Index
10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde wegen Versäumung der sechswöchigenBeschwerdefrist; Abweisung des WiedereinsetzungsantragsSpruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2007, eingelangt beim Verfassungsgerichtshof am 26. Jänner 2007, brachten die Einschreiter eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde gegen Bescheide des Unabhängigen Bundesasylsenates, jeweils vom 15. November 2006, Z. 301.586/0-C1/E1-XVIII/58/06, Z. 301.583/0-C1/E1-XVIII/58/06, Z. 301.582/0-C1/E1-XVIII/58/06, Z. 301.585/0-C1/E1-XVIII/58/06, Z. 301.584/0-C1/E1-XVIII/58/06, betreffend die Abweisung ihrer Asylanträge, ein. Mit demselben Schriftsatz beantragten die Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages zur Erhebung einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde gegen die Bescheide des Unabhängigen Bundesasylsenates und stellten den Antrag, die Beschwerde im Fall der Abweisung oder Ablehnung gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten sowie den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
II. Den Wiedereinsetzungsantrag begründen die Antragsteller damit, dass sie nicht der deutschen Sprache mächtig seien und nicht in der Lage seien, zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zu unterscheiden. Die Einschreiter hätten daher lediglich einen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe an den Verwaltungsgerichtshof gestellt, welche ihnen mit Beschluss vom 5. Dezember 2006, Z. VH 2006/01/0607 bis 0611-3, 4, zugestellt am 11. Jänner 2007, bewilligt wurde.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1.1 Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG im §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden. Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 10.489/1985, 10.880/1986).
1.2 Auch wenn die Beschwerdeführer selbst den Unterschied zwischen dem Verfassungs- und dem Verwaltungsgerichtshof nicht kannten, so haben sie sich, wie die Einbringung des Verfahrenshilfeantrages beim Verwaltungsgerichtshof zeigt, über die Möglichkeit der Bekämpfung der Bescheide des Unabhängigen Bundesasylsenates bei einer rechtskundigen Person informiert. Ein allfälliger Rechtsirrtum des Informanten über das Bestehen einer Beschwerdemöglichkeit an den Verfassungsgerichtshof ist nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten, das nach den §§33 und 35 Abs1 VfGG iVm §146 Abs1 erster Satz ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen würde (vgl. VfSlg. 14.158/1995, uva). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.
2.1 Eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof kann nur innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides erhoben werden (§82 Abs1 VfGG). Wird vor Ablauf dieser Frist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, beginnt die Beschwerdefrist gemäß §§73 Abs2, 85 Abs2 ZPO iVm §35 VfGG mit der meritorischen Erledigung (Stattgebung oder Abweisung) des Verfahrenshilfeantrages neu zu laufen.
Die angefochtenen Bescheide, jeweils vom 15. November 2006, wurden den Einschreitern nach ihrem eigenen Vorbringen bereits im November 2006 zugestellt. Der mit 26. Jänner 2007 beim Verfassungsgerichtshof eingelangte Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe war daher wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung abzuweisen, da die sechswöchige Beschwerdefrist des §82 Abs1 VfGG bereits verstrichen war und eine Unterbrechung dieser Frist nicht eintrat (§464 Abs3 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG).
2.2 Die gemeinsam mit dem Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe eingebrachte Beschwerde durch einen vom Verwaltungsgerichtshof bestellten Verfahrenshelfer, war ebenfalls wegen Ablaufes des sechswöchige Beschwerdefrist ohne weiteres Verfahren und ohne weitere Prüfung der Prozessvoraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen. Es wird noch darauf hingewiesen, dass der einschreitende Rechtsanwalt vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer in Kärnten zur Verfahrenshilfe für die dieselben Bescheide des Unabhängigen Bundesasylsenates betreffende Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bestellt wurde. Es besteht jedoch keine Rechtsvorschrift, welche die gemäß §61 VwGG iVm §464 Abs3 ZPO eintretende Wirkung der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes auf den Fristenlauf im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof über dieses Verfahren hinaus auf ein anderes Verfahren ausdehnt, insb. nicht in der anscheinend angenommenen Weise auf ein denselben Bescheid betreffendes Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (vgl. VfSlg. 13.747/1994; 14.397/1995; 14.751/1997; VfGH 7.6.2006, B860/06; 28.11.1997, B2733/97; 25.2.2002, B1709/01; 24.11.2003, B1472/03).
3. Der in eventu gestellte Antrag, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, ist abzuweisen, weil nach Art144 Abs3 B-VG (und §87 Abs3 VfGG) eine solche Abtretung nur für den Fall vorgesehen ist, dass der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde abweist oder ihre Behandlung ablehnt, nicht aber für den ihrer Zurückweisung.
IV. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 VfGG sowie §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
V. Bei diesem Verfahrenergebnis konnte eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entfallen.
Schlagworte
VfGH / Fristen, VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:B127.2007Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009