TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/14 90/12/0228

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Veröffentlicht am 14.09.1994
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

BDG 1979 §17 Abs1;
BDG 1979 §17 Abs2 Z1;
BDG 1979 §17 Abs2;
BDG 1979 §17 Abs3;
BDG 1979 §17;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art59a Abs1;
B-VG Art59a Abs3;
B-VG Art59a;
GehG 1956 §13 Abs5 idF 1983/612;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des E in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 11. Juni 1990, Zl. 11 1500/2-IV/1/90, betreffend Außerdienststellung nach § 17 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Finanzamt XY, wo er seit Beginn des Jahres 1984 die Funktion eines Betriebsprüfers innehatte. Er ist ferner seit 1. November 1989 Personalvertreter im Dienststellenausschuß dieses Finanzamtes.

Am 1. Oktober 1986 wurde der Beschwerdeführer als Abgeordneter zum Nationalrat erstmals gewählt. Er gehörte auch dem am 23. November 1986 gewählten Nationalrat als Abgeordneter an und übt diese Funktion auch in der laufenden Gesetzgebungsperiode aus. Seine Dienstbezüge wurden deshalb ab 1. Oktober 1986 gemäß § 13 Abs. 5 GG 1956 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 BDG 1979 um 25 % gekürzt. Seit seiner Außerdienststellung bezieht er einen Monatsbezug nach § 13 Abs. 6 GG 1956.

Mit Schreiben vom 6. Februar 1987 erklärte der Beschwerdeführer sein Einverständnis zu seiner zukünftigen Verwendung in der Lohnsteuer- und Beihilfenstelle. Nach Fertigstellung der ausständigen Prüfberichte aus seiner Vorverwendung bis April 1987 war der Beschwerdeführer seither in seiner neuen Verwendung tätig.

Maßgebend für diese Verwendungsänderung war nach der Auffassung der Dienstbehörde erster Instanz, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Betriebsprüfer die kontinuierliche Prüfung von Gewerbebetrieben von Abgabepflichtigen umfaßt habe und der Erfolg der Prüfung unter anderem davon abhänge, daß sich der Betriebsprüfer ohne Unterbrechung mit den betriebswirtschaftlichen und buchhalterischen Gegebenheiten des Betriebes vertraut machen müsse und die Prüfung in einem Arbeitsgang über einen Zeitraum bis zu drei oder vier Wochen abzuwickeln sei. Unregelmäßige Unterbrechungen dieser Tätigkeit beeinträchtigten und gefährdeten den Prüfungserfolg und begünstigten die Verschleierung nicht ordnungsgemäß ausgewiesener Betriebsergebnisse. Einem Referenten einer Lohnsteuerstelle könnten hingegen Aufgaben zugewiesen werden, deren nicht sofortige Erledigung den Dienstbetrieb nicht wesentlich beeinträchtigten. Diese Aufgaben könnten bei allfälliger Abwesenheit einem anderen Beamten übertragen werden. Die einzelnen Arbeitseinheiten in der Lohnsteuerstelle könnten zudem mit relativ kurzem Zeitaufwand erledigt werden, wobei die Verschiebung dieses Erledigungsvorganges auf Folgetage oder Wochen zu keinen wesentlichen negativen Auswirkungen führe. Daher könne der Beschwerdeführer neben der Ausübung des Mandates ohne erhebliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebes allenfalls die Funktion eines Referenten der Lohnsteuerstelle, nicht jedoch die eines Betriebsprüfers ausüben.

Laut Bericht der Finanzlandesdirektion für Steiermark (im folgenden FLD) vom 21. Jänner 1988 an die belangte Behörde habe der Beschwerdeführer in der Zeit vom 16. bis 28. April 1987 27 Freibetragseintragungen in Lohnsteuerkarten und acht beantragte Jahresausgleiche durchgeführt. Dies entspreche der durchschnittlichen Tagesleistung eines Lohnsteuerreferenten. Nach dem 28. April 1987 bis zum Jahresende habe der Beschwerdeführer keine weiteren Arbeitsleistungen erbracht.

