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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Z in K, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 18. April 1994, Zl. III 135/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Istanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 19 FrG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich der Beschwerdeführer seit 16. Jänner 1994, dem Ablauf der Gültigkeitdauer des letzten ihm erteilten Sichtvermerkes, nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Er verfüge weder über eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz noch über einen Sichtvermerk. Auch eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 komme ihm nicht zu, ebensowenig ein Aufenthaltsrecht nach der Verordnung BGBl. Nr. 402/1993, weil er - wie seine Familie jetzt in Kroatien - vor seiner Einreise in das Bundesgebiet vor den Kriegswirren in Bosnien-Herzegowina "anderweitig Schutz gefunden hat". Die Ausweisung stelle keinen relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers dar, weil dieser erst relativ kurz (seit cirka zwei Jahren) in Österreich lebe, seine Familie (Gattin und Kind) aber in Kroatien aufhältig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdeführer macht im wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens zu Unrecht angenommen, daß ihm kein Aufenthaltsrecht nach § 4 Abs. 1 der Verordnung
BGBl. Nr. 402/1993 zukäme. Es lägen nämlich keine Anhaltspunkte dafür vor, daß er vor der Einreise anderweitig Schutz gefunden habe. Diesem Vorbringen kann Berechtigung nicht abgesprochen werden:
Gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 402/1993 haben Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, die aufgrund der bewaffneten Konflikte in ihrer Heimat diese verlassen mußten, anderweitig keinen Schutz fanden und vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, welches nach Abs. 3 der genannten Bestimmung bis zum 30. Juni 1994 besteht.
Die belangte Behörde hat sich aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes veranlaßt gesehen, die Frage des Bestehens eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes des Beschwerdeführers nach § 4 Abs. 1 der angeführten Verordnung zu prüfen. Für ihre die Verneinung dieser Frage stützende Annahme, der Beschwerdeführer habe "vor seiner Einreise in das Bundesgebiet vor den Kriegswirren in Bosnien-Herzegowina anderweitig Schutz gefunden", bleibt sie aber jegliche Begründung schuldig. Die Begründungserfordernisse des § 58 Abs. 2 AVG schließen jedoch auch die Verpflichtung der Behörde mit ein, in der Bescheidbegründung in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzutun, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen bei der getroffenen Entscheidung ausgegangen wurde (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 602, zitierte Judikatur). Dieser Verpflichtung hat die belangte Behörde in einem wesentlichen Punkt nicht entsprochen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180294.X00Im RIS seit
20.11.2000