TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/30 94/05/0094

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Veröffentlicht am 30.08.1994
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BauO Linz Wels 1887 §12;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 lita;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 litd;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art131;
B-VG Art144 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. November 1993, Zl. BauR-011007/2-1993 Ki/Vi, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Laut einem Bericht des Baupolizeiamtes des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 5. Dezember 1989 hat der Beschwerdeführer auf seinem Grundstück Nr. 1666/5 die mittlere von drei genehmigten Garagen unterkellert. Überdies hat er im Bereich des Windfanges des bewilligten Wohnhauses eine ca. 3,6 m x 5 m große Unterkellerung vorgenommen und zwischen der Windfangunterkellerung und dem Kellerraum im Bereich der Garage war ein 5,5 m langer und 1,5 m breiter Verbindungsgang errichtet. Mit Magistratsbescheid vom 1. März 1993 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, für die Unterkellerung der mittleren Garagenbox binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides um die nachträgliche Baubewilligung anzusuchen oder sie binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Hinsichtlich der Unterkellerung im Bereich des Windfanges und des Verbindungsganges wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, diese baulichen Anlagen binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers hat der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 20. April 1993 keine Folge gegeben. Aufgrund der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 19. Juli 1993 der Vorstellung mit der Feststellung Folge gegeben, der Einschreiter sei durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt worden. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer bereits in seinem Schreiben vom 28. Dezember 1991 - wenn auch subsidiär - ausdrücklich um eine Baubewilligung angesucht habe. Bei Vorliegen eines Baubewilligungsansuchens sei die Erlassung eines baupolizeilichen Alternativauftrages nicht zulässig.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 31. August 1993 wurde daraufhin der Rechtsauffassung der Vorstellungsbehörde Rechnung getragen, der erstinstanzliche Bescheid des Magistrates vom 1. März 1993 wurde insofern abgeändert, als der baupolizeiliche Auftrag bezüglich der Unterkellerung der mittleren Garagenbox behoben wurde; im übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 1. März 1994, Zl. B 1987/93-5, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Erlassung des Abtragungsauftrages - ohne die Alternative, nachträglich um Baubewilligung anzusuchen - hinsichtlich der nur mehr verfahrensgegenständlichen Unterkellerung des Windfanges des Verbindungsweges wurde im Verwaltungsverfahren damit begründet, daß diese Baulichkeiten hinter der im rechtswirksamen Bebauungsplan S 124 festgelegten Baufluchtlinie situiert seien, sowohl zum Erbauungszeitraum als auch im Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages von der Bewilligungspflicht erfaßt waren, die erforderliche schriftliche Baubewilligung nicht vorliege und wegen des Widerspruches zum Bebauungsplan auch nicht erteilt werden könne.

Gemäß § 61 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung, BGBl. Nr. 35/1976 in der Fassung LBGl. Nr. 68/1988 (im folgenden: O.Ö. BauO 1976), hat die Baubehörde, wenn sie feststellt, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, - unbeschadet der Bestimmung des § 56 - dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

Aus dem über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juni 1994 vorgelegten Originalbebauungsplan S 124 geht hervor, daß das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Gebäude in der S-Straße 195, auf dem Grundstück Nr. 1666/5 zur Gänze an sämtlichen vier Seiten durch Baufluchtlinien umgrenzt wird (die sich im wesentlichen an den Baubestand anlehnen). Südlich des Hauptgebäudes ist außerhalb der Baufluchtlinien der bestehende Gartenriegel als Bestand ausgewiesen. Bei der vom Beschwerdeführer in zahlreichen Eingaben angesprochenen, in einer Enfernung von 25 m zur Straßenfluchtlinie eingezeichneten, strichlierten Linie handelt es sich nicht um eine Baufluchtlinie; die hier maßgebliche (innere) Baufluchtlinie verläuft vielmehr ca. 4 m nordwestlich dieser strichlierten Linie an der südöstlichen Gebäudefront. Der beschwerdegegenständliche unterirdische Verbindungsgang sowie die Windfangunterkellerung liegen somit eindeutig außerhalb der inneren Baufluchtlinie.

