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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art10 Abs1 Z14Leitsatz
Zurückweisung von Anträgen der Oberösterreichischen und der Steiermärkischen Landesregierung auf Aufhebung von Akten der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich bzw eines Erlasses des Bundesministers für Inneres betreffend die Auflassung von bestimmten Gendarmerieposten mangels Verordnungscharakter der bekämpften AkteSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1.a) Der Bundesminister für Inneres richtete an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich unter der Zl. 2146/412-II/5/91 ein mit 29. Juli 1991 datiertes Schreiben mit folgendem Wortlaut:
"Unter Bezugnahme auf die Besprechung am 16.7.1991 im Bundesministerium für Inneres betreffend das Dienststellenstrukturkonzept 1991 wird beiliegend die Aufstellung über die im Bundesland Oberösterreich aufzulassenden Gendarmerieposten übermittelt.
Die in diesem Zusammenhang zu treffenden Maßnahmen sind ehestmöglich einzuleiten. Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden sind vor der Zusammenlegung nochmals zu informieren.
Weiters ist dafür vorzusorgen, daß die Überwachungsgebiete der aufgelassenen Gendarmerieposten von den übernehmenden Dienststellen in jenem Ausmaß sicherheitsdienstlich betreut werden, daß die mit dem DSK 1991 beabsichtigte Steigerung der Gendarmeriepräsenz tatsächlich gewährleistet ist.
Das LGK für Oberösterreich wird unter einem in Kenntnis gesetzt und angewiesen, die notwendigen Personal- und sonstigen Maßnahmen einzuleiten.
Bezüglich der GP Traunkirchen, Kopfing, Esternberg, Klaus und Micheldorf sind noch Abklärungen durch das Bundesministerium für Inneres erforderlich, weshalb mit der Zusammenlegung dieser Dienststellen noch zuzuwarten ist."
In der diesem Schreiben beigelegten "Übersicht über die zusammenzulegenden Gendarmerieposten im LGK-Bereich Oberösterreich" sind die aufzulassenden Gendarmerieposten und die "übernehmenden" Gendarmerieposten namentlich angeführt.
Eine Abschrift dieses Schreibens erging an das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich.
b) Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich richtete an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach und an das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich unter der Zl. P-130- ein mit 10. August 1991 datiertes Schreiben folgenden Wortlautes:
"Das Bundesministerium für Inneres hat mit Erlaß vom 29.7.1991, Zl. 2146/412-II/5/91, der Auflassung des mit 3 Beamten systemisierten Gendarmeriepostens Julbach zugestimmt.
Gemäß §3 Absatz 2 Gendarmeriegesetz 1918 wird sohin im Einvernehmen mit dem Landesgendarmeriekommando f. OÖ. die Auflassung des Gendarmeriepostens Julbach unter gleichzeitiger Zuweisung seines bisherigen Überwachungsgebietes zum Gendarmerieposten Peilstein mit Wirksamkeit vom 31.8.1991 verfügt.
Die beabsichtigte Zuweisung der durch die Auflassung freiwerdenden Planstellen zum Gendarmerieposten Peilstein (2) und Aigen i.M. (1) wird zustimmend zur Kenntnis genommen.
Die weiteren organisatorishen Verfügungen werden vom Landesgendarmeriekommando getroffen."
c) Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich richtete unter derselben Zahl und demselben Datum inhaltlich gleichlautende Schreiben an die Bezirkshauptmannschaften Freistadt, Schärding, Steyr-Land und Urfahr-Umgebung sowie an das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich betreffend die Auflassung der Gendarmerieposten Schönau i.M., Sigharting, Waldneukirchen und Alberndorf unter gleichzeitiger Zuweisung des Überwachungsgebietes an jeweils namentlich bezeichnete Gendarmerieposten.
2.a) Der Bundesminister für Inneres richtete an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark unter der Zl. 2146/412-II/5/91 ein mit 29. Juli 1991 datiertes Schreiben mit folgendem Wortlaut:
"Unter Bezugnahme auf die Besprechung am 16.7.1991 im BM f. Inneres betreffend das Dienststellenstrukturkonzept 1991 wird beiliegend die Aufstellung über die im Bundesland Steiermark aufzulassenden Gendarmerieposten übermittelt.
Die in diesem Zusammenhang zu treffenden Maßnahmen sind ehestmöglich einzuleiten. Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden sind vor der Zusammenlegung nochmals zu informieren. Weiters ist dafür vorzusorgen, daß die Überwachungsgebiete der aufgelassenen Gendarmerieposten von den übernehmenden Dienststellen in jenem Ausmaß sicherheitsdienstlich betreut werden, daß die mit dem DSK 1991 beabsichtigte Steigerung der Gendarmeriepräsenz tatsächlich gewährleistet wird.
Das LGK für Steiermark wird unter einem in Kenntnis gesetzt und angewiesen, die notwendigen Personal- und sonstigen Maßnahmen einzuleiten.
Bezüglich des GP Neudau, Großlobming und St. Marein
b. Knittelfeld sind noch Abklärungen durch das BM f. Inneres erforderlich, weshalb mit der Zusammenlegung dieser Dienststellen noch zuzuwarten ist.
Der GP Mürzsteg ist erst nach Vorliegen des Einsatzplanes über die Gewährleistung der Sicherheit für den Herrn Bundespräsident(en) zusammenzulegen."
In der diesem Schreiben beigelegten "Übersicht über die zusammenzulegenden Gendarmerieposten im LGK-Bereich Steiermark" sind die aufzulassenden Gendarmerieposten und die "übernehmenden" Gendarmerieposten namentlich angeführt.
Eine Abschrift dieses Schreibens erging an das Landesgendarmeriekommando für Steiermark.
b) Der Bundesminister für Inneres richtete an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark unter der Zl. 2146/460-II/5/91 folgendes mit 20. August 1991 datiertes Schreiben:
"Unter Bezugnahme auf den Erlaß vom 29.7.1991,
Zahl 2146/412-II/5/91, wird eröffnet, daß nach Prüfung der Sachlage auch die Zusammenlegung der GP Neudau, Großlobming, St. Marein bei Knittelfeld und Mürzsteg mit den in der übermittelten Aufstellung genannten Gendarmerieposten unverzüglich einzuleiten ist.
Das LGK für Steiermark wurde u.e. in Kenntnis gesetzt."
