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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
KFG 1967 §66 Abs2 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Dezember 1992, Zl. VerkR-390.654/3-1992/Si, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Dezember 1992 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß für die Zeit von 24 Monaten (ohne Einrechnung von Haftzeiten, gerechnet ab 3. März 1992) keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Grund für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 20. November 1991, wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs. 2 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt wurde. Der von ihm erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 6. Februar 1992 keine Folge gegeben. Die gerichtliche Verurteilung ist somit rechtskräftig. Dem lag der Sachverhalt zugrunde, daß der Beschwerdeführer im Juli 1991 in Rimini eine näher bezeichnete Person dazu bestimmte, der Prostitution nachzugehen, sie zu ihrem Standplatz hinführte und von dort abholte sowie zeitweise ihre Tätigkeit als Prostituierte überwachte; am 30. Juli 1991 nötigte der Beschwerdeführer durch Gewalt und gefährliche Drohung diese Person dazu, mit ihm nach Linz zu kommen. Im Zeitraum vom 1. August bis 11. August 1991 beutete der Beschwerdeführer diese Person mit dem Vorsatz, sich aus deren erwerbsmäßigen Unzucht eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, aus, indem er sie anwies, der Prostitution nachzugehen, und von den daraus erlösten rund S 20.000,-- rund S 17.000,-- an sich nahm. Am 7. August 1991 beging der Beschwerdeführer das Vergehen der Körperverletzung an einer näher bezeichneten Person durch das Versetzen eines Faustschlages gegen die Brust. Am 12. August 1991 verletzte er eine weitere Person durch einen Schlag gegen deren Gesicht am Körper.
Darin erblickt die belangte Behörde eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967. Im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 vorzunehmenden Wertung nahm die belangte Behörde darauf Bedacht, daß dem Beschwerdeführer bereits zweimal die Lenkerberechtigung entzogen worden war, und zwar wegen einer Verurteilung nach § 12 Suchtgiftgesetz im Jahre 1980 auf die Dauer von fünf Jahren und aufgrund von Verurteilungen nach § 83 StGB im Jahre 1990 auf die Dauer von sechs Monaten. Dennoch habe der Beschwerdeführer weitere Straftaten nach § 83 StGB begangen. Aus seinem Verhalten komme eine menschenverachtende Einstellung zum Ausdruck und weiters, daß er dazu neige, Konflikte mit Mitmenschen im Wege der Gewaltanwendung auszutragen, sodaß seine Verkehrszuverlässigkeit nicht gegeben sei. Es bedürfe eines Zeitraumes von zwei Jahren - die Zeiten der Haft nicht eingerechnet - um Gewähr dafür zu geben, daß der Beschwerdeführer die charakterliche Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges wieder erlange.
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, daß die belangte Behörde schon länger zurückliegende Verurteilungen zur Begründung der Verkehrsunzuverlässigkeit herangezogen habe und ihm nicht die Möglichkeit gegeben habe, hiezu Stellung zu nehmen. Sie habe daher sein Recht auf Gehör verletzt, bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschrift hätte sie zu einem "wesentlich anderen Ergebnis" kommen müssen.
Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer von der Behörde hinreichend Gelegenheit erhalten hat, zum Akteninhalt - worin auch seine früheren Bestrafungen aufscheinen - Stellung zu nehmen, und er dieses Recht auch wahrgenommen hat, wie etwa seine Stellungnahme vom 7. Juli 1992 zeigt, vermag er mit diesem Vorbringen auch nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun: Es entspricht der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntis vom 28. Mai 1993, Zl. 93/02/0014, mit weiteren Judikaturhinweisen), daß allfällige Verfahrensfehler der Behörde nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen können, wenn die Behörde bei deren Unterbleiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Diese Relevanz des Verfahrensverstoßes darzutun, ist Sache des Beschwerdeführers; er hat durch KONKRETES TATSÄCHLICHES VORBRINGEN in der Beschwerde anzuführen, ZU WELCHEM anderen Sachverhalt die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können. Eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides kann dann nicht Platz greifen, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt hat, einen allfälligen derartigen Mangel zu behaupten, ohne jedoch die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen konkret zu bekämpfen und ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1986, Zl. 86/10/0037, mit weiteren Judikaturhinweisen). Ein derartiges Vorbringen hat er nicht erstattet. Die früheren Verurteilungen werden von ihm nicht bestritten und sind im übrigen durch den Akteninhalt evident.
Es sind im Rahmen der WERTUNG gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 sämtliche im Ermittlungsverfahren hervorgekommenen Vorfälle und Vorstrafen zu berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn sie länger zurückliegen, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat (vgl. u.v.a. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1990, Zl. 90/11/0061). Dies verkennt der Beschwerdeführer bei seiner Rüge, daß die belangte Behörde sein Verhalten bis in das Jahr 1980 zurückreichend geprüft und beurteilt habe.
Im Unrecht ist der Beschwerdeführer ferner, wenn er meint, daß die belangte Behörde in rechtswidriger Weise eine länger zurückliegende Verurteilung gemäß § 83 StGB, die bereits einmal Anlaß für die Entziehung der Lenkerberechtigung gewesen war, neuerlich als bestimmte Tatsache herangezogen habe. Deren Berücksichtigung erfolgte zulässigerweise IM RAHMEN DER WERTUNG gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967. Im übrigen kommt es gemäß § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 nicht auf "mehrere Verurteilungen" wegen Vergehens gegen § 83 StGB an, sondern darauf, daß der Beschwerdeführer wiederholt strafbare Handlungen gemäß § 83 StGB BEGANGEN hat. Es kann daher auch keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn die belangte Behörde im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 die Tathandlungen vom 7. August 1991 und vom 12. August 1991 als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 leg. cit. angenommen hat.
Auch gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Festsetzung der Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 bestehen keine Bedenken. Bei der dabei anzustellenden Prognose, wann der Beschwerdeführer die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen werde, hatte die belangte Behörde von den Wertungskriterien des § 66 Abs. 3 leg. cit. auszugehen. Auf die Gefährlichkeit der Verhältnisse bei strafbaren Handlungen nach § 83 StGB hat bereits die belangte Behörde zutreffend hingewiesen. Im Hinblick auf die Verwerflichkeit der Straftaten, die wiederholten Vorstrafen des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß bei Rückfallstätern hinsichtlich der Annahme der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit besondere Vorsicht geboten ist (vgl. das hg. Erkenntis vom 26. Jänner 1993, Zl. 92/11/0292), war die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf der von ihr festgesetzten Zeit wieder erlangen, zutreffend.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993110032.X00Im RIS seit
19.03.2001