TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/15 91/06/0022

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Veröffentlicht am 15.09.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §36 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder, den Vizepräsidenten Dr. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 20. November 1990, Zl. 1/02-31.010/4-1990, betreffend Versagung einer nachträglichen Baubewilligung und Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Anläßlich der mündlichen Verhandlung am 20. September 1989 betreffend die baupolizeiliche Überprüfung eines Erweiterungsbaues zum Hotel des Beschwerdeführers wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer in der nord- und südseitigen Dachfläche seines Hotels, das mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde R vom 21. Oktober 1977 bewilligt worden war, Dachgaupen ohne Bewilligung errichtet hatte.

Mit Schreiben vom 2. August 1988 hatte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Z die Erteilung der nachträglichen baubehördlichen Bewilligung für diese Dachgaupen beantragt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 24. Oktober 1989 wurde diesem Ansuchen nicht stattgegeben und die nachträgliche baubehördliche Bewilligung der konsenslos errichteten bzw. erweiterten Dachgaupen nord- und südseitig des Hotels des Beschwerdeführers versagt. Gleichzeitig wurde im Spruchabschnitt II gemäß § 16 Abs. 3 Baupolizeigesetz aufgetragen, die Dachgaupen bzw. die Dachgaupenerweiterungen binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Versagungsbescheides zu beseitigen und den genehmigten Bauzustand wieder herzustellen.

Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z erhob der Beschwerdeführer Berufung. Da die belangte Behörde untätig blieb, erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG. Mit Beschluß vom 7. Februar 1991, Zl. 90/06/0085, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Säumnisbeschwerdeverfahren ein, weil die belangte Behörde nach Ablauf der mit Verfügung vom 4. Juli 1990 gesetzten Frist von drei Monaten den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. November 1990 erlassen hatte. Der Verwaltungsgerichtshof begründete seinen Beschluß damit, daß die beschwerdeführende Partei dadurch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG klaglosgestellt worden sei.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. November 1990 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof; der damit verbundene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1991, Zl. 91/06/0021, bewilligt. Seine sohin zulässige Beschwerde stützt der Beschwerdeführer darauf, daß sein Recht auf Entscheidung seines Verfahrens durch die zuständige Behörde verletzt wurde. Weiters sieht sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, eine nachträgliche behördliche Bewilligung für von ihm vorgenommene bauliche Maßnahmen zu erhalten. Als Beschwerdegrund macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend und stellt den Antrag, den Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, der angefochtene Bescheid vom 20. November 1990 sei deshalb rechtswidrig, weil er erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist ergangen sei. Es liege daher die Rechtswidrigkeit dieses Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG vor.

2. Damit ist der Beschwerdeführer im Recht. Ein Bescheid, der nach Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG festgelegten Frist erlassen worden ist, ist wegen Unzuständigkeit der Behörde nach § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben (vgl. dazu Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Aufl., S. 582, und die dort zitierte hg. Judikatur). Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Verfügung vom 4. Juli 1990, Zl. 90/06/0085-2, die am 9. August 1990 zugestellt worden ist, die belangte Behörde beauftragt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen. Diese Dreimonatsfrist endete am 9. November 1990. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift selbst zugesteht, wurde der angefochtene Bescheid aber erst am 5. Dezember 1990 zugestellt. Er ist demnach nicht fristgerecht erlassen worden.

Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift demgegenüber darauf, daß nach § 36 Abs. 2 VwGG grundsätzlich die Möglichkeit einer Fristverlängerung bestünde. Es sei aus der dauernd geübten Praxis des Verwaltungsgerichtshofes zu ersehen, daß diese Fristverlängerung meist formlos durch fernmündliche Bestätigung oder aber in konkludenter Weise erfolge. Von einem konkludenten Annehmen einer Fristverlängerung sei auch im Beschwerdefall auszugehen, weil der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde mit Verfügung vom 22. November 1990, Zl. 90/06/0085-4, aufgefordert habe, innerhalb einer zusätzlichen Frist von vier Wochen den erlassenen Bescheid zu übermitteln. Die belangte Behörde meint schließlich, den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Februar 1991, Zl. 90/06/0085-9, mit dem die Einstellung des Verwaltungsgerichtshofverfahrens verfügt wurde, als weiteres Argument für ihren Standpunkt anführen zu können: Nach Auffassung der belangten Behörde sei nämlich eine solche Einstellung durch den Verwaltungsgerichtshof ex lege gemäß § 36 Abs. 2 letzter Satz VwGG nur möglich, wenn ein Bescheid der belangten Behörde fristgerecht erlassen worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, daß sich der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Februar 1991, mit dem die Einstellung des Verfahrens verfügt worden ist, offenkundig nicht auf § 36 Abs. 2 VwGG stützt, sondern auf § 33 Abs. 1 VwGG, der für den Fall der Klaglosstellung wegen nicht fristgerechter Erlassung des Bescheides anzuwenden ist; den Umstand, daß der Bescheid nicht fristgerecht erlassen wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich als Begründung seines Beschlusses vom 7. Februar 1991 herangezogen. Dies zu Recht: Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann aus der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1990 nämlich keinesfalls eine Verlängerung der Dreimonatsfrist abgeleitet werden. Diese Verfügung hat im hier maßgeblichen Teil folgenden Wortlaut:

                          "Verfügung

         Die Salzburger Landesregierung hat es unterlassen, zur

    Beschwerde des ... wegen Verletzung der

    Entscheidungspflicht ... innerhalb der durch die Verfügung

vom 4. Juli 1990 gesetzten Frist eine Abschrift des allenfalls erlassenen Bescheides vorzulegen; auch die Akten des Verwaltungsverfahrens langten nicht ein.

Unter der Annahme, daß ein Versehen vorliegt, wird

nunmehr innerhalb einer Frist von vier Wochen erwartet,

a)

den Bescheid, falls ein solcher erlassen wurde, in Abschrift vorzulegen,..."

Aus dem Wortlaut dieser Verfügung ergibt sich demnach eindeutig, daß keinesfalls eine Verlängerung der Dreimonatsfrist gemäß § 36 Abs. 2 VwGG verfügt worden ist, wurde doch um die Vorlage der Abschrift des Bescheides nur unter der Voraussetzung ersucht, falls ein solcher innerhalb der durch die Verfügung vom 4. Juli 1990 gesetzten Frist erlassen worden ist. Eine konkludente Verlängerung der Frist ist im § 36 Abs. 2 VwGG überdies nicht vorgesehen; diese Bestimmung legt nämlich fest, daß diese Frist einmal verlängert werden kann, wenn die Verwaltungsbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich machen. Es bedarf daher einer (ausdrücklichen) Verlängerung der Frist durch den Verwaltungsgerichtshof.

Der angefochtene Bescheid ist demnach wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

              3.              Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991060022.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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