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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des I in F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 7. Juni 1994, Zl. St 113/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 7. Juni 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 sowie den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr.838/1992, ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 13. Oktober 1989 aus Jugoslawien kommend, unter Umgehung der Grenzkontrolle, in das Bundesgebiet eingereist. Sein Asylantrag sei rechtskräftig abgewiesen worden (Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Juli 1992). Aufgrund des Vorliegens einer Beschäftigungsbewilligung sei dem Beschwerdeführer trotz der illegalen Einreise erstmals am 14. Oktober 1992 ein Sichtvermerk erteilt worden; dieser sei zuletzt am 17. Juni 1993 bis 31. Mai 1995 "verlängert" worden.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 9. November 1993 sei der Beschwerdeführer wegen der Übertretungen nach § 16 Abs. 1 lit. a StVO, § 4 Abs. 1 lit. a leg. cit. und § 4 Abs. 5 leg. cit. rechtskräftig bestraft worden. Dies deshalb, weil er mit seinem Personenkraftwagen einen Verkehrsunfall verursacht habe, indem er trotz Gegenverkehrs einen Lastkraftwagen überholt und dabei einen entgegenkommenden Personenkraftwagen gestreift habe, wodurch dieser beschädigt worden sei, und er es in der Folge unterlassen habe, sofort anzuhalten und ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von dem Verkehrsunfall zu verständigen. Ferner sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 2. März 1994 wegen Diebstahls und Einbruchsdiebstahls (§ 127, § 129 Z. 1 StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden. Dieser Verurteilung seien mehrere voneinander unabhängige Tathandlungen zugrundegelegen, die auf jeweils gesonderte Willensentschlüsse des Beschwerdeführers zurückzuführen gewesen seien. Dies sei aus den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers hervorgegangen, weshalb eine Einsichtnahme in den Gerichtsakt durch die belangte Behörde entbehrlich gewesen sei.
Der Aufenthalt eines Fremden, der wie der Beschwerdeführer zu verschiedenen Zeitpunkten Diebstähle bzw. Einbruchsdiebstähle begangen habe und der sich zudem noch im Straßenverkehr schwerwiegende Verfehlungen habe zuschulden kommen lassen, stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Die im § 18 Abs. 1 Z.1 FrG umschriebene Annahme sei somit gegeben.
Da der Beschwerdeführer in Österreich einer Beschäftigung nachgehe und sich seit fast fünf Jahren hier aufhalte, würde durch das Aufenthaltsverbot in sein Privatleben eingegriffen. Dennoch erscheine diese Maßnahme zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten (§ 19 FrG), da der Beschwerdeführer hinsichtlich der Diebstähle nicht nur eine einzige Tathandlung, sondern mehrere zu verantworten habe, was die Gefahr neuerlicher Straffälligkeit nicht unbegründet erscheinen lasse. Die bedingte Strafnachsicht durch das Gericht könne die Verwaltungsbehörde nicht binden. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten; auch familiäre oder sonstige Bindungen habe er keine. Von der Dauer des Aufenthaltes her gesehen, könne noch nicht von einem hohen Maß an Integration gesprochen werden, wozu komme, daß der Beschwerdeführer nach den unbestrittenen Feststellungen der Erstbehörde seit 14. Jänner 1994 ohne Beschäftigung sei. Bei Abwägung dieser Gesichtspunkte wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, sodaß das Aufenthaltsverbot auch als zulässig im Sinne des § 20 Abs. 1 FrG anzusehen sei.
Im Hinblick auf die durch das Verhalten des Beschwerdeführers zutage getretenen charakterlichen Mängel sei die Bemessung des Aufenthaltsverbotes mit einer Dauer von zehn Jahren gerechtfertigt; vorher könne mit einem Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Gründe nicht gerechnet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
II
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die - zutreffende - Ansicht der belangte Behörde, daß im vorliegenden Fall unter Zugrundelegung des Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, bleibt in der Beschwerde unbekämpft.