Eine Abschrift dieses Schreibens erging an das Landesgendarmeriekommando für Steiermark.
II. 1. Die Oberösterreichische Landesregierung stellte auf Grund ihres Beschlusses vom 2. September 1991 gemäß Art139 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof die folgenden, zu V254-258/91 protokollierten Anträge:
"Der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art139 Abs1 B-VG 1929
1.
die 'Auflösungsverfügung' der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10.8.1991, P-130-, mit dem die Auflassung des Gendarmeriepostens Julbach unter gleichzeitiger Zuweisung zum Gendarmerieposten Peilstein,
2.
die 'Auflösungsverfügung' der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10.8.1991, P-130-, mit dem die Auflassung des Gendarmeriepostens Alberndorf unter gleichzeitiger Zuweisung zum Gendarmerieposten Gallneukirchen,
3.
die 'Auflösungsverfügung' der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10.8.1991, P-130-, mit dem die Auflassung des Gendarmeriepostens Schönau i.M. unter gleichzeitiger Zuweisung zum Gendarmerieposten Unterweißenbach bzw. Königswiesen,
4.
die 'Auflösungsverfügung' der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10.8.1991, P-130-, mit dem die Auflassung des Gendarmeriepostens Sigharting unter gleichzeitiger Zuweisung zum Gendarmerieposten Taufkirchen an der Pram bzw. Schärding,
5.
die 'Auflösungsverfügung' der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10.8.1991, P-130-, mit dem die Auflassung des Gendarmeriepostens Waldneukirchen unter gleichzeitiger Zuweisung zum Gendarmerieposten Sierning bzw. Bad Hall,
in eventu:
1.
in der 'Auflösungsverfügung' vom 10.8.1991, P-130-, betreffend die Auflassung des Gendarmeriepostens Julbach die Wortfolge:
'Gemäß §3 Absatz 2 Gendarmeriegesetz 1918 wird sohin im Einvernehmen mit dem Landesgendarmeriekommando f. OÖ. die Auflassung des Gendarmeriepostens Julbach unter gleichzeitiger Zuweisung seines bisherigen Überwachungsgebietes zum Gendarmerieposten Peilstein mit Wirksamkeit vom 31.8.1991 verfügt.'
2.
in der 'Auflösungsverfügung' vom 10.8.1991, P-130-, betreffend die Auflassung des Gendarmeriepostens Alberndorf die Wortfolge:
'Gemäß §3 Absatz 2 Gendarmeriegesetz 1918 wird sohin im Einvernehmen mit dem Landesgendarmeriekommando f. OÖ. die Auflassung des Gendarmeriepostens Alberndorf unter gleichzeitiger Zuweisung seines bisherigen Überwachungsgebietes zum Gendarmerieposten Gallneukirchen mit Wirksamkeit vom 31.8.1991 verfügt.'
3.
in der 'Auflösungsverfügung' vom 10.8.1991, P-130-, betreffend die Auflassung des Gendarmeriepostens Schönau i.M. die Wortfolge: 'Gemäß §3 Absatz 2 Gendarmeriegesetz 1918 wird sohin im Einvernehmen mit dem Landesgendarmeriekommando f. OÖ. die Auflassung des Gendarmeriepostens Schönau i.M. unter gleichzeitiger Zuweisung seines bisherigen Überwachungsgebietes zu den Gendarmerieposten Unterweißenbach (Gemeindegebiet Schönau i.M.) und Königswiesen (Gemeindegebiet Pierbach) mit Wirksamkeit vom 31.8.1991 verfügt.'
4.
in der 'Auflösungsverfügung' vom 10.8.1991, P-130-, betreffend die Auflassung des Gendarmeriepostens Sigharting die Wortfolge:
'Gemäß §3 Absatz 2 Gendarmeriegesetz 1918 wird sohin im Einvernehmen mit dem Landesgendarmeriekommando f. OÖ. die Auflassung des Gendarmeriepostens Sigharting unter gleichzeitiger Zuweisung seines bisherigen Überwachungsgebietes zu den Gendarmerieposten Taufkirchen an der Pram (Gemeindegebiet Sigharting) und Schärding (Gemeindegebiet St. Florian a.I.) mit Wirksamkeit vom 31.8.1991 verfügt.'
5.
in der 'Auflösungsverfügung' vom 10.8.1991, P-130-, betreffend die Auflassung des Gendarmeriepostens Waldneukirchen die Wortfolge: 'Gemäß §3 Absatz 2 Gendarmeriegesetz 1918 wird sohin im Einvernehmen mit dem Landesgendarmeriekommando f. OÖ. die Auflassung des Gendarmeriepostens Waldneukirchen unter gleichzeitiger Zuweisung seines bisherigen Überwachungsgebietes zu den Gendarmerieposten Sierning (Gemeindegebiet Waldneukirchen) und Bad Hall (Gemeindegebiet Adlwang) mit Wirksamkeit vom 31.8.1991 verfügt. Mit gleicher Wirksamkeit wird der bisher vom Gendarmerieposten Steyr betreute Teilbereich der Gemeinde Sierning im Ausmaß von 3,5 km2 dem Überwachungsgebiet des Gendarmeriepostens Sierning zugewiesen.'
wegen Gesetzwidrigkeit aufheben."
2. Die Steiermärkische Landesregierung stellte auf Grund ihres Beschlusses vom 23. September 1991 gemäß Art139 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den folgenden, zu V262/91 protokollierten Antrag:
"Der Verfassungsgerichtshof möge den Erlaß des Bundesministeriums für Inneres vom 29.7.1991 bzw. 20.8.1991, Zl. 2146/460-II/5/91, wegen Gesetzwidrigkeit aufheben, soweit er die Auflassung folgender Gendarmerieposten verfügt:
Edelsbach, Großstübing, Thal, Dechantskirchen, St.Johann/Haide, Neudau, Wenigzell, St.Johann/T., Großlobming, St.Marein/Kn., St.Georgen/St., Mürzsteg, Mettersdorf/S., Kainach, Salla, Gasen und Rettenegg."
