verwaltungsgerichtshof dazu veranlaßte, von der zitierten Rechtsprechung abzugehen. Der Beschwerdeführer hatte durch seine Steuererklärungen für 1991 in Verbindung mit deren Beilage gegenüber dem Finanzamt bereits am 27. Jänner 1993 den 1988 steuerfrei gelassenen Betrag durch eine zulässige freiwillige frühere Auflösung für 1991 verwendet und dies in der Aufzeichnung gegenüber dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht. Er konnte daher diese Verwendung in den später, nämlich am 9. März 1993, beim Finanzamt überreichten Berufungen nicht mehr rückgängig machen.
Die Beschwerdebehauptung, durch die Wiederaufnahme des Verfahrens hätte die Abgabenbehörde ihrerseits auch in die Aufzeichnungen im Zusammenhang mit der Rücklage eingegriffen, diese Aufzeichnungen des Abgabepflichtigen seien daher ohnehin nicht mehr rechtswirksam, es müsse ihm daher zustehen, auf solche Änderungen durch die Behörde hin auch seinerseits die Aufzeichnungen zu ändern, ist schon deshalb unrichtig, weil selbst eine Wiederaufnahme des Verfahrens nichts an der bereits erfolgten Verwendung des steuerfrei gelassenen Betrages ändern könnte. Abgesehen davon ist hinsichtlich des Jahres 1991 gar keine Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgt, sondern die Steuer erstmals festgesetzt worden.
Da dem Beschwerdeführer eine Rückgängigmachung der Verwendung des 1988 steuerfrei gelassenen Betrages im Jahre 1991 nicht zustand, wurde er daher im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinem Recht, die Investitionsrücklage 1988 im Jahre 1989 aufzulösen, nicht verletzt. Es erübrigt sich damit eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die in den Berufungen gegenüber dem Finanzamt am 9. März 1993 erklärten geänderten Verwendungen der Investitionsrücklage 1988 überhaupt ausreichend präzise gewesen wären.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994140064.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
08.07.2010