TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/18 89/16/0197

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Veröffentlicht am 18.08.1994
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Index

32/06 Verkehrsteuern;

Norm

GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. August 1989, GA 11 - 835/2/89, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 29. Juli 1980 erwarb der Beschwerdeführer ein inländisches Grundstück, wobei er wegen der beabsichtigten Errichtung eines Einfamilienhauses Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG 1955 beantragte.

In Beantwortung einer Anfrage des Finanzamtes gab der Beschwerdeführer am 20. Juli 1988 bekannt, das Einfamilienhaus sei zwar schon errichtet, es fehlten aber noch die Zentralheizung, der Außenputz und die Fußböden. Die Garage befinde sich noch im Rohbau. Das Ansuchen um Benützungsbewilligung sei am 13. Juli 1988 eingereicht worden und werde diese voraussichtlich in sechs Wochen erteilt werden. Aus den vom Beschwerdeführer ua vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, daß die Rohbaubeschau am 1. Juli 1988 ohne wesentliche Beanstandungen durchgeführt wurde.

In Beantwortung einer weiteren Anfrage des Finanzamtes gab der Beschwerdeführer am 22. August 1988 bekannt, die Endbeschau des Einfamilienhauses sei am heutigen Tag durchgeführt worden. Die Benützungsbewilligung sei noch nicht erteilt worden. Die Beheizung des Einfamilienhauses erfolge vorerst durch einen Dauerbrandofen und elektrische Heizlüfter. In allen Räumen fehle noch der Estrich.

In der am 4. Oktober 1988 erteilten Benützungsbewilligung wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, innerhalb von acht Monaten ua den Fassadenverputz herzustellen sowie den teilweise fehlenden Estrich im Einfamilienhaus fertigzustellen.

Mit Bescheid vom 22. November 1988 setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer Grunderwerbsteuer gemäß § 14 Abs 1 Z 2 lit b GrEStG 1955 fest, wobei es zur Begründung unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 4 Abs 2 GrEStG 1955 ausführte, das Einfamilienhaus sei nicht innerhalb von acht Jahren ab Erwerb des Grundstückes fertiggestellt worden.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, das Einfamilienhaus sei - wie aus den von ihm übermittelten Unterlagen hervorgehe - bereits am 14. Juli 1988 fertiggestellt worden. Die beantragte Grunderwerbsteuerbefreiung sei daher nicht verwirkt.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, die achtjährige Frist ab Erwerb des Grundstückes sei am 29. Juli 1988 abgelaufen. Eine Arbeiterwohnstätte gelte dann als geschaffen, wenn das Einfamilienhaus seinem Zweck entsprechend bewohnbar fertiggestellt sei, somit die in den Bauplänen vorgesehenen Räume vollendet seien. Bei der Frage, ob ein Einfamilienhaus bewohnbar fertiggestellt sei, komme es nicht auf die subjektive Meinung des Benützers, sondern allein darauf an, ob dieses nach objektiven Maßstäben seinem Zweck entsprechend benützbar sei. Dies werde ua dann nicht der Fall sein, wenn Fußböden fehlten. Am 22. August 1988 - somit nach Ablauf der achtjährigen Frist - sei bekanntgegeben worden, der Estrich fehle noch in allen Räumen. In der am 4. Oktober 1988 erteilten Benützungsbewilligung sei aufgetragen worden, den noch teilweise fehlenden Estrich im Einfamilienhaus fertigzustellen. Es könne daher keine Rede davon sein, das Einfamilienhaus sei bereits vor Ablauf der achtjährigen Frist fertiggestellt worden.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer aus, er habe sich im Zeitpunkt der Rohbaubeschau entschlossen, keinen Estrich zu verlegen, sondern nach den neuesten Erkenntnissen baubiologische und wärmedämmende Materialien zu verwenden. Am 29. Juli 1988 sei in allen Räumen bereits ein Nadelfilz in Form von Platten, der dem vorgeschriebenen Wärmewert zwischen Kellerdecke und Fußboden entsprochen habe, verlegt gewesen. Es sei überdies aus technischen Gründen unmöglich gewesen, einen Estrich zu verlegen, weil hiefür bis zu den Türunterkanten nur mehr 2 cm Platz vorhanden gewesen sei und ein Estrich zumindest 5 cm stark ausgeführt sein müsse.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 4 Abs 1 Z 2 lit a und § 4 Abs 2 GrEStG 1955 und der hiezu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Einklang mit dem Finanzamt ausführte, ein Einfamilienhaus gelte dann als geschaffen, wenn es bezugsfertig sei. Maßgebend sei der Zeitpunkt der tatsächlichen Fertigstellung. Der bloße Beginn der Bauarbeiten reiche für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nicht aus. Die baulichen Arbeiten seien vielmehr erst dann als vollendet anzusehen, wenn das Einfamlienhaus seinem Zweck entsprechend benützbar geworden sei. Erfolge die Fertigstellung eines Einfamilienhauses nicht innerhalb der achtjährigen Frist, so sei die Grunderwerbsteuer wegen Nichterfüllung des begünstigten Zweckes nachträglich festzusetzen. Der Beschwerdeführer habe am 22. August 1988 mitgeteilt, es fehle in allen Räumen noch der Estrich. Solange der Estrich fehle, könne von einer dem Zweck entsprechenden Benützbarkeit des Einfamilienhauses keine Rede sein. Vielmehr liege noch ein Rohbau vor.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG 1955 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechsprechung ausgeführt hat (vgl Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, § 4 Tz 127a; Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil Grunderwerbsteuer, § 4 Abs 2, Ergänzung A, April 1984 und Ergänzung D, Juni 1985), ist ein Einfamilienhaus als Arbeiterwohnstätte in dem Zeitpunkt als geschaffen und somit vollendet anzusehen, in dem es seinem Zweck entsprechend benützbar geworden ist. Fehlen beispielsweise der Außenverputz, die Fußböden oder auch nur die BODENBELÄGE, so kann ein Einfamilienhaus nicht als geschaffen angesehen werden.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß am 29. Juli 1988 - somit mit Ablauf der achtjährigen Frist - im Einfamilienhaus noch keine Bodenbeläge verlegt waren (vgl die Beschwerdeausführungen auf Seite 4, zweiter Absatz). Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden. Es erübrigte sich daher auf die weitwendigen, teilweise aktenwidrigen Ausführungen - wie, es hätte von vornherein die Absicht bestanden, keinen Estrich zu verlegen, das Einfamilienhaus sei bereits am 14. Juli 1988 fertiggestellt worden - einzugehen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann im unterlassenen Augenschein, dessen Vornahme vom Beschwerdeführer überdies nicht beantragt wurde, keine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist bei Berufungserledigungen betreffend Grunderwerbsteuer nicht vorgesehen. Hinsichtlich der behaupteten Verletzung von Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes wird darauf verwiesen, daß in Angelegenheiten der bundesgesetzlich geregelten öffentlichen Abgaben die Bundesabgabenordnung anzuwenden ist, weshalb die mit Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes im Zusammenhang stehenden behaupteten Rechtsverletzungen schon aus diesem Grund nicht vorliegen können.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1989160197.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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