Der Beschwerdeführer führte im Verfahren selbst aus, daß die gegenständlichen Anlagen vor ca. 20 Jahren errichtet worden seien. Zum Zeitpunkt der Errichtung dieser baulichen Anlagen stand daher die Linzer Bauordnung 1887 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogtum Österreich ob der Enns Nr. 22/1887) in Geltung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 6. November 1990, Zl. 90/05/0111, ausgesprochen, daß ein Auftrag, den konsensgemäßen Zustand herzustellen, nur hinsichtlich solcher Baulichkeiten erteilt werden darf, die sowohl zum Zeitpunkt ihrer Durchführung als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Auftrages von der Baubewilligungspflicht erfaßt waren. Überdies bestimmt § 69 Abs. 2 O.Ö. BauO 1976 ausdrücklich, daß die bei Inkrafttreten der O.Ö. BauO 1976 am 1. Jänner 1977 bestehenden baulichen Anlagen, die erst nach diesem Gesetz bewilligungspflichtig wurden, keiner nachträglichen Bewilligung bedürfen.

Gemäß § 12 der Linzer Bauordnung 1887 war zur Führung von Neu-, Zu- und Umbauten sowie zur Vornahme wesentlicher Ausbesserungen und Abänderungen an bestehenden Gebäuden die Bewilligung der Behörde notwendig. Als Zubau war nach der dazu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jede Veränderung eines bestehenden Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung zu verstehen, sodaß, wie die belangte Behörde richtig ausführte, auch die teilweise Unterkellerung des Gebäudes als Zubau im Sinne der zitierten Bauvorschrift anzusehen ist. Demnach konnten schon die Gemeindebehörden zutreffend davon ausgehen, daß die vom baupolizeilichen Auftrag erfaßten Maßnahmen nach der Linzer Bauordnung bewilligungspflichtig waren. Daß die gegenständlichen Baumaßnahmen nach der geltenden O.Ö. BauO 1976 der Bewilligung gemäß § 41 Abs. 1 lit. a bedürfen, hat der Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Zutreffend durfte die belangte Behörde somit davon ausgehen, daß die gegenständlichen baulichen Anlagen sowohl zum Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch zum Zeitpunkt der Erteilung des baupolizeilichen Auftrages bewilligungspflichtig waren und die erforderliche Bewilligung wegen des Widerspruches zur inneren Baufluchtlinie nicht erteilt werden konnte.

Zum Vorbringen, daß mittlerweile die Baubewilligung für das angrenzende Kellerlokal mit Bescheid vom 23. August 1993 rechtskräftig erteilt worden sei, führte die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift aus, daß mit diesem Bescheid lediglich die Frist zur Fertigstellung des mit Bescheid vom 31. Mai 1955 genehmigten Bauvorhabens betreffend das Wohn- und Geschäftshaus des Beschwerdeführers bis zum 31. Dezember 1996 verlängert wurde. Die erwähnte Baubewilligung decke jedoch die beschwerdegegenständlichen konsenslosen Baumaßnahmen nicht ab. Diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten, es findet sich auch im Verwaltungsakt kein Anhaltspunkt für die Richtigkeit der Behauptung des Beschwerdeführers.

Wenn dieser letztlich eine Rechtswidrigkeit darin sieht, daß die belangte Behörde das Verfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Zl. B 1472/93 nicht ausgesetzt hat, so verkennt er insofern die Rechtslage, als eine anhängige Beschwerde bei einem der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes keine Vorfragenproblematik begründet. Davon abgesehen ermächtigt § 38 AVG die Behörde zur Aussetzung eines Verfahrens unter bestimmten Voraussetzungen, verpflichtet sie jedoch nicht dazu, weshalb ein Rechtsanspruch einer Partei auf eine Aussetzung des Verfahrens nach § 38 AVG nicht abzuleiten ist.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050094.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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