TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/17 93/15/0236

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.08.1994
beobachten
merken

Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §2 Abs2;
LiebhabereiV §1;
LiebhabereiV Abschn1 Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der W in X, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 29. November 1993, Zl. 1459-2/92, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1990 und 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin vermietet seit 1987 Räumlichkeiten des Objektes H. In ihren Einkommensteuererklärungen betreffend die Streitjahre machte sie dafür Verluste von S 23.337,38 bzw. S 28.685,-- geltend. Am 26. Mai 1992 gab sie dem Finanzamt Feldkirch unter anderem bekannt, in zwei bis drei Jahren einen Überschuß an Einnahmen zu erwarten.

Das Finanzamt erließ, datiert vom 21. August 1992, Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1990 und 1991 und beurteilte die Vermietung einer Kleinwohnung und eines Zimmers in dem genannten Objekt mit der Begründung als Liebhaberei, es sei in absehbarer Zeit kein Einnahmenüberschuß zu erwarten.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, das Finanzamt habe sich mit der Behauptung kurzfristig zu erwartender Einnahmenüberschüsse nicht auseinandergesetzt. Dazu legte die Beschwerdeführerin eine Aufstellung der zu erwartenden Ergebnisse für das Jahr 1992 mit einem voraussichtlichen Einnahmenüberschuß von S 6.114,-- vor. Aus dieser Aufstellung ergibt sich, daß nur mehr eine Wohnung vermietet ist. In einem Nachsatz der Berufung brachte die Beschwerdeführerin noch vor, das Finanzamt habe übersehen, daß für die Vermietung Adaptierungsarbeiten erforderlich gewesen seien, die naturgemäß in den ersten Jahren erhebliche Kosten verursacht hätten, jedoch in den nächsten Jahren nicht mehr anfallen würden.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 15. September 1992 als unbegründet ab und vertrat im wesentlichen die Rechtsauffassung, trotz des "zeitweiligen" Einnahmenüberschusses (im Jahr 1992) sei ein Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten nicht erzielbar gewesen.

Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und ergänzte ihr Vorbringen dahin, daß auch für die Jahre 1993 bis 1995 Einnahmenüberschüsse zu erwarten seien (S 10.000,-- bzw. S 15.000,- bzw. S 20.000,--); von nur zeitweiligen Überschüssen könne daher keine Rede sein, die Vermietung sei sehr wohl objektiv ertragsfähig.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde als unbegründet ab und traf die Feststellung, das in den Streitjahren auch vermietete Einzelzimmer werde seit 1. Jänner 1992 nicht mehr vermietet.

In ausdrücklicher Anwendung der Liebhabereiverordnung BGBl. Nr. 322/1990 behandelte die belangte Behörde in weiterer Folge die Frage, ob die Beschwerdeführerin über die Streitjahre hinaus eine im wesentlichen gleichbleibende Tätigkeit entfaltet habe oder ob zufolge einer Änderung der Bewirtschaftungsart ab dem Jahr 1992 ein neuer Beobachtungszeitraum begonnen habe. Die belangte Behörde nahm in diesem Zusammenhang eine Gegenüberstellung der von der Beschwerdeführerin in den Jahren seit 1987 erzielten Einnahmen und Werbungskosten vor und gelangte zu folgendem Ergebnis:

Der erste Abschnitt umfasse die Jahre 1987 bis 1991 und sei dadurch gekennzeichnet, daß die jährlichen Mieteinnahmen in der Höhe von durchschnittlich S 22.000,-- stets geringer gewesen seien, als die durch die Vermietungstätigkeit verursachten jährlichen Fixkosten (Abschreibungen, Grundsteuer, Versicherung und Heizung) von ca. S 28.700,--. Der zweite Abschnitt der Vermietungstätigkeit, nämlich der Zeitraum ab dem 1. Jänner 1992, sei durch eine grundlegende Änderung des wirtschaftlichen Engagements der Beschwerdeführerin gekennzeichnet. Die Bewirtschaftung des Mietobjektes sei derart umgestaltet worden, daß nunmehr jährliche Einnahmenüberschüsse erzielt werden könnten. Die Beschwerdeführerin habe folgende für die Ertragsfähigkeit des Mietobjektes ausschlaggebende Faktoren verändert: Obwohl ein Raum weniger vermietet werde, könne gegenüber dem ersten Vermietungsabschnitt ein um S 6.800,-- höherer Jahresmietzins erzielt werden. Die Tatsache, daß ein Raum weniger vermietet werde, führe gleichzeitig zu einer Reduktion der Abschreibung. Darüberhinaus würden die mit der Vermietungstätigkeit im Zusammenhang stehenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben nunmehr auf den Mieter überwälzt.

