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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 18. April 1994, Zl. III 112-2/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 18. April 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde - soweit für die Erledigung des Beschwerdefalles von Belang - folgendes aus: Der Beschwerdeführer sei am 1. Juni 1973 in Bregenz geboren worden und habe die ersten zehn Lebensjahre in Österreich verbracht. Anfang der 80er Jahre sei er nach dem Tod seines Vaters mit seiner restlichen Familie in das ehemalige Jugoslawien zurückgekehrt. Zu Beginn des Jahres 1990 sei der Beschwerdeführer mit seiner Mutter, seinen zwei Brüdern und seiner Freundin wieder nach Österreich gekommen und habe in Vorarlberg Aufenthalt genommen. Im Jahr 1992 sei er mit seinen Angehörigen nach Tirol verzogen. Seit seinem Wiederaufenthalt im Bundesgebiet im Jahr 1990 habe der Beschwerdeführer eine Reihe (in der Bescheidbegründung detailliert dargestellter) verpönter Verhaltensweisen gesetzt, zuletzt einen Verstoß gegen das Fremdenpolizeigesetz dadurch, daß er sich seit 26. August 1993 ohne gültigen Sichtvermerk in Österreich aufhalte.
Nach Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG sowie der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 und des § 20 Abs. 1 leg. cit. entgegnete die belangte Behörde dem Einwand des Beschwerdeführers, er könne gemäß § 20 Abs. 2 FrG nicht mit einem Aufenthaltsverbot belegt werden, weil er die ersten zehn Lebensjahre im Bundesgebiet verbracht und daher ab dem Jahr 1983 die Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) gehabt habe, damit, daß es nach § 20 Abs. 2 FrG auf die Möglichkeit der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "vor Verwirklichung des (für das Aufenthaltsverbot) maßgeblichen Sachverhalts" ankomme, "was unmittelbar davor heißt (vgl. VwGH vom 28.10.1993, Zl. 93/18/0339)". Da der Beschwerdeführer angesichts seiner Wiedereinreise im Jahr 1990 und seines vorherigen, ungefähr siebenjährigen Aufenthaltes im ehemaligen Jugoslawien die zeitliche Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG bei weitem nicht erfülle, liege der Hinderungsgrund des § 20 Abs. 2 FrG nicht vor.
Zu der mit zehn Jahren festgesetzten Dauer des Aufenthaltsverbotes vertrat die belangte Behörde die Ansicht, daß diese Gültigkeitsdauer den für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Umständen entspreche. Sie sei - im Gegensatz zur Erstbehörde (welche die Gültigkeitsdauer mit fünf Jahren bemessen hatte) - aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes der Auffassung, daß bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes, nämlich der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, das Verstreichen von zehn Jahren vonnöten sei.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab (Beschluß vom 20. Juni 1994, B 1251/94-4) und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 18. Juli 1994, B 1251/94-6).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid in seinem "Recht, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Aufenthaltsverbot zu bekommen", verletzt und behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
II
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleiben die wesentlichen Sachverhaltsannahmen (die zahlreichen verpönten Verhaltensweisen des Beschwerdeführers) unbestritten und die rechtlichen Beurteilungen durch die belangte Behörde dahin, daß die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt und das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 und des § 20 Abs. 1 leg. cit. zulässig sei, unbekämpft.
2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die im angefochtenen Bescheid gewählte Interpretation des § 20 Abs. 2 FrG, die "dem eindeutigen Gesetzestext und den Intentionen des Gesetzgebers" widerspreche. Dazu wird die Einvernahme des Bundesministers für Justiz, der Bundesministerin für Familie, Jugend und Konsumentenschutz sowie eines namentlich genannten Sektionschefs im Bundesministerium für Justiz als "Zeugen, die den Willen des Gesetzgebers bekunden können", und zwecks dessen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt.
2.2. Die (oben I. 1 dargestellte) Interpretation des § 20 Abs. 2 FrG seitens der belangten Behörde entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0339, und vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0159). Die Ausführungen in der vorliegenden Beschwerde bringen keine Argumente, die Veranlassung böten, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Es ist nicht zu erkennen, inwieweit die Auslegung, welche die besagte Norm durch den Gerichtshof erfahren hat, mit deren Text (Wortlaut) in Widerspruch stehen soll; ebensowenig, daß sie den Intentionen des Gesetzgebers (dem Willen des historischen Gesetzgebers) zuwiderläuft. Was diesen Willen anlangt, wird auf den AB 329 BlgNR 18. GP, S. 2 verwiesen; dieser steht dem vom Verwaltungsgerichtshof gewonnenen Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die in der Beschwerde beantragte Einvernahme der genannten Bundesminister und eines Ministerialbeamten erweist sich schon deshalb als nicht zielführend, weil die Vorstellungen dieser Personen, soweit sie in das Gesetz nicht Eingang gefunden haben, unerheblich sind.
3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Beweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von Amtspersonen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel ZeugenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180453.X00Im RIS seit
11.07.2001