3. a) Die Oberösterreichische Landesregierung hat zur Frage der Zulässigkeit der Anträge vorgebracht:
"1. Gemäß Art139 Abs1 zweiter Satz B-VG 1929 erkennt der Verfassungsgerichtshof unter anderem über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundesbehörde auf Antrag einer Landesregierung. Dieser Bestimmung zufolge besitzt die Landesregierung die Berechtigung, Verordnungen von Bundesbehörden auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen - abstrakte Kontrollbefugnis der Landesregierung gegenüber Bundesbehörden; dies bedeutet, daß der Prüfungsantrag in keinem verfahrensrechtlichen Zusammenhang mit der Setzung eines individuellen Verwaltungsaktes stehen muß (vgl. Wolfgang Pesendorfer, Der Landeshauptmann, S. 205; Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, Band 2, S. 1217 und 1299; Walter-Mayer, Grundriß des österr. Bundesverfassungsrechtes,
6. Auflage, RZ 1113). Da keine weiteren Voraussetzungen den einschlägigen (verfassungs)gesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen sind, wäre eine Anfechtung von 'Bundesverordnungen' durch die Landesregierung auch dann zulässig, wenn die Landesregierung unmittelbar von dieser Verordnung nicht 'berührt' wäre. Der Landesregierung kommt bezüglich der Antragstellung ein 'Ermessen' zu, vergleichbar jenem, das einer Partei hinsichtlich der Entscheidung zukommt, ob sie ein Rechtsmittel ergreifen will oder nicht (Merkl, ZBl. 1921, S. 569). Ziel dieser Anträge ist jedoch, die in Punkt I. aufgelisteten 'Aufhebungsverfügungen', die als Verordnungen zu qualifizieren sind, wegen Widerspruchs zum §3 Abs2 Gendarmeriegesetz 1918 (Nichtherstellung des erforderlichen Einvernehmens mit dem Landeshauptmann) zu beseitigen (bzw. beseitigen zu lassen).
Da die Anfechtungsbefugnis gemäß Art139 Abs1 B-VG 1929 allein der Landesregierung als Kollegialbehörde vorbehalten ist (z.B. VfSlg. 7593/1975, 5681/1968), hat die o.ö. Landesregierung am 2. September 1991 die Anfechtung der genannten 'Auflösungsverfügungen' kollegial beschlossen (eine Kopie des Beschlusses der Oberösterreichischen Landesregierung vom 2. September 1991 betreffend diese Anträge liegt in der Beilage 1 bei).
2. Die Anfechtungsbefugnis gemäß Art139 B-VG 1929 setzt voraus, daß es sich bei den die Auflösung bzw. die Zusammenlegung von Gendarmerieposten verfügenden 'Auflösungsverfügungen' um Verordnungen im Sinn des Art139 B-VG 1929 handelt. Dabei kann es sich nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg. 8602/1979 sowie Oberndorfer, EuGRZ 1988, S. 196) um sogenannte Verwaltungsverordnungen als auch um Rechtsverordnungen handeln. Unter Verwaltungsverordnungen sind jene normativen generellen 'Akte' der Verwaltung zu verstehen, die von einer Verwaltungsbehörde ausschließlich an nach Gattungsmerkmalen bestimmte Verwaltungsorgane - also an Menschen als Organwalter 'im Innenverhältnis' - gerichtet sind, während Rechtsverordnungen jene normativen 'Akte' von Verwaltungsbehörden darstellen, die nicht nur an Verwaltungsorgane, sondern (auch) an die 'Allgemeinheit' (an 'Außenstehende') - 'Dritte' - überhaupt oder an nach Gattungsmerkmalen umschriebene Gruppen der Bevölkerung gerichtet sind (z.B. VfSlg. 5511/1967 und 8602/1979; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, S. 154).
In diesem Zusammenhang ist im folgenden noch kurz zur Abgrenzung der Begriffe 'Rechtsverordnung', 'Verwaltungsverordnung' und (nach Ansicht der Lehre nicht nach Art139 B-VG 1929 anfechtbaren) 'generellen Weisungen' einzugehen: Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, Band I, S. 247f, kommt zu der Auffassung, daß eine Unterscheidung von Verwaltungsverordnungen und Rechtsverordnungen im materiellen Sinn nicht möglich ist. Wesentlich ist, daß Verordnungen subjektive Rechte von Betroffenen berühren; auf die Bezeichnung als Verordnung kommt es nicht an. In diesem (materiellen) Sinn halten auch Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, S. 247, eine Unterscheidung von Verwaltungsverordnungen und Rechtsverordnungen für überflüssig, da eine solche Unterscheidung eine 'Verdunkelung des Unterschiedes zwischen Weisungen und Verordnungen' mit sich bringt (vgl. auch Walter-Mayer, Grundriß des österr. Bundesverfassungsrechtes,
6. Auflage, RZ 1105). Soweit 'Akte der Vollziehung' keine subjektiven Rechte 'Dritter' berühren, solche Akte also ausschließlich an Menschen als Organwalter 'im Innenverhältnis' gerichtet sind, sind sie als generelle Weisungen einzustufen; sie sind nur dann als 'Verordnung' zu qualifizieren, wenn sie als solche bezeichnet und gehörig kundgemacht wurden - Verordnungen im (ausschließlich) formellen Sinn (vgl. Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, Band I, S. 252). Von einer solchen Unterscheidung dürfte auch der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 8602/1979 ausgegangen sein. Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis ausgesagt, daß es 'für die Frage der Prüfbarkeit nach Art139 B-VG 1929 ohne Belang ist, ob es sich bei einer Verordnung um eine Verwaltungsverordnung oder um eine Rechtsverordnung handelt', da diese Frage nur bei Prüfung der Gesetzmäßigkeit in formeller Hinsicht von Bedeutung ist.