Betrachte man die Art und Weise der Bewirtschaftung des Mietobjektes bis 1991, so sei festzustellen, daß die Beibehaltung dieser Bewirtschaftungsart auf die Dauer gesehen die Erzielung eines Gesamtüberschusses unmöglich gemacht hätte. Anders verhalte es sich mit dem ab 1992 beginnenden zweiten Abschnitt der Tätigkeit der Beschwerdeführerin. In diesem Abschnitt sei die objektive Ertragsfähigkeit der Tätigkeit zweifellos gegeben. Dies zeigten die von der Beschwerdeführerin gesetzten Umstrukturierungsmaßnahmen. Es sei daher unzulässig, von einer insgesamt im wesentlichen gleichbleibenden Tätigkeit zu sprechen. Die ab Jahresbeginn 1992 herrschenden Verhältnisse könnten daher nicht auf den Zeitraum bis 1991 und daher auch nicht auf die Streitjahre mit der Folge rückprojiziert werden, daß die in den Streitjahren objektiv ertragsunfähige Tätigkeit auf Grund der späteren Änderungen zur Einkunftsquelle werde. Vom Vorliegen einer steuerlich beachtlichen Einkunftsquelle könne daher nicht gesprochen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß ihre Vermietungstätigkeit im Objekt H keine Liebhaberei darstellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit sich die Beschwerdeführerin zunächst unter Berufung auf den Abschnitt IV der Verordnung BGBl. Nr. 33/1993 gegen die Anwendung der Liebhabereiverordnung vom 18. Mai 1990, BGBl. Nr. 322/1990 wendet, ist ihr entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in seinem Erkenntnis vom 21. Juni 1994, Zl. 93/14/0217, folgendes klargestellt hat:

Mit 18. Mai 1990, BGBl. Nr. 322/1990, wurde vom Bundesminister für Finanzen die Liebhabereiverordnung erlassen. Art. II dieser Verordnung bestimmte, daß deren Art. I auf alle noch nicht rechtskräftig veranlagten Fälle anzuwenden sei. Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, V 53/91-15 ua, den Art. II der genannten Verordnung auf, was zur Folge hatte, daß ab der Kundmachung dieses Erkenntnisses am 21. Februar 1992, BGBl. Nr. 106/1992, die in Geltung gebliebenen Teile der Liebhabereiverordnung erst ab der Veranlagung für das Jahr 1990 anzuwenden waren.

Mit der am 15. Jänner 1993 kundgemachten Verordnung, BGBl. Nr. 33/1993, wurde vom Bundesminister für Finanzen die Liebhabereiverordnung neu gefaßt. Gemäß Abschnitt IV Abs. 1 ist diese Verordnung ab der Veranlagung für das Jahr 1993 (Einkommen- und Körperschaftsteuer) bzw. ab 1. Jänner 1993 (Umsatzsteuer) anzuwenden. Gemäß Abschnitt IV Abs. 2 dieser Verordnung tritt die Verordnung vom 18. Mai 1990, BGBl. Nr. 322/1990, mit 31. Dezember 1992 außer Kraft. Das bedeutet in diesem Fall, daß die letztgenannte Verordnung nur für die Veranlagungen der Jahre 1990, 1991 und 1992 anzuwenden ist.

Im Abgabenrecht besteht betreffend zeitbezogene materiell-rechtliche Vorschriften der Grundsatz, daß das zur Zeit der Verwirklichung des Abgabentatbestandes geltende Recht anzuwenden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 93/14/0006 und die dort zitierte Vorjudikatur). Die belangte Behörde hat daher zu Recht auf den vorliegenden Fall, der die Jahre 1990 und 1991 betrifft, die Verordnung BGBl. Nr. 322/1990 angewendet.

Auch mit ihren weiteren Argumenten ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht.

Die Liebhabereiverordnung BGBl. Nr. 322/1990 lautet auszugsweise:

"§ 1. (1) Einkünfte liegen vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die

-

durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erzielen und

-

nicht unter Abs. 2 fällt ...

(2) Liebhaberei ist bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen

1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (z.B. Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter, Wirtschaftsgüter, die der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses dienen) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder ...

§ 2. ...

