TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/30 94/05/0084

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Veröffentlicht am 30.08.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §38;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AWG 1990 §15 Abs1;
AWG 1990 §15 Abs5;
AWG 1990 §15 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der R-Gesellschaft m.b.H. in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 10. Februar 1994, Zl. 06 3526/1-V/6/94-Ba, betreffend Aussetzung eines Verfahrens über die Erteilung der Erlaubnis zur Bestellung eines Geschäftsführers nach § 15 Abs. 5 des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 10. Februar 1994 wurde das Verfahren über die Erteilung der Erlaubnis zur Bestellung des Ing. Gerhard W. als Geschäftsführer im Sinne des § 15 Abs. 5 des Abfallwirtschaftsgesetzes hinsichtlich der der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 30. Dezember 1992 erteilten Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln bestimmter gefährlicher Abfälle unter Berufung auf § 38 AVG im wesentlichen mit der Begründung ausgesetzt, daß die Frage des Bestehens dieser Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln gefährlicher Abfälle Gegenstand eines Entziehungsverfahrens sei.

Über die dagegen eingebrachte Beschwerde und die Gegenschrift der belangten Behörde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Entsprechend dem in der Beschwerde ausgeführten Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, "die Tätigkeit als Abfallsammler und -behandler auszuüben", sowie "in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf unverzügliche Neubestellung eines abfallwirtschaftlichen Geschäftsführers nach Ausscheiden des bisherigen abfallrechtlichen Geschäftsführers".

Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde gemäß § 38 AVG berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, haben nachstehenden Wortlaut:

"§ 15. (1) Wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt), bedarf hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verläßlichkeit in bezug auf die auszuübende Tätigkeit nachgewiesen werden.

...

(5) Wenn die Tätigkeit nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, ist eine hauptberuflich tätige Person als Geschäftsführer zu bestellen. Zum Geschäftsführer darf nur bestellt werden, wer die Verläßlichkeit sowie die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in bezug auf die auszuübende Tätigkeit besitzt, seinen Wohnsitz im Inland hat und in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen. Die Bestellung des Geschäftsführers bedarf einer Erlaubnis gemäß Abs. 1 und 4.

(6) Scheidet der gemäß Abs. 5 bestellte Geschäftsführer aus dem Betrieb aus, so hat der Betriebsinhaber unverzüglich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und unter Nachweis der Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 bis 5 dem Landeshauptmann zur Erteilung der Erlaubnis bekanntzugeben. Erfolgt diese Bestellung und Namhaftmachung nicht innerhalb von drei Monaten, so ist die Tätigkeit einzustellen.

..."

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Frage des Bestandes der Erlaubnis der Beschwerdeführerin zum Sammeln und Behandeln gefährlicher Abfälle, also die Frage, ob diese Erlaubnis von der Behörde erster Instanz zu Recht entzogen worden ist, im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Erlaubnis der Bestellung eines - neuen - Geschäftsführers eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG darstellt, weil die belangte Behörde übersehen hat, daß im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, welcher der Beschwerdeführerin am 18. Februar 1994 zugestellt worden ist, bereits der Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 25. Jänner 1994, mit welchem die Erlaubnis der Beschwerdeführerin zum Sammeln und Behandeln gefährlicher Abfälle entzogen worden ist, durch die am 1. Februar 1994 erfolgte Zustellung an die Beschwerdeführerin erlassen war, sodaß in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits von der rechtskräftigen Entziehung jener Erlaubnis auszugehen war, auf die sich die in Rede stehende Geschäftsführerbestellung bezogen hat. Für die belangte Behörde stand daher zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits rechtskräftig fest, daß die Erlaubnis der Beschwerdeführerin zum Sammeln und Behandeln gefährlicher Abfälle entzogen ist, weshalb zu diesem Zeitpunkt aus der Sicht der belangten Behörde schon aus diesem Grund eine Anwendung des § 38 AVG nicht in Betracht kam. Ungeachtet dieses Umstandes ist die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid aber nicht in dem bereits erwähnten Beschwerdepunkt verletzt worden, "die Tätigkeit als Abfallsammler und -behandler auszuüben", weil, wie schon im hg. Beschluß vom 12. April 1994, Zl. AW 94/05/0029, mit welchem über den Aufschiebungsantrag der Beschwerdeführerin entschieden worden ist, ausgeführt worden ist, aus § 15 Abs. 6 des Abfallwirtschaftsgesetzes abzuleiten ist, daß die Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 dieser Gesetzesstelle, also das Sammeln und Behandeln gefährlicher Abfälle, dann einzustellen ist, wenn die BESTELLUNG UND NAMHAFTMACHUNG des Geschäftsführers nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Ausscheiden des gemäß Abs. 5 bestellten Geschäftsführers erfolgt, sodaß es auf die ERLAUBNIS dieser Geschäftsführerbestellung in diesem Zusammenhang nicht ankommt.

Die Beschwerdeführerin ist aber durch den angefochtenen Bescheid auch nicht in dem weiteren, schon wiedergegebenen Beschwerdepunkt ("Recht auf unverzügliche Neubestellung eines abfallwirtschaftlichen Geschäftsführers nach Ausscheiden des bisherigen abfallrechtlichen Geschäftsführers") verletzt worden, weil angesichts des im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits rechtskräftigen Bescheides über die Entziehung der Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln gefährlicher Abfälle, an welchen die belangte Behörde gebunden war (vgl. dazu das a.a.O. auf S. 245 unter ENr. 6 zitierte hg. Erkenntnis vom 12. November 1969, Zl. 573/68), keine Erlaubnis mehr bestanden hat, für deren Ausübung von der belangten Behörde die Erlaubnis zur Bestellung eines Geschäftsführers hätte erteilt werden können.

Die Beschwerdeführerin ist also durch den angefochtenen Bescheid nicht in den Beschwerdepunkten verletzt worden, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050084.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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