Die belangte Behörde teilte daraufhin dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4. März 1988 unter Bekanntgabe der Rechtslage und der Mitteilung der Ergebnisse dieses Berichtes mit, seine weitere Beschäftigung auf seinem neuen Arbeitsplatz neben der Ausübung seines Mandates erscheine nicht möglich, weil dies wegen der besonderen zeitlichen Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Mitglied des Nationalrates nur unter der erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes möglich wäre. Bei der geringfügigen tatsächlichen Dienstleistung des Beschwerdeführers könne keine Rede davon sein, daß er in der Lage sei, die Aufgaben eines Arbeitsplatzes, der die volle Arbeitskraft eines Menschen erfordere, auch nur annähernd zu erfüllen. Es müsse davon ausgegangen werden, daß dieser Sachverhalt während der Mandatsausübung des Beschwerdeführers andauern werde. Aus dem gleichen Grunde könne dem Beschwerdeführer aber auch kein seiner bisherigen Verwendung als Beamter der Verwendungsgruppe B mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden. Es erscheine daher die Außerdienststellung des Beschwerdeführers nach § 17 Abs. 3 BDG 1979 zwingend geboten, sofern er nicht eine Ruhestandsversetzung nach § 14 Abs. 2 leg. cit. beantrage.

In seiner Stellungnahme vom 21. April 1988 teilte der Beschwerdeführer im wesentlichen mit, er könne einer Außerdienststellung nicht zustimmen. Er bestritt insbesondere unter Hinweis auf den mehr als 100 % gestiegenen Arbeitsanfall in den letzten zehn Jahren, der mit einem nahezu unverändert gebliebenen Personalstand hätte bewältigt werden müssen, eine Beeinträchtigung des Dienstbetriebes. Er sei gewillt, Arbeitsleistungen im Rahmen seiner Möglichkeiten auszuführen. Die Außerdienststellung sei verfrüht, da die Ausübung eines Mandates eine Aufgabe auf Zeit und es nicht sicher sei, ob er sein Mandat nach der nächsten Wahl wieder ausüben könne.

Nach dem Bericht der FLD vom 30. März 1989, der sich auf einen Bericht des Finanzamtes XY stützte, sei der Beschwerdeführer in den Wintermonaten 1988 (Jänner bis April und Oktober bis Dezember) durchschnittlich drei Stunden pro Woche in der Lohnsteuerstelle anwesend gewesen. Während dieser Zeit habe er keine Arbeiten erledigt, sondern lediglich am Parteienverkehr teilgenommen. Es könne daher davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer im Kalenderjahr 1988 Arbeitsleistungen im eigentlichen Sinn nicht erbracht habe.

Die belangte Behörde schaltete in der Folge den Präsidenten des Nationalrates (Anhörungsverfahren nach § 17 Abs. 4 BDG 1979) ein. Mit Schreiben vom 8. November 1989 übermittelte der Präsident des Nationalrates der belangten Behörde eine Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 7. November 1989 mit dem Ersuchen um weitere Ermittlungen. Nach dieser Stellungnahme sei der Beschwerdeführer (nachdem ein Mitglied am 30. Oktober 1989 sein Mandat zur Verfügung gestellt habe) als Mitglied in den Dienststellenausschuß gewählt worden. Die auf Grund dieser Funktion zu leistenden Arbeiten seien von der FLD nicht berücksichtigt worden. Außerdem wies er auf die 1990 auslaufende Gesetzgebungsperiode hin.

Mit Schreiben vom 10. April 1990 teilte die belangte Behörde dem Präsidenten des Nationalrates mit, eine Außerdienststellung führe nicht zum Ruhen der Funktion als Personalvertreter nach § 21 Abs. 1 PVG. Außerdem sei diese Funktion ein unbesoldetes Ehrenamt, das bei Beurteilung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 BDG 1979 nicht berücksichtigt werden könne.

Mit Note vom 27. April 1990 (Stellungnahme im Sinne des Art. 59a B-VG) ersuchte der Präsident des Nationalrates die Außerdienststellung des Beschwerdeführers bis zum Ende der Gesetzgebungsperiode zu vermeiden, da die vierjährige Legislaturperiode des Nationalrates im Herbst 1990 ende; eine vorzeitige Beendigung der Gesetzgebungsperiode des Nationalrates sei zu erwarten und die Außerdienststellung stelle für den Beschwerdeführer eine besondere Härte für den nicht auszuschließenden Fall dar, daß er dem nächsten Nationalrat nicht mehr angehöre.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Juni 1990 stellte die belangte Behörde gemäß Art. 59a Abs. 3 B-VG in Verbindung mit § 17 Abs. 3 BDG 1979 den Beschwerdeführer mit dem der Bescheidzustellung folgenden Monatsersten für die Dauer der Ausübung seines Nationalrats-Mandates außer Dienst. Nach Darstellung der Rechtslage und des bisherigen Verwaltungsgeschehens (insbesondere der Berichte der FLD vom 21. Jänner 1988 und vom 30. März 1989) vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Ansicht des Präsidenten des Nationalrates vom 27. April 1990 könne nicht gefolgt werden:

Den für die Außerdienststellung maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen sei nicht zu entnehmen, daß auf die zukünftige Zugehörigkeit zum nächsten Nationalrat Bedacht zu nehmen sei. Auf Grund der dargelegten Gegebenheiten (insbesondere betreffend das geringfügige Ausmaß der vom Beschwerdeführer erbrachten Dienstleistungen) sei die Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers auf seinem bisherigen Arbeitsplatz neben der Ausübung des Mandates nicht möglich, weil sie wegen der besonderen zeitlichen Inanspruchnahme als Mitglied des Nationalrates und des Umfanges der damit verbundenen Funktionen nur unter erheblicher Beeinträchtigung des Dienstbetriebes möglich wäre. Dabei sei zu bedenken, daß jeder Beamte, der nicht vom Dienst befreit oder enthoben sei, mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines in der Geschäftseinteilung seiner Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplatzes zu betrauen sei und ein Arbeitsplatz nur für Aufgaben vorgesehen werden dürfe, die die volle Normalarbeitskraft eines Menschen erforderten. Bei der geringfügigen tatsächlichen Dienstleistung des Beschwerdeführers könne keine Rede davon sein, daß er in der Lage gewesen sei, die Aufgaben eines Arbeitsplatzes, der die volle Normalarbeitskraft eines Menschen erfordere, auch nur annähernd zu erfüllen. Es müsse davon ausgegangen werden, daß dieser Sachverhalt während der Zeit der Mandatsausübung des Beschwerdeführers andauern werde. Aus dem gleichen Grund könne dem Beschwerdeführer kein seiner bisherigen Verwendung als Beamter der Verwendungsgruppe B mindestens gleichwertiger zumutbarer Arbeitsplatz zugewiesen werden.

Zu der vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme an den Präsidenten des Nationalrates vom 7. November 1989 ins Treffen geführten Funktion als gewählter Personalvertreter im Dienststellenausschuß des Finanzamtes XY werde ergänzend angemerkt, daß die in dieser Eigenschaft geleisteten Arbeiten bei Beurteilung der Bestimmungen des § 17 Abs. 2 BDG 1979 außer Betracht zu bleiben hätten, da es sich bei der Tätigkeit eines Personalvertreters nach § 25 Abs. 2 PVG um ein unbesoldetes Ehrenamt handle, das neben den Berufspflichten auszuüben sei und das durch eine Außerdienststellung nicht ruhe. Nach dem vorliegenden Sachverhalt sei daher gemäß § 17 Abs. 3 BDG 1979 auf die Dauer der Mandatsausübung die Außerdienststellung des Beschwerdeführers zwingend zu verfügen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. I Z. 2 der B-VG Novelle, BGBl. Nr. 611/1983,

wurde dem B-VG folgender Art. 59a eingefügt:

"(1) Öffentlichen Bediensteten ist, wenn sie sich um ein Mandat im Nationalrat bewerben oder wenn sie zu Mitgliedern des Nationalrates oder des Bundesrates gewählt wurden, die für die Bewerbung um das Mandat oder die Ausübung des Mandates erforderliche freie Zeit zu gewähren. Die Dienstbezüge dieser öffentlichen Bediensteten sind für die Dauer der Mandatsausübung um 25 v.H. zu kürzen.

(2) Für den Fall, daß solche Bedienstete an ihrem bisherigen Arbeitsplatz nicht eingesetzt werden können, haben die Dienstvorschriften anzuordnen, daß ihnen eine zumutbare gleichwertige Tätigkeit zuzuweisen ist.

(3) Ist die Fortsetzung der Berufstätigkeit von öffentlichen Bediensteten, die Mitglieder des Nationalrates oder des Bundesrates sind, aus besonderen Gründen nicht möglich, so sind sie außer Dienst zu stellen; die Dienstvorschriften haben diese Gründe zu bezeichnen. Die Bezüge dieser öffentlichen Bediensteten dürfen keinesfalls höher sein, als sie im Fall des Abs. 1 wären.

(4) Für den Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Dienstgeber und den betroffenen öffentlichen Bediensteten über die Zumutbarkeit oder Gleichwertigkeit einer zugewiesenen Tätigkeit oder über die Voraussetzung für die Außerdienststellung zur Ausübung des Mandates haben die Dienstvorschriften vorzusehen, daß der Präsident des Nationalrates oder der Vorsitzende des Bundesrates zu hören ist."

(Wiedergabe in der Fassung der Kundmachung, BGBl. Nr. 203/1984 - Druckfehlerberichtigung).

§ 17 Abs. 1-4 BDG 1979 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 612/1983 lautet:

"(1) Dem Beamten, der Mitglied des Nationalrates, des Bundesrates oder eines Landtages ist, ist die zur Ausübung des Mandates erforderliche freie Zeit zu gewähren.

(2) Ist eine Weiterbeschäftigung des Beamten, der Mitglied des Nationalrates oder des Bundesrates ist, auf seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht möglich, weil

1.

auf Grund der besonderen Gegebenheiten die Tätigkeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz neben der Ausübung des Mandates nur unter erheblicher Beeinträchtigung des Dienstbetriebes möglich wäre;

2.

ein weiterer Verbleib auf dem Arbeitsplatz wiederholte und schwerwiegende Interessenskonflikte zwischen den Dienstpflichten des Beamten und der freien Ausübung seines Mandates erwarten läßt oder

3.

seine Tätigkeit als Mitglied eines Organes der Gesetzgebung und der Umfang seiner politischen Funktionen mit der Tätigkeit auf seinem Arbeitsplatz unvereinbar ist,

so ist ihm ein seiner bisherigen Verwendung mindestens gleichwertiger zumutbarer Arbeitsplatz zuzuweisen, auf den keiner der in den Z. 1 bis 3 angeführten Umstände zutrifft. Die §§ 38 bis 40 sind in diesem Fall nicht anzuwenden.

(3) Ist eine Weiterbeschäftigung des Beamten auf seinem bisherigen Arbeitsplatz aus den in Abs. 2 angeführten Gründen nicht möglich und kann dem Beamten ein den Erfordernissen des Abs. 2 entsprechender Arbeitsplatz nicht zugewiesen werden, so ist er für die Dauer der Mandatsausübung außer Dienst zu stellen.

(4) Wird hinsichtlich der Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes (Abs. 2) oder der Außerdienststellung (Abs. 3) ein Einvernehmen mit dem Beamten nicht erzielt, so hat hierüber die oberste Dienstbehörde mit Bescheid zu entscheiden. Zuvor ist, wenn es sich

1.

um einen Abgeordneten zum Nationalrat handelt, der Präsident des Nationalrates,

2.

um ein Mitglied des Bundesrates handelt, der Vorsitzende des Bundesrates

zu hören."

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes im wesentlichen vor, die belangte Behörde stütze seine Außerdienststellung ausschließlich auf den in § 17 Abs. 2 Z. 1 BDG 1979 genannten Grund. Sie begründe dies allein damit, daß der Beschwerdeführer "die Aufgaben eines Arbeitsplatzes, der die volle Normalarbeitskraft eines Menschen erfordert", nicht "auch nur annähernd zu erfüllen" vermocht habe. Dies treffe zwar zu. Zweifellos sei dies aber der Regelfall. Hätte der (Verfassungs-)Gesetzgeber gewollt, schon BLOß DESHALB die Außerdienststellung anzuordnen oder nur zu gestatten, hätte er dies entsprechend zum Ausdruck gebracht und als Grundregel nicht die Weiterbelassung im Dienst, sondern die Außerdienststellung festgesetzt.

Außerdem liege keine Behinderung des Dienstbetriebes vor, wenn ein Dienstnehmer keine volle Normalarbeitsleistung erbringe. Zwar entstünden daraus naturgemäß zusätzliche organisatorische Erfordernisse: Allenfalls entstehe ein weiterer Personalbedarf. In Wahrheit laufe die Argumentation der belangten Behörde darauf hinaus, daß die dienstlichen Abwesenheiten eine "Irritation" der gewöhnlichen (insbesondere organisatorischen) Routine bedingten, während es von Gesetzes wegen erforderlich sei, daß sich die verbleibenden Anwesenheiten und dienstlichen Verrichtungen des Beschwerdeführers hemmend auf den Dienstbetrieb auswirkten. Diese "Irritation" sei schon der Grundregel der Gewährung der dienstfreien Zeit (nach § 17 Abs. 1 BDG 1979) und damit der vorauszusetzenden Grundsituation immanent; darin könne daher kein besonderer Grund im Sinne des Art. 59a Abs. 3 B-VG liegen. Das Ausmaß der verbleibenden dienstlichen Tätigkeit könne daher für sich allein die Außerdienststellung in keinem Fall rechtfertigen. Die verfassungsgesetzliche wie auch einfachgesetzliche Regelungen ließen eine deutliche Präferenz für die Beibehaltung einer restlichen dienstlichen Verwendung erkennen; sie brächten zum Ausdruck, daß die Außerdienststellung nur bei deutlichen und konkret faßbaren negativen Auswirkungen der noch geleisteten dienstlichen Tätigkeit stattfinden solle. Seitens des Finanzamtes XY sei nicht einmal die Behauptung irgendeiner Störung oder Beeinträchtigung, geschweige denn einer Behinderung des Dienstbetriebes aufgestellt worden.

Dazu komme, daß der Beschwerdeführer zusätzlich eine Personalvertretungsfunktion ausübe. Auch dafür sei die erforderliche dienstfreie Zeit zu gewähren (§ 25 Abs. 4 erster Satz PVG); es könne sogar zu einer Dienstfreistellung kommen (§ 25 Abs. 4 zweiter Satz leg. cit.). Beide die Zeit der tatsächlichen Dienstleistungen verkürzenden Einrichtungen nach § 17 BDG 1979 einerseits und nach § 25 Abs. 4 PVG andererseits dürften nicht in der Weise kombiniert werden, daß aus einem Teil dienstfreier Zeit auf Grund der einen und einem anderen Teil auf Grund der zweiten Funktion der Entzug der dienstlichen Funktion selbst erfolgen dürfe. Dies scheitere schon mangels eindeutiger Zuordenbarkeit. Darüber hinaus bestehe aber zwischen der Gewährung der dienstfreien Zeit auf Grund der Personalvertretungstätigkeit und der Mandatsausübung ein wesentlicher Unterschied: Die Personalvertretungstätigkeit setze einen Bezug zu einem bestimmten Dienstverhältnis voraus, der bei der Mandatsausübung völlig fehle.

Der Beschwerdeführer bringt ferner für den Fall, daß das Ausmaß einer verbleibenden dienstlichen Tätigkeit als relevantes Faktum im Sinne des § 17 Abs. 2 BDG 1979 anzusehen wäre, vor, daß in diesem Fall auch die Personalvertretungs-Tätigkeit des Beschwerdeführers hinzugerechnet werden müsse. Daraus ergebe sich auch die unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügte Unterlassung einer Erhebung der diesbezüglichen Leistungen des Beschwerdeführers (als Personalvertreter) samt dem dafür erforderlichen Zeitaufwand. Ohne diesen Verfahrensmangel wäre festgestellt worden, daß die im Dienstverhältnis vom Beschwerdeführer erbrachten Leistungen auch bei dieser Rechtsansicht seine Außerdienststellung keineswegs gerechtfertigt hätte.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Ohne Zweifel ist der (Verfassungs)Gesetzgeber davon ausgegangen, daß die Arbeitsleistung eines öffentlich Bediensteten, der zusätzlich als gewähltes Mitglied des Nationalrates (Bundesrates) dieses Mandat ausübt, eine geringere ist als die eines öffentlich Bediensteten, auf den dies nicht zutrifft. Nur vor diesem Hintergrund ist auch die ex lege eintretende Kürzung des Bezuges aus dem öffentlichen Dienstverhältnis für die Dauer der Mandatsausübung um 25 v.H. (Art. 59a Abs. 1 letzter Satz B-VG; für das öffentlich-rechtliche Bundesdienstverhältnis: § 13 Abs. 5 GG 1956 in der Fassung des Art. III, BGBl. Nr. 612/1983) verständlich, die offenkundig von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehend die besoldungsrechtlichen Konsequenzen aus einer eingeschränkten Dienstleistung eines solchen Bediensteten zieht (vgl. dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zum Ausschußbericht zu Art. III dieser Novelle des GG 1956, 154 Blg. 16. GP, die von einer "durch die Mandatsausübung eingeschränkten Dienstleistung" sprechen).

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers trifft es aber nicht zu, daß das Ausmaß der von einem solchen Beamten im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (wie im Beschwerdefall gegeben) tatsächlich erbrachten Dienstleistungen unter dem Gesichtspunkt des § 17 Abs. 2 Z. 1 BDG 1979 völlig unerheblich ist. Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß nach der B-VG Novelle, BGBl. Nr. 611/1983 (und ihr folgend auch ihre Umsetzung im Dienst- und Besoldungsrecht der öffentlich-rechtlichen Bundesbediensteten durch

BGBl. Nr. 612/1983) die - wenn auch eingeschränkte - Fortsetzung der Berufstätigkeit des öffentlichen Bediensteten die Regel und die "gänzliche" Außerdienststellung nur mehr in besonders gelagerten Fällen möglich sein soll (so die Formulierung im AB zur B-VG Novelle, 153 Blg. 16. GP, Seite 1 linke Spalte). Gerade der oben aufgezeigte Zusammenhang zwischen eingeschränkter Dienstleistung durch den in einem öffentlichen Dienstverhältnis stehenden Mandatar und der Gehaltskürzung (die gleichfalls verfassungsrechtlich verankert ist), zeigt aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes unmißverständlich auf, daß der (Verfassungs)Gesetzgeber bei diesem Regelfall unterstellt hat, daß der Beamte (öffentlich Bedienstete) neben der Ausübung seines Mandates imstande ist, auch weiterhin nicht unerhebliche Dienstleistungen in seinem öffentlich-rechtlichen (öffentlichen) Dienstverhältnis zu erbringen. Zwar kann nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes ein "arithmetischer Rückschluß" aus der besoldungsrechtlichen Kürzungsregel allein auf das Ausmaß der weiterhin erwarteten "Rest"-Dienstleistung des Beamten nicht gezogen werden, beruht doch diese Regel selbst auf einer Durchschnittsbetrachtung, die mit Unschärfen verbunden ist und dürfen nur "besondere Gründe" zur Außerdienststellung führen. Dies ändert aber nichts an der grundsätzlichen Einsicht, daß der Verfassungsgesetzgeber nicht von vornherein ausgeschlossen hat, daß das Ausmaß der erbrachten "Rest"-Dienstleistung ein besonderer Grund für die Außerdienststellung sein könnte.

Dem steht auch nicht entgegen, daß dem Beamten (öffentlich Bediensteten) die für die Ausübung des Mandates erforderliche freie Zeit zu gewähren ist. Diese Bestimmung darf nämlich nicht losgelöst für sich allein betrachtet werden. Auch sie ist ein Teil des gesamten Regelungssystems, das von einem Regelfall einer durchschnittlichen Belastung durch die Mandatsausübung ausgeht, der auch durch die Inanspruchnahme der erforderlichen freien Zeit für die Mandatsausübung mitbestimmt wird. Die aus besonderen Gründen zugelassene Außerdienststellung als Beamter ist gerade jene Einrichtung, die ein extremes, geradezu unerträgliches Spannungsverhältnis auflösen soll, das im Einzelfall dadurch entstehen kann, daß der Mandatar die für die Ausübung seines Mandates erforderliche Zeit in einem Ausmaß in Anspruch zu nehmen hat, daß die Restdienstleistung im öffentlich-rechtlichen (öffentlichen) Dienstverhältnis nur mehr ein sehr geringes Ausmaß erreicht, ja im äußersten Fall gar nicht mehr erbracht werden kann.

Die im B-VG genannten besonderen Gründe hat der einfache Gesetzgeber für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund in § 17 Abs. 2 BDG 1979 taxativ aufgezählt. Daß der einfache Gesetzgeber dabei die verfassungsrechtlich vorgegebenen Schranken überschritten hätte, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat unter dem Blickwinkel des Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Bestimmungen des § 17 Abs. 2 leg. cit. Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer im Kalenderjahr 1987 ab Ende April keine Arbeitsleistung in der ihm nach Erlangung seines Mandates neu zugewiesenen Tätigkeit in der Lohn- und Beihilfenstelle im Finanzamt XY erbracht hat, in den Wintermonaten 1988 durchschnittlich drei Stunden je Woche im Parteienverkehr tätig war und eine Änderung im Ausmaß seiner Tätigkeit auch in der Folge nicht feststellbar gewesen ist. Die belangte Behörde hat diesen Sachverhalt dem § 17 Abs. 2 Z. 1 BDG 1979 unterstellt.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes war es vor dem Hintergrund dieser Sach- und Rechtslage nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde darin eine erhebliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebes erblickt hat und das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Z. 1 BDG im Beschwerdefall bejaht hat. Dies deshalb, weil die vom Beschwerdeführer im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erbrachten Dienstleistungen so geringfügig waren, daß sie jedenfalls weit unter dem oben dargelegten Regelfall einer Belastung durch die Mandatsausübung und der damit korrespondierenden Restdienstleistung im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gelegen ist und eine derartige Situation zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes führt, die praktisch nur durch den ständigen Einsatz einer Ersatzkraft wettgemacht werden kann. Dazu ist der Dienstgeber aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes in der Regel nicht verpflichtet, würde dies doch mit dem oben dargelegten Grundkonzept in Widerspruch stehen und dem § 17 Abs. 2 Z. 1 BDG 1979 weitgehend seinen Anwendungsbereich nehmen.

Was die beiden auf die zusätzliche Tätigkeit des Beschwerdeführers als Personalvertreter gestützten Argumente in der Beschwerde betrifft, ist folgendes zu erwidern: Der Beschwerdeführer hat selbst nach seinem Vorbringen in seinem Schreiben an den Präsidenten des Nationalrates vom 7. November 1989 erst Ende Oktober/Anfang November 1989 die Funktion eines Personalvertreters im Dienststellenausschuß des Finanzamtes XY übernommen. Ungeachtet des Umstandes, daß GRUNDSÄTZLICH auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides abzustellen ist, steht im Beschwerdefall unzweifelhaft fest, daß bereits VOR der Aufnahme der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Personalvertreter seine geringe Dienstleistung im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gegeben war und dies nur auf seine Tätigkeit als Abgeordneter zum Nationalrat zurückzuführen ist. Bei dieser zeitlichen Abfolge kommt einer allfälligen Zusatzbelastung des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit als Personalvertreter keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Es erübrigt sich damit der Frage nachzugehen, welche Auswirkungen einer Doppelbelastung des Beamten (Abgeordneter, Personalvertreter) für § 17 Abs. 2 BDG 1979 zukommen.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1990120228.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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