Ungeachtet dieser Unterscheidung in Verordnungen in materiellem oder formellem Sinn ist bei der Lösung der vorliegenden Frage auch von der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung im §3 Abs2 Gendarmeriegesetz 1918 auszugehen. Nach dieser Bestimmung ist der Stand der Postenkommanden von der 'Landesregierung im Einvernehmen mit dem Landesgendarmeriekommando' zu bestimmen. Diese Gesetzesbestimmung legt daher ein einvernehmliches Vorgehen zweier 'Behörden' fest. Ein solches 'Vorgehen' ist auf Grund der historischen Entwicklung im Bereich der Sicherheitsbehörden durchaus verständlich und sollte - wie dies auch im §16 des Gesetzes BGBl. Nr. 70/1966 klar zum Ausdruck kommt - einen Ausgleich zweier 'Interessenssphären' darstellen. Durch die ausdrückliche gesetzliche Verankerung dieses 'Zusammenwirkens' ist daher davon auszugehen, daß der Gesetzgeber in diesem Bereich, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine Verordnung im materiellen oder formellen Sinn gegeben sind, eine bestimmte 'Rechtsform' vorgegeben hat; eine solche 'gesetzliche Anordnung' steht dem Gesetzgeber durchaus offen (so könnte der Gesetzgeber auch anordnen, daß generelle Weisungen kundzumachen sind oder eine individuelle Weisung in einem Instanzenzug bekämpfbar ist). Aus der gesetzlichen Anordnung im §3 Abs2 Gendarmeriegesetz 1918 ergibt sich, daß es sich bei der Festlegung des 'Standes' der Postenkommanden um einen bekämpfbaren (überprüfbaren) Rechtsakt handeln muß, der, da er sich an eine unbestimmte Anzahl von außerhalb der Staatsorganisation befindlichen Normunterworfenen des (neugegliederten) Überwachungsgebietes (das ist 'Festlegung des örtlichen Zuständigkeitsbereiches') richtet, als Verordnung zu qualifizieren ist (vgl. in diesem Sinn Oberndorfer, ÖZW 1978, S. 96, sowie Wolfgang Pesendorfer, Der innere Dienstbetrieb im Amt der Landesregierung, 1981, S. 18, FN 20).
3. Sollte der Rechtsansicht, daß sich bereits unmittelbar aus §3 Abs2 Gendarmeriegesetz 1918 der Verordnungscharakter der 'Auflösungsverfügung' ergibt, nicht beigetreten werden, ergibt sich der 'Verordnungscharakter' aus folgendem:
Es ist davon auszugehen, daß Verordnungen im materiellen Sinn nur jene Rechtsakte von Verwaltungsbehörden sind, die subjektive Rechte 'Dritter' berühren; Rechtsakte von Verwaltungsbehörden, die dieses Erfordernis nicht erfüllen, sind hingegen als generelle Weisungen anzusehen (materielle Betrachtungsweise). 'Rechtsakte' von Verwaltungsbehörden, die keine subjektiven Rechte 'Dritter' berühren, sind dann als Verordnung einzustufen, wenn sie als solche bezeichnet und gehörig kundgemacht sind (formelle Betrachtungsweise).
Stellt man auf den Verordnungsbegriff im materiellen Sinn ab, so ist zu prüfen, ob durch die Einrichtung bzw. Auflassung von Gendarmerieposten subjektive Rechte 'Dritter' berührt werden:
a) Die Einrichtung bzw. die Auflassung von Gendarmerieposten ist nach Ansicht der Oberösterreichischen Landesregierung eine nicht nur an Verwaltungsorgane gerichtete normative Anordnung, die sich an die Organwalter im 'Innenverhältnis' richtet, sondern gleichzeitig (auch) eine nach außen - für die Allgemeinheit - wirksame 'Anordnung'. Die Einrichtung bzw. Auflassung von Gendarmerieposten ist nämlich für die einzelnen Staatsbürger von grundsätzlicher Bedeutung oder zumindest in ihrem emanenten Interesse gelegen, weil durch eine solche Maßnahme (auch) der Überwachungsbereich bzw. das Überwachungsgebiet eines Postens geregelt wird (vgl. in diesem Sinn die ausdrückliche 'Anordnung' in den 'Auflösungsverfügungen'). Der mit der Einrichtung eines Gendarmeriepostens bzw. Auflassung verbundene Überwachungsbereich bestimmt daher grundsätzlich die 'Zuständigkeit' des Gendarmeriepostens zu bestimmten Maßnahmen (Überwachung und 'Betreuung') in einem bestimmten abgegrenzten Gebiet.
In diesem Zusammenhang darf auch auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg. 2709/1954, 2650/1954) hingewiesen werden. In diesen Erkenntnissen wurde ausgeführt, daß - soweit eine gesetzliche Regelung nicht besteht - Sitz und Sprengel, im besonderen der unteren Verwaltungsbehörden, nur durch Verordnung bestimmt und geändert werden können. Auch wenn den einzelnen Gendarmerieposten nicht die grundsätzlich einer Verwaltungsbehörde zukommenden Aufgaben in selbständiger Verantwortung obliegen, wirken sie im Rahmen des ihnen zukommenden Exekutivdienstes - etwa durch faktische Amtshandlungen - wesentlich bei der Vollziehung von Gesetzen mit. Bestätigt wird dieser - unter dem Gesichtswinkel des Grundrechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter relevante - rechtliche Zusammenhang durch den (1983 neugeschaffenen) §27 Abs3 VStG., der die Überschreitung des durch einen (zwangsläufig) generellen Rechtsakt festgelegten örtlichen Zuständigkeitsbereiches der Gendarmerieorgane (das ist das Überwachungsgebiet in der Sprache der 'Auflösungsverfügungen') an strenge gesetzliche Voraussetzungen bindet: eine Verletzung dieser Regelung im Einzelfall ist ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter (vgl. Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 10. Auflage, 1988, S. 87).
Folgt man der Auffassung, daß die Einrichtung und damit auch die Auflassung eines Gendarmeriepostens und die Festlegung des damit verbundenen Überwachungsbereiches eine Änderung des 'Zuständigkeitsbereiches' darstellt, so muß der Verwaltungsakt, mit dem der Gendarmerieposten aufgelöst wird und somit auch der 'Zuständigkeitsbereich' der Gendarmerie geändert wird, eine Verordnung im materiellen Sinn darstellen, weil 'Zuständigkeitsnormen' grundsätzlich subjektive Rechte 'Dritter' berühren (vgl. auch Ausführungen zu Punkt III. Z. 3).
b) Selbst wenn man die Auffassung vertritt, daß die Änderung des 'Zuständigkeitsbereiches' durch die Einrichtung bzw. Auflassung des Gendarmeriepostens Interessen der Staatsbürger nicht berührt werden, findet die Auffassung, daß eine Verordnung im materiellen Sinn vorliegt, auch darin seine Begründung, daß durch einen solchen 'Verwaltungsakt' in die 'Rechtssphäre' der dem Gendarmerieposten zugeteilten Beamten eingegriffen wird. Unter den subjektiven Rechten und Pflichten - deren 'Berührung' Voraussetzung für eine Verordnung im materiellen Sinn darstellt - sind nämlich auch solche von Organwaltern (Beamten oder Vertragsbediensteten) zu verstehen. Hat daher eine 'Verfügung' einer Verwaltungsbehörde dienstrechtliche Auswirkungen für die Organwalter zufolge, so betrifft eine solche Verfügung nicht (nur) ihre Organfunktion, sondern ihre Stellung als 'Private', somit ihre subjektiven Rechte; sie sind in dieser Beziehung 'Außenstehende' - 'Dritte' (vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, S. 154, bzw. Wolfgang Pesendorfer, Der innere Dienstbetrieb im Amt der Landesregierung, 181, S. 29ff). Die Auflassung bzw. Zusammenlegung von Gendarmerieposten hat, wie dies auch in den 'Auflösungsverfügungen' klar zum Ausdruck kommt, die Versetzungen von Beamten gemäß §38 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 zur Folge. Nach dem Beamtendienstrechtsgesetz 1979 setzt - unter den im Gesetz näher bestimmten Voraussetzungen - eine Versetzung zwingend einen Wechsel des Dienstortes voraus. Sofern ein Beamter seine dienstliche Tätigkeit zwar bei einer anderen Dienststelle (desselben Ressorts), nicht aber an einem anderen Dienstort auszuüben hat, kommt die Erlassung eines Versetzungsbescheides von vornherein gar nicht in Betracht. Es zeigt sich somit, daß nach der Konstruktion des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979 eine differenzierende Betrachtung erforderlich ist. Wenn eine Versetzung bescheidmäßig auszusprechen ist, muß auch die Grundlage für diese Versetzung in einer außenwirksamen Form (Gesetz, Verordnung oder Bescheid) erfolgen. Dies führt zu dem Ergebnis, daß die 'Auflösungsverfügungen' als (außenwirksame) Verordnungen qualifiziert werden müssen.
Zweifellos stellt somit die Auflösung eines Gendarmeriepostens die außenwirksame 'Rechtsgrundlage' für eine in der Regel bescheidmäßig auszusprechende Versetzung nach §38 Abs3 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 dar. Dies zeigt, daß dadurch in die dienstrechtliche - wenn auch nur mittelbar - Rechtssphäre der Beamten eingegriffen wird; solche 'Verwaltungsakte' werden in der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ebenfalls als Verordnungen angesehen (vgl. z.B. VfSlg. 6151/1972).
4. Der dargelegten Auffassung widerspricht auch nicht die Tatsache, daß in der Vergangenheit 'Auflösungsverfügungen' (Erlässe), die die Einrichtung bzw. die Auflösung oder Zusammenlegung von Gendarmerieposten angeordnet haben, nicht in der für Verordnungen verbindlichen Art und Weise kundgemacht wurden. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich in zahlreichen Fällen Verordnungen im materiellen Sinn, auch wenn sie nicht in der vorgesehenen Kundmachungsform ergangen sind, nach Art139 B-VG 1929 geprüft.
5. Zusammenfassend ist daher die Oberösterreichische Landesregierung der Auffassung, daß die angefochtenen 'Auflösungsverfügungen' als Ganzes - in eventu die jeweiligen angefochtenen Textstellen - Verordnungen (im materiellen Sinn) darstellen und somit der Rechtmäßigkeitskontrolle des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art139 B-VG 1929 unterliegen."
c) Die Steiermärkische Landesregierung hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages ausgeführt:
"Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark teilte dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung mit Schreiben vom 30.8.1991, Zl. P-1307/1991 (siehe Beilage), mit, das Bundesministerium für Inneres habe mit Erlaß vom 29.7.1991 bzw. 20.8.1991, Zl. 2146/460-II/5/91, die Auflassung der obengenannten Gendarmerieposten verfügt.
Eine Ausfertigung des erwähnten Erlasses wurde der Steiermärkischen Landesregierung nicht zugänglich gemacht. Daher können jene Stellen, deren Aufhebung begehrt wird, auch nur ihrem Inhalt nach bezeichnet werden.
Nach Auffassung der Steiermärkischen Landesregierung ist der in Rede stehende Erlaß aus folgenden Gründen als eine Verordnung zu qualifizieren:
Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung sind Verordnungen generelle Rechtsakte von Verwaltungsbehörden, die sich nicht ausschließlich an Organwalter in deren Organfunktion richten, sondern die subjektive Rechte 'Dritter' berühren. Als 'Dritte' sind auch Organwalter zu verstehen, soferne diese nicht in ihrer Organfunktion, sondern als Träger subjektiver, aus dem Dienstrecht abgeleiteter Rechte betroffen werden.
Nach Auffassung der Steiermärkischen Landesregierung erfüllt der gegenständliche Erlaß des Bundesministeriums für Inneres aus folgenden Gründen diese Kriterien:
Die Auflassung eines Gendarmeriepostens hat für die beim aufgelassenen Posten bisher diensttuenden Beamten unausweichlich eine Versetzung im Sinne des §38 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 zur Folge. Die betreffenden Beamten werden nämlich einem anderen Dienstposten zugewiesen, d.h. es wird ein Wechsel des Dienstortes verfügt. Damit ist aber das wesentliche Merkmal der Versetzung erfüllt. Eine derartige Versetzung ist mit Bescheid auszusprechen. Der Versetzungsbescheid betrifft den jeweiligen Beamten nicht im Rahmen seiner Organfunktion, sondern als Träger subjektiver Rechte. Wenn aber jener Akt, der die Versetzung einzelner, namentlich genannter Beamter verfügt, als Akt zu qualifizieren ist, der diese Beamten als Träger subjektiver Rechte betrifft, muß auch die Grundlage für diese Versetzung als ein Akt qualifiziert werden, der die von ihm Betroffenen als Träger subjektiver Rechte berührt.
Daher kann nach Auffassung der Steiermärkischen Landesregierung ein Erlaß über die Auflassung bzw. Zusammenlegung von Gendarmerieposten nicht als eine generelle Weisung angesehen werden. Er ist vielmehr als Verordnung zu qualifizieren."
4.a) Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat in einer auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes abgegebenen Stellungnahme zu den Anträgen der Oberösterreichischen Landesregierung die Auffassung vertreten, daß den bekämpften "Auflösungsverfügungen" nicht die rechtliche Qualität von Verordnungen iS des Art139 B-VG zukomme und daß im übrigen diese Maßnahmen in die Zuständigkeit des Bundesministers für Inneres fielen.
