Index
19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §20 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. Juli 1994, Zl. SD 593/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 19. Juli 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei unbestrittenermaßen am 28. Jänner 1994 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens der schweren Nötigung, wegen Hausfriedensbruches sowie wegen Körperverletzung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt auf drei Jahre Probezeit, verurteilt worden. Demnach lägen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG vor. Das dieser Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten des sich derzeit ohne Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet aufhaltenden Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung rechtfertigten aber auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme.
Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers liege insofern vor, als er - allerdings erst seit 18. Mai 1994 - mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei. Die Art und Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Rechtsbrüche würden ungeachtet dessen die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zur Wahrung von im Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebenen öffentlichen Interessen - konkret: zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer - dringend gebieten und daher zulässig machen (§ 19 FrG). Die Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG falle zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus. Dieser befinde sich erst seit etwa zwei Jahren im Bundesgebiet und sei bislang keiner Beschäftigung nachgegangen, sodaß von einer Integration seiner Person keine Rede sein könne. Die ca. einen Monat nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingegangene Ehe verleihe den familiären Interessen kein erhebliches Gewicht. Auch der Hinweis, daß ein Cousin des Beschwerdeführers seit Jahren in Österreich lebe, schlage nicht zugunsten des Beschwerdeführers aus, weil dieser Verwandte - den Berufungsausführungen sei nicht zu entnehmen, daß er gemeinsam mit dem Beschwerdeführer lebe - nicht vom Schutzbereich des § 20 Abs. 1 FrG umfaßt sei. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin seien gegenüber den nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme, zumal unter dem Gesichtspunkt des Ausmaßes der Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen, jedenfalls als geringer zu gewichten.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, bleibt in der Beschwerde unbestritten, der daraus gezogene rechtliche Schluß auf die Verwirklichung der Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und des § 18 Abs. 1 FrG unbekämpft. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt insoweit keine Bedenken.
2.1. Der Beschwerdeführer meint, die besagte gerichtliche Verurteilung sei keinesfalls so schwerwiegend, daß unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse (Verehelichung mit einer österreichischen Staatsbürgerin) die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes geboten erscheine, zumal er sich ansonsten in Österreich "wohlverhalten" habe.
2.2. Damit vermag die Beschwerde weder in Ansehung des § 19 noch des § 20 Abs. 1 FrG eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Einen nach § 19 leg. cit. relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde bejaht. Wenn sie dennoch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde dieser Bestimmung für zulässig erachtet hat, so stößt dies auf keinen Einwand, wurde doch von ihr zutreffend darauf hingewiesen, daß Art und Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Rechtsbrüche diese Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten erscheinen ließen. Auch das Ergebnis der Interessenabwägung (§ 20 Abs. 1 FrG) ist frei von Rechtsirrtum. Weder die Dauer des - überdies im Zeitpunkt der bekämpften Entscheidung unwidersprochen nicht rechtmäßigen - Aufenthaltes noch die Integration des Beschwerdeführers haben ein i.S. des § 20 Abs. 1 Z. 1 FrG erhebliches Ausmaß erreicht, wobei die belangte Behörde in bezug auf die Integration zu Recht auf den einer solchen abträglichen Umstand, daß der Beschwerdeführer bislang keiner Beschäftigung nachgegangen sei, hingewiesen hat. Daß eine erst knapp vor Verhängung des Aufenthaltsverbotes geschlossene Ehe des Fremden seinen privaten Interessen kein wesentliches Gewicht verleiht, entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0179, mwN). Demgegenüber kommt den durch die Straftaten des Beschwerdeführers in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigten maßgeblichen öffentlichen Interessen großes Gewicht zu. Sie wiegen jedenfalls schwerer als die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen negativen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Gattin.
3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - somit auch ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages hinsichtlich einer weiteren Beschwerdeausfertigung für den Bundesminister für Inneres - als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180498.X00Im RIS seit
20.11.2000