2.1. Der Beschwerdeführer vertritt indes die Meinung, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn einen gravierenden Eingriff in sein Privat- "oder" Familienleben darstellen würde, weiters, daß diese Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele keinesfalls dringend geboten sei, und schließlich, daß die nach § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausgehen müsse.
2.2. Der Gerichtshof vermag der Beschwerde nicht beizupflichten. Daß mit dem Aufenthaltsverbot ein im Sinne des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden sein würde, hat die belangte Behörde ohnedies bejaht; daß diese Maßnahme keinen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers bewirken würde, ist eine Beurteilung, die - auf dem Boden der in dieser Hinsicht maßgeblichen (unbestrittenen) Feststellungen im angefochtenen Bescheid - keinem Einwand begegnet; die bloße Beschwerdebehauptung, es liege ein solcher Eingriff vor, vermag sie nicht zu entkräften.
Es kann des weiteren nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer als im Sinne des § 19 FrG dringend geboten erachtet hat. Denn der - in der Beschwerde bestätigte - mehr als einmalige Angriff auf fremdes Vermögen, noch dazu (auch) in der den Diebstahl als Verbrechen qualifizierenden Form des § 129 Z. 1 StGB, in Verbindung mit den Verstößen gegen die StVO, von denen jedenfalls die Fahrerflucht als schwerwiegend anzusehen ist, macht die Verhängung des Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung wie auch zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig. Mit dem Versuch, die gerichtlich strafbaren Handlungen zu bagatellisieren ("... wegen eines derartigen geringen Vergehens ..."), übersieht die Beschwerde zum einen, daß eben dieses verpönte Verhalten des Beschwerdeführers immerhin von solchem Gewicht war, daß es zu der keineswegs geringfügigen Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf drei Jahre, geführt hat (womit auch der Hinweis in der Beschwerde, der Beschwerdeführer sei "lediglich untergeordnet beteiligt gewesen" versagt), und zum anderen, daß sich in den wiederholten Verstößen gegen fremdes Eigentum eine Neigung des Beschwerdeführers zur Mißachtung dieses Rechtsgutes manifestiert.
Im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung hat die belangte Behörde auf den etwa fünfjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich Bedacht genommen. Wenn sie ungeachtet dessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als schwerer wiegend angesehen hat als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, so kann dem nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Dies nicht nur angesichts der schwach ausgeprägten privaten (für einen Verbleib im Bundesgebiet sprechenden) Interessen des Beschwerdeführers - von der Zeit seines Aufenthaltes in Österreich vermag der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt des nach § 20 Abs. 1 Z. 1 FrG maßgeblichen Kriteriums "Dauer des Aufenthaltes" nur den rechtmäßigen, also ca. eindreiviertel Jahre dauernden, Aufenthalt für sich ins Treffen zu führen; hinsichtlich der Integration hat die belangte Behörde zu Recht ein hohes Ausmaß verneint -, sondern auch und vor allem in Anbetracht des durch das Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigten maßgeblichen öffentlichen Interesses.
3. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen ist der ein in bezug auf die Kriterien der §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG mangelhaftes Ermittlungsverfahren behauptenden Verfahrensrüge der Boden entzogen.
4. Entgegen der Beschwerdeansicht, es sei "angesichts der Geringfügigkeit" der dem Beschwerdeführer angelasteten "Übertretungen" die Aufenthaltsverbotsdauer von zehn Jahren überhöht, kann die für diese Bemessung ausschlaggebende Überlegung, daß die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (§ 21 Abs. 2 FrG) - nämlich die durch das besagte Fehlverhalten des Beschwerdeführers hervorgerufene Gefährdung der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Sicherheit - vorhersehbarerweise nicht vor Verstreichen von zehn Jahren weggefallen sein würden, nicht als rechtsirrig erkannt werden (vgl. die ständige Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Festsetzung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes, jüngst etwa das Erkenntnis vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0349 mwN).
5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180456.X00Im RIS seit
20.11.2000