Im einzelnen hat das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst seinen Standpunkt folgendermaßen begründet:
1. Zur Zulässigkeit des Antrages:
Die Antragslegitimation der Oberösterreichischen Landesregierung wird nicht in Zweifel gezogen. Fraglich ist allerdings, ob die Argumentation der Antragstellerin, bei den gegenständlichen "Auflösungsverfügungen" handle es sich um Verordnungen im Sinne des Art139 B-VG, zutreffend ist.
"1.1. Verordnungsqualität aufgrund §3 Abs2 GendG?
Die Antragstellerin führt zur Frage der Verordnungsqualität zum einen aus (S. 7 und 8), daß der Gesetzgeber des §3 Abs2 des Gesetzes betreffend die Gendarmerie (des Deutsch-österreichischen Staates), StGBl. Nr. 75/1918 (im folgenden als GendG 1918 bezeichnet), durch die ausdrückliche gesetzliche Verankerung eines Zusammenwirkens zweier Behörden 'eine bestimmte 'Rechtsform' vorgegeben' habe. Aus der genannten Bestimmung ergebe sich, daß es sich bei der Festlegung des 'Standes' der Postenkommanden 'um einen bekämpfbaren (überprüfbaren) Rechtsakt handeln' müsse. Die Argumentation, daß allein aus der in §3 Abs2 GendG 1918 enthaltenen Anordnung eines Zusammenwirkens zweier Behörden die Verordnungsqualität der 'Auflösungsverfügungen' folge und daß es sich danach um einen bekämpfbaren Rechtsakt handeln müsse, ist aber keineswegs zwingend. Es sind nämlich durchaus Fälle denkbar, in denen bloß verwaltungsintern wirksame und im übrigen individuelle Akte, im besonderen, Weisungen an nachgeordnete Organe, im Zusammenwirken zweier behördlicher Organe zu ergehen haben. Auf die Meinung, die Rechtsgrundlage derartiger 'Auflösungsverfügungen' sei in §3 Abs2 GendG 1918 zu suchen, wird unten (2.5.) eingegangen.
1.2. An Außenstehende gerichtete Anordnung?
Des weiteren argumentiert die Antragstellerin, die Qualifikation als Verordnung folge daraus, daß dieser Rechtsakt sich an eine unbestimmte Anzahl von außerhalb der Staatsorganisation befindlichen Normunterworfenen des (neu gegliederten) Überwachungsgebietes richte und somit eine 'Verordnung im materiellen Sinn' darstelle.
Zur Begründung der Auffassung, daß die 'Auflösungsverfügungen' auch an außerhalb der Staatsorganisation stehende Normunterworfene gerichtet sei, wird hauptsächlich eine Parallele zu Regelungen über Sitz und Sprengel von Behörden gezogen.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Organe der Bundesgendarmerie lediglich Hilfstätigkeiten im Dienste von Behörden entfalten. Durch die Auflassung von Gendarmerieposten und die Zuweisung ihres Überwachungsbereiches zu einem anderen Posten erfährt aber die behördliche Zuständigkeit keine Änderung; vielmehr ist die Tätigkeit der Gendarmeriebeamten, die in einem bestimmten Verwaltungsbezirk ihren Dienst versehen, ausschließlich der zuständigen Behörde zuzurechnen; wo sich die Dienststelle eines Beamten befindet und welchen Bereich er in der Regel zu überwachen hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Eine Rechtsvorschrift, wonach ein Beamter Amtshandlungen nur im Überwachungsbereich jenes Gendarmeriepostens, dessen Stande er angehört, setzen dürfte, besteht nicht.
Als verfehlt erscheint in diesem Zusammenhang der Hinweis der (...) auf §27 Abs3 VStG. Diese Vorschrift erweitert nämlich gerade den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Behörde, für die die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes handeln. Die von der Antragstellerin angedeutete und durch §27 Abs3 VStG für bestimmte Fälle abgewendete Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter wäre lediglich dann gegeben, wenn die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außerhalb des Sprengels 'ihrer Behörde' und somit die Behörde, der dieses Organhandeln zuzurechnen ist, außerhalb des ihr zugewiesenen Zuständigkeitsbereiches tätig würde (vgl. das Erkenntnis VfSlg. 9013/1981, das zur Schaffung des §27 Abs3 VStG durch die Novelle BGBl. Nr. 176/1983 Anlaß gab). Solange hingegen die Tätigkeit der Beamten eines Gendarmeriepostens nicht infolge Überschreitung der Grenzen des jeweiligen Behördensprengels einer anderen Behörde zuzurechnen ist, werden Rechte außenstehender Dritter nicht berührt.
Das Vorbringen der Antragstellerin erscheint somit nicht geeignet, einen Eingriff in die Rechte Außenstehender darzutun, der den gegenständlichen 'Auflösungsverfügungen' anzulasten wäre.
1.3. An die Bediensteten gerichtete Verordnung?
Die Antragstellerin argumentiert ferner damit (S. 10f des Antrages), daß 'Dritte' im Sinne des von ihr im vorliegenden Zusammenhang zugrundegelegten 'materiellen' Verordnungsbegriffes auch die dem (aufgelösten) Gendarmerieposten zugeteilten Organwalter seien, insofern durch die 'Auflösungsverfügungen' in deren Rechte eingegriffen werde.
Soweit mithin die Rechtsposition der dem aufgelösten Gendarmerieposten zugewiesenen Gendarmeriebeamten in Rede steht, ist zu fragen, ob die 'Auflösungsverfügungen' den für eine Verordnung begriffsnotwendigen generellen Charakter aufweisen. Dies wird aber auf Grund der folgenden Erwägungen zu verneinen sein.
Die 'Auflösungsverfügungen' sind nämlich nur für die dem aufgelösten Dienstposten zum festgesetzten Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens zugewiesenen Beamten von Bedeutung. Bei diesen Organwaltern handelt es sich aber um einen genau abgegrenzten Personenkreis.
Es scheint aber auch die Auffassung der Antragstellerin nicht zuzutreffen, daß durch die in Prüfung gezogenen 'Auflösungsverfügungen' in die 'Rechtssphäre' der den betroffenen Gendarmerieposten zugeteilten Beamten eingegriffen werde. Hiezu ist zum einen zu bemerken, daß das Dienstverhältnis der Beamten ja erst durch den Versetzungsbescheid gestaltet wird; zwischen diesem Bescheid und der 'Auflösungsverfügung' besteht lediglich ein faktischer Zusammenhang, da eine weitere Verwendung des Beamten eben nur bei einer anderen Dienststelle möglich ist. Zum anderen ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber den Beamten subjektive Rechte in bezug auf den Bestand oder die Auflösung ihrer Dienststelle einräumen wollte; solche Rechte werden dann aber durch die Auflösung einer Dienststelle nicht betroffen.
1.4. Zusammenfassung zur Verordnungsqualität:
Die Argumente der Antragstellerin erscheinen somit nicht geeignet, den Verordnungscharakter der in Prüfung gezogenen 'Auflösungsverfügungen' darzutun.
2. Zur Frage der Zuständigkeit zur Erlassung von 'Auflösungsverfügungen':
2.1. Literatur zur Zuständigkeit der Sicherheitsdirektionen in Gendarmerieangelegenheiten
Die Antragstellerin tritt der aus Bearbeitungen des Gendarmeriegesetzes 1918 (durch Schäffer bzw. Seidler) hervorgehenden Ansicht entgegen, daß an die Stelle des Landeshauptmannes - der mit Inkrafttreten des B-VG im Jahre 1920 die in §3 Abs2 GendG 1918 genannte Landesregierung ersetzt habe - die Sicherheitsdirektion getreten sei.
Eine ausdrückliche Begründung für diese - von der Antragstellerin abgelehnte - Ansicht ist den angeführten Bearbeitungen nicht zu entnehmen. Offenbar gehen die Bearbeiter aber davon aus, daß die Derogationswirkung des §20 Abs3 Behörden-ÜG StGBl. Nr. 94/1945, nicht nur den §2 Abs1 GendG 1918, sondern auch den §3 Abs2 dieses Gesetzes erfaßt.
Auch aus anderen Bearbeitungen der Gendarmeriegesetze kann dazu nicht mehr gewonnen werden. Liehr-Markovics, Das Österreichische Polizeirecht I (1949), weisen in einer Anmerkung zu §3 Abs2 GendG 1918 - in dessen Text sie den Zuständigkeitsübergang auf den Landeshauptmann berücksichtigen - mit den Worten 'siehe jedoch §20 Behörden-ÜG: ....' (es folgt dessen Text) - auf die fragliche Problematik hin, wobei diese Anmerkung sich sowohl auf den Landeshauptmann als auch auf das Landesgendarmeriekommando bezieht, jedoch offenbar ohne daß §3 Abs2 als gänzlich überholt angesehen wird. Das Werk 'Gendarmeriegesetze und Dienstinstruktion für die österreichische Bundesgendarmerie. Bearbeitet von der Gendarmerieschule des Bundesministeriums für Inneres" (1959) gibt in einer Anmerkung zu den §§1 bis 3 GendG 1918 den §20 Behörden-ÜG 1945 wieder, ohne in irgendeiner Weise auf das Verhältnis zwischen diesen Bestimmungen einzugehen. Kimmel, Gendarmeriegesetz und Dienstinstruktion für die Österreichische Bundesgendarmerie7 1948, setzt im Text des §3 Abs2 GendG 1918 den Landeshauptmann ein, ohne die Sicherheitsdirektion zu erwähnen.
Andere als die genannten Anhaltspunkte zum vorliegenden Problem finden sich in der Literatur, soweit überblickbar, nicht.
Für die Beantwortung der dadurch aufgeworfenen Frage ist zunächst wesentlich, ob die Auflösung von Gendarmerieposten und die Bestimmung ihres Überwachungsbereiches zu den Aufgaben gehören, die nach dem Gesetz von den Sicherheitsdirektionen zu besorgen sind. Diese Aufgaben sind in §15, das Verhältnis der Sicherheitsdirektion zur Gendarmerie ist in §20 Abs3 Behörden-ÜG geregelt.
2.2. §15 Behörden-ÜG
§15 Abs1 Behörden-ÜG weist den Sicherheitsdirektionen die 'Aufgaben, die von den Reichsstatthaltern auf dem Gebiet des öffentlichen Sicherheitswesens geführt wurden', zu.
2.2.1. Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes
In seinem Erkenntnis VfSlg. 2244/1951 hat der Verfassungsgerichtshof unter Berufung auf 'Übereinstimmung in Theorie und Praxis' ausgesprochen, daß
'der Begriff 'öffentliches Sicherheitswesen' .... alle jene polizeilichen Maßnahmen umfaßt, die zum Schutz der Allgemeinheit gegen Gefährdungen durch Einzelpersonen, durch Kollektivbetätigungen oder durch Sachen und sachliche Herstellungen getroffen werden müssen.'
Der in dieser Umschreibung enthaltene Begriff 'polizeiliche Maßnahmen' und somit auch der Begriff 'öffentliches Sicherheitswesen' kann nun wohl nicht so gedeutet werden, daß er auch Maßnahmen organisatorischen Inhalts nach Art der verfahrensgegenständlichen Anordnungen umfaßt.
Im Erkenntnis Slg. 2282/1952 knüpfte der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich an die Zuständigkeiten der Reichsstatthalter nach §4 des Gesetzes über den Aufbau der Verwaltung in der Ostmark (Ostmarkgesetz, dRGBl. 1939 I S.777 = GBlÖ Nr. 500/1939) und an §2 der Ersten Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz (dRGBl. 1939 I S.995 = GBlÖ Nr. 694/1939) an. Nach §4 Abs1 des Ostmarkgesetzes führte der Reichsstatthalter in der Stufe des Reichsgaues die staatliche Verwaltung als Reichsverwaltung. Nach §2 Abs1 der Ersten Durchführungsverordnung war er Landespolizeibehörde und, 'soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird', höhere Verwaltungsbehörde.
Da in diesen Vorschriften weder der Ausdruck 'öffentliches Sicherheitswesen' gebraucht wird noch überhaupt einzelne Aufgaben des Reichsstatthalters aufgezählt werden, bieten sie keine Hilfe für die Beantwortung der Frage, ob eine vom Reichsstatthalter geführte Aufgabe gerade als eine solche des 'öffentlichen Sicherheitswesens' anzusehen ist. Gleichwohl ordnete der Verfassungsgerichtshof das 'Pressewesen' - möglicherweise unter Bedachtnahme auf die in VfSlg. 2244/1951 gegebene Definition - diesem Gebiet zu.
In seinem Erkenntnis VfSlg. 4692/1964 bezeichnete der Verfassungsgerichtshof die in §3 der Verordnung des Bundesministeriums für Inneres BGBl. Nr. 74/1946 enthaltene Aufzählung der Aufgaben der Sicherheitsdirektionen als erschöpfend; sie lautet:
'Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit - ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei -, Paßwesen, Meldewesen, Fremdenpolizei, Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen, Pressewesen, Vereins- und Versammlungsangelegenheiten.'
Im Zusammenhang mit den beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verordnungsprüfungsverfahren ist nun bemerkenswert, daß in dieser - durchwegs (wenn man von der Verwendung des Ausdrucks 'Versammlungsangelegenheiten' anstelle von 'Versammlungsrecht' (Art10 Abs1 Z7 B-VG) absieht) dem Art10 Abs1 B-VG
entnommene Begriffe enthaltenden - Aufzählung der Kompetenztatbestand 'Organisation und Führung der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie; Regelung der Errichtung und der Organisierung sonstiger Wachkörper ...' (Art10 Abs1 Z14 B-VG) gerade nicht enthalten ist. Im Hinblick darauf kann daher auch nicht angenommen werden, daß der in §15 Behörden-ÜG verwendete Begriff des 'öffentlichen Sicherheitswesens' die Ermächtigung zur Erlassung von Anordnungen der prüfungsgegenständlichen Art einschließt.
2.2.2. Historische und systematische Auslegung
Mit Ulrike Davy (Die geheime Staatspolizei in Österreich (1990), S. 68 FN 268) ist davon auszugehen, daß der Ausdruck 'öffentliches Sicherheitswesen' im Sinne des §15 Behörden-ÜG nicht an die nationalsozialistische Rechtssprache anknüpft, daß er aber auch dem österreichischen Recht nach dem Stand vom 13. März 1938 nicht bekannt war.
Der Ausdruck 'öffentliche Sicherheit' hingegen findet sich
bereits sehr früh in der österreichischen Rechtsordnung mit einem
über den Kompetenztatbestand 'Aufrechterhaltung der öffentlichen
... Sicherheit' hinausgehenden Begriffsumfang.
So übernahm gemäß der Verordnung RGBl. Nr. 11/1868 ein
'Ministerium für Landesvertheidigung und öffentliche Sicherheit'
u. a. 'in Bezug auf öffentliche Sicherheit ... die Geschäftsagenden
der vormaligen Polizei-Abtheilung des Ministerraths-Präsidiums'.
Über den Inhalt dieser Agenden gibt ein im Sinne der Verordnung betreffend übertragung der Angelegenheiten der öffentlichen Sicherheit in den Wirkungsbereich des Ministeriums des Innern, RGBl. Nr. 12/1870 - die den Übergang der 'Amtswirksamkeit ... in allen auf die öffentliche Sicherheit bezugnehmenden Dienstzweigen' aussprach - erflossener Erlaß des Ministers für Landesvertheidigung und öffentliche Sicherheit (wiedergegeben bei Mayrhofer-Pace, Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst5 I S. 483 FN 7), demzufolge 'Alle Agenden der öffentlichen Sicherheit, der Presse, des Theater-, Presse-, Meldungs- und Vereinswesens, der Münzfälschung und Waffendurchfuhr ... sowie die Amtshandlungen der Grenzzollämter in Bezug auf das Passantenwesen' aus diesem Ministerium ausgeschieden wurden.
Mit der Auflösung des Bundesministeriums für Inneres und Unterricht durch die Verordnung BGBl. Nr. 199/1923 gingen die einschlägigen Zuständigkeiten auf das Bundeskanzleramt über, in dem im Jahre 1930 eine 'Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit' eingerichtet wurde, deren Wirkungsbereich zunächst (in der Folge wurde er im wesentlichen noch um Zuständigkeiten staatspolizeilicher Art erweitert) - abgesehen von den Angelegenheiten der Bundesgendarmerie - wie folgt umschrieben war:
'Preßpolizei; Vereins- und Versammlungsrecht; Fremdenpolizei, Meldungswesen; Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen;
Schießwesen; Abschiebung, Abschaffung, Ausweisung und Durchlieferung; Polizeiaufsicht; Zwangsarbeitsanstalten;
gerichtliche Polizei; Strafregisterwesen; Angelegenheiten des Theater- und Kinowesens sowie der öffentlichen Schaustellungen, Darbietungen und Belustigungen; Tanzlehranstalten; Buchmacher- und Totalisateurangelegenheiten; Wirtschaftspolizei, einschließlich der Bekämpfung des unbefugten Rauschgiftverkehrs; Bekämpfung der Tierquälerei; sonstige administrative Polizeisachen; Verwaltungsstrafsachen; öffentliche Agentien.'
Es ist freilich einzuräumen, daß aus dieser Aufzählung keineswegs auf einen feststehenden Umfang der nach damaliger Auffassung der öffentlichen Sicherheit zuzurechnenden Angelegenheiten geschlossen werden kann.
Durch Verordnung der Bundesregieurng BGBl. Nr. 266/1933 wurden die 'Sicherheitsdirektoren des Bundes in den Bundesländern' als Behördentypus geschaffen. Ihre Aufgaben waren in zweifacher Weise abgegrenzt: Nach §2 dieser Verordnung traten die Sicherheitsdirektoren in den folgenden Angelegenheiten an die Stelle der Landeshauptmänner:
'Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei, Paßwesen, Meldewesen, Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen, Pressewesen, Vereins- und Versammlungsangelegenheiten und Fremdenpolizei.'
Es sind dies dieselben Angelegenheiten, die auch in der Verordnung BGBl. Nr. 74/1946 aufgezählt sind; lediglich die Reihenfolge der Aufzählung ist geringfügig - hinsichtlich des Tatbestandes 'Fremdenpolizei' - verschieden.
Die Aufgaben des §3 GendG 1918 waren demnach am 13. März 1938 nicht von den Sicherheitsdirektoren wahrzunehmen; die des Abs1 nicht, da sie vor der Schaffung dieser Behörden nicht Aufgaben der Landeshauptmänner waren; die des Abs2 nicht, weil sie keinem der Tatbestände des §2 der genannten Verordnung unterstellt werden können.
Für eine Gleichsetzung des Begriffes 'öffentliches Sicherheitswesen' mit den in der Verordnung