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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §30 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des E in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. April 1994, Zl. 512.214/01-I5/94, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. April 1994 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, die Ausbringung von Abwässern aus dem Fleischhauerei- bzw. Schlachtbetrieb in P auf landwirtschaftlichen Nutzflächen sowie die Ableitung von Kühlwässern in einen umbenannten Gießgraben umgehend, längstens jedoch bis zum 10. Juni 1994 einzustellen.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründet wird dieses Ansuchen damit, daß der Beschwerdeführer durch eine allfällige Vollstreckung des angefochtenen Bescheides einen nicht wiedergutzumachenden Schaden erleiden würde, weil die bei seinem Schlachtbetrieb befindlichen Senkgruben bloß eine Aufnahmekapazität für die betrieblichen Abwässer von drei bis vier Monaten hätten. Da innerhalb dieser Zeit noch keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Beschwerde vorliegen dürfte, müßte der Beschwerdeführer nach Ablauf dieser Zeit seinen Betrieb einstellen, weil ein Schlachtbetrieb ohne Verwendung von Wasser nicht aufrechterhalten werden könne. Dabei scheine die sofortige Vollstreckung des Bescheides durch öffentliche Rücksichten nicht geboten, weil sich der Schlachtbetrieb des Beschwerdeführers in einem äußerst dünn besiedelten Gebiet befinde und von der Behörde auch bloß die abstrakte Möglichkeit einer Grundwassergefährdung angenommen werde, ohne daß es bislang konkret zu irgendwelchen tatsächlichen Beeinträchtigungen des Grundwassers gekommen sei.
Die belangte Behörde hat sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen und dies damit begründet, daß die Ausbringung von Schlachtabwässern auf umliegende Flächen einen Übelstand darstelle und öffentlichen Interessen massiv zuwiderlaufe. Anläßlich eines Lokalaugenscheines am 21. Oktober 1993 sei festgestellt worden, daß im Betrieb des Beschwerdeführers keinerlei innerbetriebliche Vorreinigungs- und Rückhaltemaßnahmen für Grobstoffe vorhanden seien. Im Schlachtraum gebe es keine Siebe, in den Einlaufschächten bestünde kein Fettabscheider. Das Stechblut würde laut Aussage des Beschwerdeführers zweimal in der Woche in der TKV R entsorgt, jedoch geschehe dies offensichtlich nicht zur Gänze, da beim Augenscheinszeitpunkt der Boden des Schlachtraumes blutverschmiert und der Zulauf in die 3-Kammer-Faulanlage deutlich von Blut gefärbt gewesen sei. Der Amtssachverständige des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung für Abwassertechnik habe bei einem Lokalaugenschein eine Speicherkapazität der Senkgruben von höchstens zwei Monaten angenommen, wobei der Amtssachverständige für Biologie ausgeführt habe, daß die einzelnen Grundstücke unbestrittenermaßen mindestens 10 mal pro Jahr mit den Abwässern aus dem Schlachtbetrieb "gedüngt" würden. Das aufgebrachte Räumgut wäre dabei noch nicht ausgefault, auch wären Blutkrusten und Fleischreste auf einer jüngst gedüngten Fläche gefunden worden. Die wasserrechtlich konsenslos geübte Abwasserentsorgung werde den hygienisch, biologisch und abwassertechnisch erforderlichen Standards in keiner Weise gerecht und sollte im öffentlichen Interesse am Grundwasserschutz so rasch wie möglich eingestellt werden. Auch die Entsorgung der Kühlwässer erfolge konsenslos und widerspreche öffentlichen Interessen, da durch die Einbringung von Wärme in den kleinen Gießgraben die Gewässerbiologie mehr als geringfügig verändert werde und auch eine Einbringung von Wärmeenergie ins Grundwasser abzulehnen sei. Zu dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Nachteil, daß er den Betrieb stillegen müßte, sei im allgemeinen anzumerken, daß eine Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes grundsätzlich nicht unverhältnismäßig sei und eigenmächtige Neuerungen zu unterlassen seien.
Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Der angefochtene Bescheid geht von der Annahme aus, daß angesichts der Häufigkeit sowie der quantitativen und qualitativen Intensität der Ausbringung der keinen innerbetrieblichen Vorreinigungs- und Rückhaltemaßnahmen unterworfenen Schlachtabwässer nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist.
Da der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu überprüfen hat, hat er, wenn das in der Beschwerde selbst erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - was im Beschwerdefall nicht der Fall ist - jedenfalls zunächst von den Annahmen der belangten Behörde auszugehen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 256, angeführte Rechtsprechung).
Nach den Feststellungen der belangten Behörde stellt die Ausbringung von aus dem Betrieb des Beschwerdeführers anfallenden Abwässern auf landwirtschaftliche Nutzflächen eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 dar. Diese eigenmächtige Neuerung widerspricht dem öffentlichen Interesse an der Reinhaltung der Gewässer, insbesondere des Grundwassers. Eine Interessenabwägung ergibt, daß das öffentliche Interesse an der Gewässerreinhaltung im Beschwerdefall höher zu veranschlagen ist als das Interesse des Beschwerdeführers an der Beibehaltung der eigenmächtigen Neuerung, mögen mit einer Beseitigung derselben auch Nachteile für seinen Betrieb verbunden sein.
Die aufschiebende Wirkung war daher nicht zuzuerkennen.
Schlagworte
Interessenabwägung Zwingende öffentliche InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:AW1994070024.A00Im RIS seit
12.11.2001