(4) Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem überschauberen Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten läßt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird ..."

Nach ständiger hg. Judikatur setzt der für die Feststellung, ob eine Einkunftsquelle vorliegt, erforderliche Beobachtungszeitraum eine im wesentlichen gleichbleibende Tätigkeit voraus. Ändert sich die Art des wirtschaftlichen Engagements grundlegend und sind deshalb für die Zukunft positive wirtschaftliche Ergebnisse zu erwarten, so können die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit der Folge für die Vergangenheit rückprojiziert werden, daß eine bisher notwendigerweise ertragslose Tätigkeit bereits für die Vergangenheit als Einkunftsquelle beurteilt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1987, Zl. 87/14/0107 - und die dort zitierte Vorjudikatur - sowie die Erkenntnisse vom 21. September 1993, Zl. 90/14/0057 und vom 5. Oktober 1993, Zl. 90/14/0098).

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Frage der vom angefochtenen Bescheid ab 1992 angenommenen grundlegenden Änderung der Bewirtschaftungsart vor, einen Willkürakt gesetzt zu haben, und zwar ohne der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Die Beschwerdeführerin gesteht in ihrem nunmehrigen Beschwerdevorbringen unter Hinweis auf ihre Einkommensteuererklärungen aber ausdrücklich folgendes zu: In den Streitjahren seien das Stiegenhaus adaptiert sowie Bad und Klosett ausgemalt worden. Diese Arbeiten im Gesamtausmaß von ca. S 30.000,-- hätten dann eine Anhebung des Mietzinses ermöglicht. Ungeachtet des Umstandes, daß am 1. Jänner 1992 das kleine Dachbodenzimmer nicht mehr vermietet worden sei, sei es zu einer Erhöhung des Mietzinses vor allem deshalb gekommen, weil Bad und Klosett, die in der Vergangenheit von mehreren Bewohnern des Hauses benützt worden seien, nunmehr ausschließlich dem Mieter zur Verfügung stünden.

Im Zusammenhang damit, daß die Beschwerdeführerin dem Argument der belangten Behörde, die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben würden seit 1992 auf den Mieter überwälzt, nicht entgegengetreten ist, muß auf Grund des Beschwerdevorbringens die Relevanz eines in der Unterlassung der Einholung einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin allenfalls gelegenen Verfahrensmangels von vornherein verneint werden. Hätte die Beschwerdeführerin nämlich im Rahmen einer ihr gebotenen Gelegenheit zur Stellungnahme jene Tatsachen vorgebracht, die sie jetzt ins Treffen führt, dann hätte dies zu keinem anderen Bescheid geführt.

So wie in den bereits oben zitierten Beschwerdefällen Zlen. 90/14/0057 und 90/14/0098 eine Änderung der Finanzierungs- und Kostensituation bzw. der Abschluß eines neuen Mietvertrages mit höherem Mietzins jeweils als Änderungen der Bewirtschaftungsart angesehen wurden, ist im Beschwerdefall wegen der Reduzierung des Umfangs der Vermietungstätigkeit um ein (kleines Zimmer) verbunden mit Investitionen, die eine Anhebung des Mietzinses betreffend die vermietete Wohnung ermöglichten, insbesondere aber auf Grund der Überwälzung der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben auf den Mieter sowie zufolge des Umstandes, daß eine Erhöhung des Mietzinses dadurch erzielt werden konnte, daß dem Mieter der Wohnung nunmehr die Benützung von Bad und Klosett allein zusteht, davon auszugehen, daß ab 1. Jänner 1992 tatsächlich eine maßgebliche Änderung der Wirtschaftsführung eingetreten ist. Daraus folgt aber, daß mit 31. Dezember 1991 betreffend die Streitjahre ein abgeschlossener Beobachtungszeitraum vorlag, der zeigt, daß die entfaltete Tätigkeit nicht geeignet war einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

Schließlich muß auch das Argument der Beschwerdeführerin versagen, es wäre zu prüfen gewesen, ob nicht ein Fall des § 1 Abs. 1 der Liebhabereiverordnung vorliegt. Die Anwendung dieser Bestimmung scheidet nämlich deshalb aus, weil die Vermietung von Wohnräumen jedenfalls unter § 1 Abs. 2 Z. 1 der Verordnung fällt, welcher Umstand einer Anwendung des § 1 Abs. 1 der Verordnung ausdrücklich entgegensteht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insgesamt als fei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993150236.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten