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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
Vlbg GVG §4 litaLeitsatz
Abweisung der Beschwerde gegen die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbes von Todes wegen durch Ausländer, die nicht zum Kreis der Angehörigen des Erblassers gehören, gemäß §4 lita und litb sowie §5 Abs3 Vlbg GVG (Anlaßfall zu G255/91, E v 05.03.92).Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die deutschen Staatsangehörigen Dr. F J und Dr. W J beantragten am 15. September 1989, die Übertragung der - land- und forstwirtschaftlich genutzten - Liegenschaften in EZ 197 (Gst. Nr. 4565, 4676, 4677 und 4680) in der KG Frastanz von der Verlassenschaft nach dem am 1. April 1989 in Ludesch verstorbenen Pfarrer iR F J grundverkehrsbehördlich zu genehmigen.
Der (Vorarlberger) Grundverkehrssenat versagte mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 31. Oktober 1990 gemäß §5 Abs2 und 3 des (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 18/1977 idF der Novelle LGBl. 63/1987 (im folgenden kurz: Vlbg. GVG) die begehrte Bewilligung.
Der Berufungsbescheid wird im wesentlichen wie folgt begründet:
"Anläßlich der Besichtigung der Liegenschaften durch den Grundverkehrssenat am 15.10.1990 wurde festgestellt, daß die Grundstücke teilweise als Viehweide genutzt werden. Teilweise sind sie infolge Laubholzanflug natürlich bewaldet. Die Fläche um die erwähnte Hütte auf dem Grundstück unterhalb der Straße ist gemäht. Es handelt sich somit um Grundstücke gemäß §1 Abs2 GVG, die gemäß §1 Abs1 lita GVG unter die Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes fallen.
Gemäß §5 Abs2 GVG ist ein Rechtserwerb durch Ausländer nur zu genehmigen, wenn die im §5 Abs1 genannten land- und forstwirtschaftlichen Interessen nicht verletzt werden, staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht.
Gemäß §5 Abs3 GVG sind Rechtserwerbe durch ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer, die nicht zu den Angehörigen des Erblassers gemäß §4 lita und b gehören, ungeachtet des Abs2 zu genehmigen, wenn die letztwillige Zuwendung nicht erfolgt ist, um die Genehmigungsvoraussetzungen für den Erwerb durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden zu umgehen.
Die Berufungswerber gehören nicht zum Kreis der Angehörigen des Erblassers gemäß §4 lita und b GVG; dies ist unbestritten. Die Berufungswerber haben im Grundverkehrsansuchen angegeben, daß sie deutsche Staatsbürger sind. Ein Eigentumserwerb zu Lebzeiten des Erblassers wäre somit unter die Bewilligungspflicht des §5 Abs2 GVG gefallen, weil die Berufungswerber Ausländer sind und nicht zu den Angehörigen des Erblassers gemäß §4 lita und b GVG gehören. Schon aus der Formulierung dieser Gesetzesbestimmung ist ersichtlich, daß eine solche Genehmigung sehr schwer erlangt werden kann; in Übereinstimmung damit ist die Praxis der Grundverkehrsbehörden in Vorarlberg sehr restriktiv. So muß am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse bestehen. Der Nachweis eines solchen Interesses ist jedoch sehr schwierig. Der Gesetzgeber wollte demnach den Rechtserwerb durch Ausländer massiv einschränken und auch Umgehungsmöglichkeiten hintanhalten. Aus §5 Abs3 GVG ist ersichtlich, daß der Gesetzgeber die Anwendung der Ausnahmebestimmungen des §4 lita und b GVG zur Umgehung des §5 Abs2 GVG verhindern wollte. Eine solche letztwillige Zuwendung muß daher als unzulässig betrachtet werden, weil sie der Teleologie des Grundverkehrsgesetzes widerspricht.
Die Berufungswerber haben bei der Verhandlung vor dem Grundverkehrssenat selber eingestanden, daß die letztwillige Anordnung von Pfarrer J 'unglücklich formuliert' ist. In dieser letztwilligen Anordnung vom 7.1.1982 vermacht Pfarrer J die gegenständlichen Grundstücke den beiden Ehegatten J je zur Hälfte und bestätigt gleichzeitig, für dieses Vermächtnis von den Ehegatten J einen Betrag von S 200.000,-- bar und richtig erhalten zu haben.
Im Anhang zu diesem Vermächtnis vom 27.6.1982 verpflichtet er seine Erben, den Vermächtnisnehmern den Betrag von
S 200.000,-- samt Zinsen und wertgesichert zurückzuzahlen, wenn die Vermächtnisnehmer aus irgend einem Grunde bei seinem Tode nicht Eigentümer der genannten Liegenschaften werden können.
