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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge "und gleichen Familienstandes" in §34 Abs2 und Abs7 EStG 1988 mit E v 12.12.91, G290/91.Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Vertreters die mit 15.000 S bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Der Beschwerdeführer ist Journalist und Schriftsteller. Er ist für drei Kinder aus geschiedener Ehe unterhaltspflichtig, die bei ihrer Mutter leben. Während diese Unterhaltslast bei der Bemessung der Einkommensteuer für 1988 noch als außergewöhnliche Belastung nach §34 Abs2 Einkommensteuergesetz (EStG) 1972 berücksichtigt worden war, blieben bei der Festsetzung der Einkommensteuer für 1989 die Kinder überhaupt außer Betracht.
Die Beschwerde wendet sich gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, mit dem das Begehren des Beschwerdeführers, die im Jahre 1989 geleisteten laufenden Unterhaltszahlungen in der Höhe von 191.406 S als außergewöhnliche Belastung nach §34 EStG 1988 anzuerkennen, ihm allenfalls den Alleinverdiener- oder Alleinerhalterabsetzbetrag zuzuerkennen und die Kinder bei den Sonderausgaben und der Besteuerung der sonstigen Bezüge zu berücksichtigen, abgewiesen wurde. Gemäß §34 Abs7 EStG 1988 seien Aufwendungen für Unterhaltszahlungen nur mehr insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Laufende Unterhaltszahlungen an Kinder aus geschiedener Ehe stellten daher keine außergewöhnliche Belastung dar. Abzugsfähige Aufwendungen, welche durch eine Krankheit der Kinder erwachsen seien und demzufolge als abzugsfähig anzuerkennen wären, lägen nicht vor. Der Alleinverdienerabsetzbetrag stehe nur einem verheirateten Steuerpflichtigen zu und die Gewährung des Alleinerhalterabsetzbetrages und der sonstigen Begünstigungen für Kinder setze das Vorhandensein von Kindern im Sinne des §106 EStG 1988, also von solchen voraus, für die dem Steuerpflichtigen oder dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten Familienbeihilfe gewährt werde; die Kinderbeihilfe beziehe aber die geschiedene Ehegattin.
Die auf Art144 gestützte Beschwerde rügt die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und macht die Verletzung von Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (nämlich des EStG 1988) geltend. Sie wurde am 27. Juni 1991 zur Post gebracht; an diesem Tag fand die öffentliche mündliche Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren G82,240,241/91 statt, das mit Erkenntnis vom selben Tag zur Aufhebung des §106 EStG 1988 führte. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes war der Fall daher nicht als Anlaßfall dieses Gesetzesprüfungsverfahrens zu behandeln.
II. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof jedoch die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "und gleichen Familienstandes" in §34 Abs2 und des §34 Abs7 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. 400, von Amts wegen geprüft. Mit Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, G290/91, hat er die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen wegen Verletzung des Gleichheitssatzes als verfassungswidrig aufgehoben.
Da der angefochtene Bescheid in Anwendung eines gleichheitswidrigen Gesetzes ergangen ist, verletzt er den Beschwerdeführer offenkundig im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz. Er ist folglich aufzuheben (§19 Abs4 Z3 VerfGG).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Betrag sind 2500 S an Umsatzsteuer enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B719.1991Dokumentnummer
JFT_10079690_91B00719_00