Aus dem Wortlaut der letztwilligen Anordnung und dessen Anhang ergibt sich eindeutig, daß die Bezahlung des Geldbetrages und die Übertragung der Grundstücke von Pfarrer J als einander wechselseitig bedingende Rechtsakte gedacht waren. Zum einen schreibt er nämlich, daß er für das Vermächtnis einen Geldbetrag erhalten habe; zum anderen legt er eine Rückzahlungsverpflichtung seiner Erben fest. Leistung und Gegenleistung werden sogar so exakt fixiert, daß eine Wertsicherung mit Zinsen und Verzugszinsen in das Vermächtnis aufgenommen wird. Spätestens der Anhang entstand im Bewußtsein, daß dem Grunderwerb Hindernisse entgegen stehen könnten. Aufgrund dieser Umstände muß darauf geschlossen werden, daß die letztwillige Zuwendung erfolgt ist, um die Genehmigungsvoraussetzungen für den Erwerb durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu umgehen. Diesen Eindruck konnten weder die Zeugenaussagen, die ohnehin relativ ungenau und nur mittelbare Wahrnehmungen über die Motive der letztwilligen Anordnung wiedergeben konnten, noch der Umstand beseitigen, daß Leistung und Gegenleistung bzw. Grundstückswert und Höhe aller Spenden in keinem Verhältnis zueinander stehen. Ob die Grundstücke verpachtet oder anderweitig genutzt wurden, ist für die Beurteilung der Umgehungsfrage unerheblich. Die letztwillige Verfügung widerspricht dem Sinn des Grundverkehrsgesetzes und stellt eine rechtswidrige Umgehung dar.
Da davon auszugehen ist, daß die gegenständliche letztwillige Zuwendung erfolgt ist, um die Genehmigungsvoraussetzungen für den Erwerb durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu umgehen, fällt der gegenständliche Rechtserwerb gemäß §5 Abs3 GVG (arg. 'ungeachtet des Abs2', siehe Motivenbericht 1987) unter die Bewilligungspflicht des §5 Abs2 GVG. Nach dieser Bestimmung ist ein Rechtserwerb durch Ausländer nur zu genehmigen, wenn die in §5 Abs1 GVG genannten land- und forstwirtschaftlichen Interessen nicht verletzt, staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht.
Ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse ist im Verfahren nicht zutage getreten. Wenn auch die menschliche Seite verständlich ist, kann allein durch die vorgebrachten Beziehungen zum Lande, zum Grundstück oder zu Pfr. Jussel und durch - wenn auch wohltätige - Spenden aus rechtlicher Sicht keines der obgenannten Interessen abgeleitet werden. Die Voraussetzungen des §5 Abs2 litc GVG liegen daher nicht vor.
Die Voraussetzungen des §5 Abs2 GVG müßten kumulativ vorliegen, damit eine Genehmigung erteilt werden könnte. Da schon eine dieser Voraussetzungen fehlt, mußte die beantragte Genehmigung versagt werden."
2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gegründete Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums und in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Die Beschwerdebehauptung wird ausschließlich damit begründet, daß §4 lita und §5 Abs3 Vlbg. GVG verfassungswidrig seien.
3. Der Grundverkehrssenat erstattete im Beschwerdeverfahren eine Gegenschrift, in der begehrt wird, die Beschwerde abzuweisen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat am 15. Juni 1991 gemäß Art140 Abs1 erster Satz B-VG beschlossen, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde die Verfassungsmäßigkeit der Wendung "ausgenommen durch Ausländer, soweit es sich nicht um die Großeltern des Erblassers und deren Nachkommen handelt," im §4 lita und des (gesamten) §5 Abs3 Vlbg. GVG von Amts wegen zu prüfen.
Mit Erkenntnis vom 5. März 1992, Zl. G255/91, hob er diese Bestimmungen nicht als verfassungswidrig auf.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (s. das soeben zitierte Erkenntnis) - Beschwerde erwogen:
1. Die im oben erwähnten Einleitungsbeschluß vom 15. Juni 1991 geschilderten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Vlbg. GVG sind - wie im soeben zitierten Erkenntnis vom 5. März 1992 dargetan - nicht berechtigt. Auch sonst bestehen unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Beschwerdeführer sind also nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in Rechten verletzt worden.
2. Unter diesen Umständen könnte die weiters geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nur vorliegen, wenn die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hätte.
Derartiges behaupten die Beschwerdeführer nicht und ist auch sonst im Verfahren nicht hervorgekommen.
3. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Schlagworte
AusländergrunderwerbEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B1390.1990Dokumentnummer
JFT_10079690_90B01390_00